Kapitel 23

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23

Langsam machte ich mich dann auf den Weg zur Schule.
Durch den dünnen Stoff der Hose meines Anzuges, knabberte sich der eiskalte Winterwind durch und ließ meine Beine fast einfrieren und selbst durch die pullierten schwarzen Lackschuhe bahnte sich die Kälte einen Weg.
Nicht nur das war ein Problem, auch die Glätte auf den Gehwegen machte mich zu  schaffen. Jetzt wusste ich auch, warum sich jeder fahren ließ. Wenn, dann packte ich mich ebend elegant auf meinen Arsch und machte dabei vielleicht noch eine gute Figur und die Leute auf der Straße hätten etwas zum Lachen.
Und wenn man gerade vom Teufel sprach, war er nicht weit und ich rutschte kurz mit meinem linken Schuh weg. Schnell fing ich mich wieder, räusperte mich und rückte meine Winterjacke zurecht.
Wie peinlich.
Schnell lief ich vorsichtiger weiter und musste an die Mädels denken, die gerade, als hätten sie in ihr Hösschen gemacht, ihren Weg zur Schule auf hohen Schuhen stöckelten. Ihnen ging es wie mir und deren Beinchen waren bestimmt schon eher fette Eiszapfen.
  Ob das Mädchen auch laufen musste oder wurde sie gefahren?

Ich bog um die Ecke und erblickte das Schulgebäude, wo über dem Haupteingang ein Plakat angebracht war.
  Willkommen zur Weihnachtsfeier!
Ich näherte mich und betrat dann die Schule.
Die Hacken meiner Treter klopften leicht auf den gewischten Boden und schallten durch den Gang.
Von weitem hörte ich schon Musik und kam an der Garderobe vorbei, wo ich meine Jacke abgab, sowie meinen Schal, bevor ich dann weiter ging und unterwegs alles nochmal zurecht machte.
Eigentlich ging ich nur ungern auf solche Schulpartys, aber diesmal zwang mich mein innerer Geist und mein Herz.

Ich öffnete die schwere Tür der Aula.
Sofort wurde ich von der lauten Musik umhüllt und Dunkelheit umgarb mich.
Meine Augen gewöhnten sich schnell daran, denn auf den Fluren der Schule wsr es auch nicht besonders hell gewesen.
Bunte Lichter blitzten in unregelmäßigen Takten auf und der Bass der Boxen dröhnte mir in den Ohren.
Jeder trug entweder schwarz, rot oder weiß.
Einen Augenblick ließ ich meinen Blick durch die Menge nahe der Tür schweifen. Vielleicht hielt sie sich ja am Rande der hüpfenden Jugendlichen auf.
Als ich sie nicht erblickte, kämpfte ich mich durch die Masse und wurde von einen angerempelt. Entweder mit ihren Ellenbogen oder Schultern.
Das machte mir nichts aus, solange man mich nicht mit Absicht einfach so schlug.
Überall sah ich umher und erkannte nur Arme, die umher schwangen und Ärsche, die sich von links nach rechts schwangen. Bei flotten Weibern war es reizend, aber für Flirts war ich nicht da. Ich war für jemand anderen da.

Die tobende Molte spuckte mich dann am anderen Ende aus, wo die ganzen Getränke standen.
Alkoholfrei und natürlich mit.
Ohne ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, lief ich am Rand entlang. Ich würde trotzdem so gerne ein Glas trinken, aber wenn ich die Kleine dann finden würde und sie roch den Alkohol, war alles vorbei.
Mein Blick wandte nicht von der Menge. Jeden Moment könnte ich sie erblicken, wobei ich plötzlich Harry sah.
Zögernd lief ich zu ihm.

"Hey, Harry.", meinte ich und blieb neben ihn stehen. Kurz nickte ich Romina zu, die in ein knappes, trägerloses und weinrotes Kleid dort stand und natürlich ein Glas Sekt in der Hand hielt.
"Louis! Du auch hier?", er versuchte es überrascht klingen zu lassen, aber man hörte, dass es gespielt war.
"Ja. Wo sind die anderen?", fragte ich und schaute kurz durch den Raum.
Harry zuckte die Schultern und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
Komisch, dass die Zwei nicht eng zusammen standen. Sonst würden die sich gegenseitig die Zunge in den Hals schieben und auf das Klo verschwinden, um eine kleine Nummer zu schieben. Aber jetzt war alles anders.
Ich verkniff mir die Frage nach dem Mädchen zu fragen, wäre viel zu auffällig und irgendwie kam es mir so vor, als hätte er es schon längst mitbekommen.

"Hast du schon Angelique gefunden?", fragte er plötzlich.
Ich schaute zu ihn und schüttelte meinen Kopf.
"Ist mir egal, wo sie ist.", fing ich an zu lügen und schaute wieder weg. Es fiel mir etwas schwer, sowas zu behaupten.
Das stieß Harry's Ellenbogen gegen meinen Arm.
"Ach, komm schon.", sagte er und grinste falsch zu mir. "Sonst bist du auch nie zu Schulpartys gekommen und plötzlich tauchst du auf, weil sie in unserer Klasse ist."
Ich ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen und sah ausdruckslos weg.
Er schwieg dann wieder. Die Musik hatte ich schon lange ausgeblendet, sie störten meine Gedanken.
"Geh dich austoben, Louis. Hol dir was zum Trinken und schnapp dir eine Sahneschnitte. Die Kleine wird sowieso nicht mehr kommen."
Vielleicht hatte er Recht und ich sollte mir ein Weib schnappen.
Zögernd lief ich zurück zu den Getränken und nahm das erste Sektglas. Ich trank es mit einem Schluck hinter und stellte das Leere beiseite.
Ich dachte nicht lange nach und nahm gleich das Zweite, was ich auch hinter kippte.
Ich musste tief ausatmen und bekam eine Gänsehaut. Ich schaute mich nach anderem Alk um und kippte ein bisschen in den Sekt, bevor ich mir das dritte Glas reinzog.
Ich liebte es, dieser süßliche Geschmack, der langsam auf der Zunge zerging.
Wie ich das vermisst hatte, der Drang nach Mehr wurde stärker und ich schnappte mir das Nächste.
Ich trank mir lieber meine Trauer und Gedanken weg, ließ sie in dem Gesöff ertrinken.
Selbst die Musik nahm ich nur noch gedämpft wahr und wirbelte erschrocken herum, als mich jemand antippte.
Ich schaute in schokobraune Augen.

"Hey, Lou.", meinte Zayn und lächelte mir zu.
Ich erwiderte sein Lächeln und sah ihn leicht doppelt.
"Ich wollte mit dir reden.", sagte ich und klang schon etwas duhne.
"Können wir raus?"
Ich nahm ein leichtes Nicken im halbdunklen wahr und lief mit ihn aus der stickenden Aula.
Auf dem Flur atmete ich erstmal tief durch und nahm dankend meine Jacke an, dje ich mir anzog.
"Worüber willst du reden?", fragte Zayn.
Ich winkte ab.
"Draußen.", nuschelte ich und stieß kurz auf. Mir wurde ein bisschen schlecht und ich stellte mir bald selbst ein Bein.

Auf dem Schulhof umhüllte uns die Winterkält, die Luft kurz vor heilig Abend und kurz vor mein Geburtstag.
Unser Atem stieg in kleinen Wölkchen empor und wurde vom Wind verweht.
"Also, worüber willst du mit mir reden?", fragte er erneut und lief dicht neben mir an der Wand des Gebäudes entlang.
"Über Angelique.", sagte ich.
"Das kleine dicke Mädchen?"
Ich nickte leicht und mochte es irgendwie nicht, wenn man sie beleidigte.
"Warum?", fragte er.
"Ich wollte fragen, ob du mit machst das Mädchen zu schützen. Sie hat es nicht verdient.", fing ich an und blieb stehen.
Ich stand mit dem Rücken zur dunklen Ecke, wo die Kiffer meist standen und heimlich rauchten.
"Ach, wirklich?", fragte Zayn und zog einen Mundwinkel in die Höhe.
Auch wenn ich kaum etwas sah, sein Blick ging an mir vorbei. Etwas war doch los.

"Du willst sie also schützen?", fragte eine bekannte Stimme aus der Dunkelheit hinter mir.
Ich drehte mich sofort um.

In Hell's KitchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt