Kapitel 33

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"Das sah eckelhaft aus, Angelique.", sagte Romina, als ich die Mädchenumkleide betrat. "Na ja, sagen wir es mal so. Lieber im Sportunterricht, als für immer Jungfrau bleiben.", meinte eine andere. Nämlich die Große, die neben mir stand. Ich dachte immer, dass sie nett wäre und selbst wenn man mich im Unterricht runtergemacht hatte, dann schwieg sie.
Und nun?
Ich hielt meine Lider gesenkt und lief zu meinen Sachen in der hintersten Ecke. Ich kramte meine Wasserflasche hervor und schraubte sie auf. Es zischte.
"Wasser? Ich dachte, du kippst dir Cola hinter. Sowie du aussiehst." Romina fing an zu lachen und die anderen schlossen sich ihr an. Ich ließ das Wasser eine Weile im Mund, bevor ich es schluckte und setzte mich auf die Holzsprossen. Einmal waren die Jungs in die Umkleide gekommen und hatten meine Schuhe dazwischen gestopft, sodass ich sie nur mit Hilfe von unserem Sportlehrer rausbekommen hatte. Und dann lachte man einfach nur über meine Leichtsinnigkeit und Dummheit, dass ich es über mich ergehen lasse. Aber wen habe ich denn? Genau, niemanden. Ich habe nur sie. Die Einsamkeit, die mich nie verlassen wird und die grenzenlose Stummheit. Das erschwerte die ganze Sache.

Louis POV

"Alta, das war peinlich! Du bist so uncool geworden.", sagte ein Kerl zu Harry, der uns den Rücken zugewandt hatte. Ich saß auf den Holzsprossenbank mit meiner Flasche Wasser zwischen den Beinen gehalten.
"Sowas hätten wir nie von dir gedacht! Was ist nur los mit dir? Ich meine, nur weil deine Ex dich wegen Zayn verlassen hat, heißt das doch nicht, dass du sie jetzt mit einem fetten Nilpferd eifersüchtig machen musst." Ich warf meinen Blick vom Typen zu meinen ehemaligen besten Freund, der in seiner Tasche rumkramte. Schien, als würde er etwas suchen, aber niemals finden. Langsam tat er mir Leid.
"Unser Fall sind Schwabbelfalten nicht, aber wenn du darauf stehst.", sagte er schulterzuckend und sah zu Zayn. "Ist sein Geschmack."
"Ja, ein verruchter Geschmack.", entgegnete Zayn kopfschüttelnd und wandte sich seinem Handy zu. Ich sank meinen Blick und schwieg zu alle dem. Ich wollte mich nicht einmischen und wenn, dann nur ungern. Keine Lust wieder welche auf's Maul zu kriegen, nur weil die Langeweile haben.
"Sagmal, wie ist denn das, wenn ihr miteinander schlaft? Bist du ihr Loch gefunden hast, ist sie sicher schon eingeschlafen.", lachte der von vorhin und stand hinter Harry, dem er eine Hand auf die Schulter gelegt hatte.
Schlechte Idee.
Der Lockenkopf drehte sich ruckartig um und griff deren Hand, der kurz aufjammerte.
"Fass mich nicht an!", fauchte er und seine grünen Augen spuckten Flammen. Er ließ seinen Blick zu den anderen Jungs wandern, die schwiegen.
"Weichei.", grummelte Harry und ließ die Hand los. Er wandte sich wieder seiner Tasche zu.
Ich schluckte und sah auf, als der Sportlehrer im Türrahmen stand und signalisierte, es ginge weiter.

Angelique POV

Ich sah den anderen Mädchen dabei zu, wie sie sich vor den kleinen Spiegel drängten und sich nochmal die Wimpern schwarz nachtuschten oder wie Romina ihren Lippenstift auftrugen. Unwillkürlich strich ich mir über mein Auge. Keine Schminke, nichts. Ich hatte keine Zuhause, weil meine Mutter meinte, ich würde auch ohne schön aussehen. Und Schönheit kommt nicht nur von außen, sondern selbst auch von innen. Da war Romina optisch wundervoll, nur innerlich ziemlich hässlich.Ein paar zückten ihr Puderdösschen und puderten ihr Gesicht entweder heller oder dunkler. Ich hatte keine Ahnung, wie es sich anfühlte. War das schwer?
Als die Tür aufgerissen wurde, drehten sich alle mit einem Aufschrei um. "Weiter gehts.", sagte der Lehrer und ließ sie wieder ins Schloss fallen. Es blieb einen Augenblick still.
"Pff, ich gehe jetzt noch nicht. Bin nicht fertig. Der muss eben warten. Ich muss gut aussehen.", sagte Romina und machte weiter. Die anderen Mädels ließen sich auch nicht aus dem Konzept bringen. Nur ich wurde unsicher und schlich mich zur Tür. Die Umkleide wurde zum Schminkraum und Klatsch-und Traschstübchen.
Als ich die Turnhalle betrat, blickten mich zehn paar Augen an, was mir erneut die Wangen knallrot färben ließ. "Wo sind die anderen?", fragte der Lehrer. Ich deutete auf die Umkleide und er verdrehte nur die Augen.
"Komm her.", sagte er und trug irgendetwas in sein Buch ein. Die Jungs saßen in der Mitte der Halle in einem Kreis. Die einzigen, die mich ansahen, waren Harry und Louis. Er versuchte zu lächeln, der Lockenkopf zeigte mir dann seine Lider.
"Kennst du Katz und Maus?" Ich blieb neben unseren Vertretungslehrer stehen und schüttelte meinen Kopf.
"Ihr sitzt alle in einem großen Kreis. Jemand läuft um euch herum und tippt dann jemanden auf die Schulter. Ihr zwei rennt einmal ganz um den Menschenkreis und wer zuert auf den Platz des anderen sitzt, hat gewonnen. Somit ist der andere wieder dran.", erklärte er. Es kam mir langsam wieder in den Sinn. Wenigstens musste niemand reden, aber mich tippte sowieso keiner an. Also saß ich einfach nur da.
Endlich kamen dann auch die Mädels und die meisten Jungs fingen an zu klatschen, pfiffen sogar. Da fühlte sich Romina gleich angesprochen und poste seitlich, wobei sie ihren nicht vorhandenen Hintern zeigte. Ich verdrehte nur die Augen, weil es einfach nur unterste Schublade war. Selbst der Mann reichte es langsam. Er klatschte drei Mal in seine großen Bauernhände.
"Los! Wir sind hier in keine Modelagentur oder sowas. Wir spielen jetzt ein Spiel.", sagte er ernst.
"Setzt euch in einem großen Kreis." Ich setzte mich dann einfach hin. Die Meisten drängten sich zu den anderen und ließen zu mir viel Platz. Sowas tat immer wieder weh, doch versuchte ich damit umzugehen. Aber es war einfach viel zu schwer.
"Josh fängt an. Du weißt sicherlich wie es geht.", sagte der Lehrer und setzte sich an den Rand, wobei er wieder sein Buch hervor nahm, worin sich ein Haufen Zettel befanden. Der Kerl lief grinsend um uns herum, als er den Blondschopf Niall antippte. Er sprang auf und beide rannten sie um die Wette, bis Josh es schaffte, sich auf Niall's Platz breit zu machen. Jetzt lief der Blonde seine Runde und tippte ein Mädchen an. Es ging immer so weiter. Manche wurden auch mehrmals angetippt und ganz oft natürlich Romina, die sich ein drittes Bein freute. Alle waren durch. Ich war so enttäuscht von Louis, dass er mich nicht mal ausgewählt hatte. War ich so peinlich? Sicher ja.
Ich merkte gar nicht, dass mir jemand auf die Schulter getippt hatte, weswegen mich einer von der Seite mit seinen Fuß anstieß. Ich drehte mein Gesicht zu ihm. "Bist du jetzt auch blind? Dich hat man angetippt." Ich schaute hinter mir und erblickte braune Locken und grüne Augen. Ich stand zögernd auf und er rannte los. Ich rannte auch, nur nicht so schnell. Verloren. Wie immer. Ich stoppte, als Harry sich auf mein Platz gesetzt hatte und lief um die anderen. Man sah an ihren Gesichtern, dass ich keinen anfassen sollte. Mit mir würde sowieso keiner rennen. Schließlich tippte ich Liam an, der lachend auf stand.
"Gegen dich gewinne ich locker, Fettarsch!", rief er und überholte mich. Ich wurde trotzdem nicht langsamer, als ich dann plötzlich flog. Vor meinen Augen wurde es für Sekunden schwarz und stechender Schmerz durchzuckte mich ab meinen Knien. In meinen Ohren bildete sich lautes Gelächter. Ich lag auf den Sporthallenboden. Vor dem ganzen Ansturm sammelte sich Wasser in meinen Augen, weswegen ich die Gesichter nur noch verschwommen wahr nahm. Wie jede Nacht in meinen Träumen, als wären sie nur Gestalten, die meine Seele nicht in Ruhe ließen.
Ich drehte mein Gesicht zu ihnen und fühlte mich wie in Trance.
Selbst Louis lachte.
Mir piepte es im Ohr.

In Hell's KitchenWhere stories live. Discover now