Kapitel 287 - Das hätten wir nicht verdient

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Das Feuer scheint richtig gut bei euch anzukommen :D :D

Harry

„Harry", höre ich Ravens schwache Stimme nur ganz leise, weil das Blut so sehr in meinen Ohren rauscht und mein Herz mir bis zum Hals schlägt.

Ich versuche eine Stelle auf dem Boden zu fixieren, weil sich die Fugen plötzlich zu drehen beginnen.

Raven kommt zu mir auf den Boden und ich sehe sie an. Sie weint und fällt mir um den Hals, worauf ich zurück falle und sie halte. Bitterlich schluchzt sie in meine Brust, während ich mich an die Wand lehne und mit Tunnelblick beobachte, wie Feuerwehrleute die Treppe hochgestürzt kommen. Einer spricht hektisch mit Zayn, vier andere rennen ins Apartment.

Ich streiche Raven über den Kopf und versuche sie zu beruhigen, obwohl ich mich nicht mal selbst beruhigen kann. „Alles ist gut", spreche ich ihr mit verkratzter Stimme zu. Ich habe scheiße zu viel Rauch eingeatmet. Jedes Wort schmerzt. Erschöpft schließe ich die Augen und drücke sie enger an meine Brust, weil sie nicht aufhören kann zu weinen. „Alles ist gut."

„Wo", schluchzt sie leise und schwach. „Wo ist Emerald?"

Ich lasse langsam meinen Blick durch den Flur schweifen und halte nach ihm Ausschau. „Da kommt er", sage ich und zeige auf den schwarzen Kater, der auf uns zugelaufen kommt, während immer mehr Feuerwehrleute in dem Apartment verschwinden.

Raven blickt auf und sieht zu Emerald. Sie hebt ihren Arm zu ihm und streichelt ihn. Ihre Hand blutet. „Er ist verwundet", haucht sie kläglich. Plötzlich blinzelt sie mehrmals benommen.

Ich runzle die Stirn. „Baby, was ist los?"

Und noch bevor ihr Kopf auf dem harten Steinboden knallen kann, fange ich sie auf. Sie hat ihr Bewusstsein verloren. Mit pochendem Herzen halte ich sie. Sie sieht so verletzt und grässlich aus. Die Wunde auf ihrem Kopf ist tief. „Zayn!", rufe ich aus und suche nach ihm. Er kommt schnell zu uns. Auch er weint. „Sie braucht einen Krankenwagen! Sofort!"

„Wir sind da!", ertönt eine weibliche Stimme vom Treppenhaus und eine Frau mit zwei Männern in Sanitäteruniformen kommt zu uns. Die Frau kniet sich neben mich und Raven, die bewusstlos in meinem Schoß liegt. Kurz testet sie ihren Puls, dann weist sie die zwei Männer an. „Hebt sie auf die Trage!"

Nur widerwillig übergebe ich sie in die Arme der Männer, weil ich scheiße Angst habe. Sie ist so hilflos und schwach. Und sieht so zerstört aus. Ich beobachte, wie sie auf die Trage gelegt wird und tue mich schwer, diese Leute nicht anzubrüllen, weil sie nicht sanft genug mit ihr umgehen.

„Können Sie aufstehen?", fragt mich die Frau und legt ihre Hand auf den Puls an meinem Handgelenk. Dann hält sie mir eine kleine Taschenlampe vor die Augen. „Sind Sie anwesend?"

„Ja", sage ich und drücke ihre Hand mit der Taschenlampe weg. Ich wuchte mich auf und muss feststellen, dass ich ein verdammtes Brandloch in meiner Wade habe. Genauso wie ich mir sicher bin, dass ich dort eine beschissene Brandwunde habe. „Sie ist bewusstlos. Sie muss sofort ins Krankenhaus."

„Wir machen das, Sir", sagt die Frau und stützt mich ein wenig, weil der Schmerz in meinem Bein erst jetzt richtig zu spüren ist. Langsam vergeht das Adrenalin in meinem Körper. „Sir", sagt sie zu Zayn, der wie benommen am Treppengeländer steht und die Situation beobachtet. „Können Sie mir helfen, ihn die Treppen runter zu bringen?"

Sofort nickt Zayn und sieht ein letztes Mal in das Apartment aus dem immer weniger Rauch kommt. Er kommt zu mir und stützt mich.

„Das hast du gut gemacht", schnieft er, als wir unten ankommen. „Ich danke dir."

„Nicht der Rede wert", presse ich hervor und erblicke den Krankenwagen. „Ich will mit ihr ins Krankenhaus fahren."

„Das ist kein Problem", sagt die Sanitäterin. „Sie sollten sowieso besser mitkommen. Komm, wir helfen Ihnen rein."

Die Türen vom Krankenwagen werden geöffnet und die zwei männlichen Sanitäter helfen mir rein. Zayn bleibt unten stehen, als ich mich drinnen auf eine Bank fallen lasse, genau neben der Trage, auf der Raven liegt und mit einer Beatmungsmaske beatmet wird.

„Ich komme sofort ins Krankenhaus nach, nachdem sich die Situation hier etwas geklärt hat", sagt er. Dann reicht er mir niedergeschlagen mein Handy. „Ruf mich an, falls sie aufwacht oder ... Was auch immer. Ruf mich einfach an oder ich rufe dich an. Es – Harry –''

„Zayn, alles gut", unterbreche ich ihn, weil ihm wieder die Tränen kommen. „Ruf mich an, wenn hier etwas mehr Ruhe reingekommen ist. Raven geht es gut." Zumindest rede ich mir das selbst ein.

Er nickt und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Bis später."

Ich nicke ihm zu und dann werden die Türen geschlossen.

Ausgelaugt sehe ich zu Raven, die auf der Trage liegt. Wie scheiße weh dieser Anblick doch tut, es bricht mir beinahe das Herz. Ich greife nach ihrer Hand und lege sie auf meine Wange, als kleine Beruhigung. Ich komme nicht drum rum, mir vorzustellen, was passiert wäre, wenn ich nicht rechtzeitig erschienen wäre. Allerdings mache ich mir starke Vorwürfe. Ich hätte mich mehr beeilen sollen, früher nach Hause kommen sollen, damit so eine Scheiße gar nicht erst passieren kann. Gott. Es hat so viel gebrannt. Das wird sie zerstören.

„Sie sind ein wahrer Held", holt mich ein Sanitäter aus meinem Selbsthass und tupft ein Tuch auf Ravens Wunde am Kopf. „Sie haben sogar den Kater gerettet."

„Sie hätte mich umgebracht, hätte ich ihn nicht gerettet", gebe ich zurück, nehme den Blick aber nicht von Ravens verwundetem Gesicht. Ihr hängt Ruß im Gesicht und den Haaren.

Der Sanitäter lächelt sympathisch. „Machen Sie sich keine Sorgen, sie wird wieder. Das ist der Schock, gemischt mit dem vielen Rauch, das hält kaum jemand aus. Sie wird jeden Moment wieder aufwachen."

Ich presse die Lippen trostlos aufeinander, kann nicht mal antworten, weil sich mir die Kehle zuschnürt. Wieso muss ich all die Menschen, die ich liebe, in so einer Verfassung mit diesen beschissenen Beatmungsmasken sehen? Es schmerzt so sehr, wieso hört es einfach nicht auf? Sie hat das nicht verdient. Ich bete, dass nicht zu viele Dinge von ihr verbrannt sind, die ihr wichtig waren.

„Soll ich mir das mal an Ihrem Bein ansehen?", fragt der Sanitäter. „Das sieht wirklich übel aus."

„Nicht nötig", danke ich ab. „Kümmern Sie sich um sie. Ihre Hand hat vorhin stark geblutet."

Nickend wendet er sich an ihre kleine Hand. „Lassen Sie ihr Bein trotzdem im Krankenhaus verarzten. Mit tiefen Brandwunden ist nicht zu spaßen. Trotz verletzter Freundin."

Ich ignoriere ihn und schließe erschöpft die Augen, lege meinen Kopf neben Ravens Körper und halte weiter ihre Hand. Wie ist dieses scheiß Feuer überhaupt entstanden? Sie muss unachtsam gewesen sein. Scheiße, das hätte alles nicht passieren müssen. Wieso muss so ein Dreck gerade passieren, wenn wir wieder zusammen sind? Jetzt habe ich sie wieder und schon sehe ich sie ... so. Verwundet.

Ihr Apartment hat verdammt nochmal gebrannt.

Ist das das abgefuckte Schicksal? Ich hoffe nicht. Das hätten wir nicht verdient. Wir hätten es einfach nicht verdient, denn das Einzige, das wir wollen ist lieben. Wir wollen uns einfach nur lieben.


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