Kapitel 275 - Schlechter Jugendroman

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Hey, ich vermisse die vielen Kommentare :(

Ravely

„Hier musst du links, dann kommst du zu meinem Hotel", weist Harry Zayn an, der neben ihm am Steuer sitzt.

Ich werde hellhörig. „Du hast dir ein Hotelzimmer gebucht?", frage ich ihn und versuche meine Enttäuschung zu verstecken.

Er sieht mich durch den Rückspiegel an. „Ja. So hatte ich es geplant, wieso?"

Weil ich dachte, du verbringst die ganzen Nächte bis Silvester bei mir im Bett, damit ich nicht so einsam und allein in meiner Wohnung bin, ich deine Nähe, deine Wärme spüren kann, deinen Geruch, deine Haut, deine Sorgsamkeit und die Zärtlichkeit, die wir in England nicht ausleben konnten, antworte ich ihm gedanklich. „Es hatte mich nur gewundert", sage ich stattdessen nur und sehe auf meine Finger, die miteinander spielen.

„Ach so", sagt Harry und sieht mich noch etwas länger an, dann blickt er wieder nach vorne. „Jetzt rechts", meint er wieder zu Zayn.

„Wisst ihr was?", fragt Zayn mit genervtem Unterton und fährt nach links. „Ihr seid echt ätzend."

„Ich sagte, du musst hier rechts", wiederholt Harry.

„Und du bist ein Vollidiot, genau wie die Madame da hinten", gibt Zayn zurück und ich sehe, wie er die Richtung meiner Wohnung ansteuert. „Ihr wollt beide in einem Bett schlafen, schon gecheckt, also sagt das auch gefälligst. Gott, das ist ja grausamer, als in einem schlechten Jugendroman."

„Zayn", fiepe ich entsetzt und starre ihn von hinten an. Auch Harry sieht ihn mit einer Mischung Belustigung und Entsetzen an.

„Was?", meckert Zayn. „Ist doch so. Ihr stellt euch an wie Teenager."

Und noch bevor ich ihm sagen kann, wie absolut unangenehm er diese ganze Situation gestaltet, hat er Harry und mich auch schon aus dem Auto geschmissen und vor meiner Haustür stehen gelassen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm danken oder ihm das nächste Mal eine Standpauke halten sollte, wenn ich ihn wiedersehe. Zwar hat Zayn meine Gedanken ausgesprochen, doch musste er das so offensichtlich machen?

Doch Harry und ich wären nicht Wir, wenn wir solch peinliche Situation nicht einfach überspielen könnten.

„Dann muss ich mein Zimmer wohl wieder stornieren", bricht Harry als erstes die Stille, als wir in meine Wohnung treten, die mehr als kalt ist. Emerald muss mehr als frieren.

Ich ziehe mir widerwillig den Mantel aus, weil ich sofort friere und hänge ihn auf. „Ja", sage ich und muss mir auf die Lippe beißen, um nicht breit zu grinsen. Ich beschließe, Zayn zu danken dafür, dass er so ein großes Mundwerk hat. Ich hätte es gehasst, allein hier zu sein, während ich doch weiß, dass Harry irgendwo in New York allein in seinem Hotelzimmer sitzt.

Emerald kommt schon um die Ecke gelaufen und beginnt sofort zu schnurren, als er Harry sieht, der ebenfalls seine Jacke aufhängt. Und weil Harry weiß, wie sehr Emerald ihn liebt, nimmt er ihn hoch und streichelt ihn. „Um ehrlich zu sein, habe ich nicht mal ein Zimmer gebucht", sagt er und geht zur Couch in meinem Wohnzimmer.

Ich sehe ihm mit gerunzelter Stirn hinterher. „Nicht?"

Er schüttelt den Kopf und lässt sich auf die Couch fallen. „Nein. Ich hatte von Anfang an vor, bei dir zu bleiben."

Während ich zur Heizung laufe und ich sie voll aufdrehe, versuche ich nicht mehr, mir ein Grinsen zu unterdrücken. Wieso auch? „Aber was hättest du gemacht, wenn Zayn nicht einfach zu mir gefahren wäre?", frage ich ihn und gehe in die Küche, um Emeralds Napf zu füllen.

„Ich wäre bei dem Hotel ausgestiegen, hätte gewartet bis du Zuhause bist und dann hätte ich dich angerufen, weil ‚mein Hotelzimmer plötzlich schon besetzt ist'."

Ich sehe amüsiert zu Harry, der das so locker erzählt, als würde das nicht total verrückt klingen. „Du bist heute ungewöhnlich ehrlich."

Jetzt sieht er zu mir und wirft mir sein schönstes Lächeln zu, in dem seine Grübchen herausstechen. „Wieso? Wäre es dir lieber, wenn ich in einem Hotel schlafen würde?"

Ich spüre, wie ich erröte und sehe auf den Napf vor mir, stelle ihn auf den Boden. „Nein", sage ich wahrheitsgemäß. „Wahrscheinlich hätte ich dich spätestens in zwei Stunden angerufen, um dich zu fragen, ob du zu mir kommen möchtest. Und ich hätte Emerald als Ausrede genutzt."

„Inwiefern?"

Kaum zu glauben, dass ich so ehrlich mit ihm darüber rede. Ständig versuche ich nicht zu aufdringlich zu sein, ihm nicht zu oft zu zeigen, wie sehr ich ihn eigentlich in meiner Nähe haben möchte, doch jetzt scheint es anders. Ich habe das Gefühl, es war nötig, dass wir mal so offen darüber reden. „Ich hätte gesagt, dass Emerald deinen Geruch an mir riechen würde und ständig jammert, er dich deswegen hier haben möchte, damit du ihn tröstest."

„Das wäre eine schlechte Ausrede gewesen."

„Wieso?"

„Weil Emerald ein Kater ist und kein Hund. Ich denke nicht, dass Katzen sich für Gerüche von Menschen interessieren. Ich hätte dich sofort durchschaut."

„Deine Taktig wäre prekärer gewesen."

„Prekärer", wiederholt Harry belustigt. „Aber nein, wäre sie absolut nicht. Deine Taktik wäre definitiv prekärer gewesen."

„Tee?", frage ich, um das Thema zu wechseln. Ich bin viel zu müde, um jetzt mit ihm zu diskutieren. Harry war wieder den ganzen Flug wach und hat sich diesmal strickt dagegen gewehrt, Schlafmittel zu benutzen, denn jetzt würde es nichts mehr geben, das ihn auf irgendeine Art und Weise belastet. Und dass ich dann schlafe, ist mir natürlich überhaupt nicht in den Sinn gekommen, ich muss jede Sekunde mit ihm auskosten.

„Du gibst schon auf?", feixt Harry und legt seine Füße auf meinen Wohnzimmertisch.

„Ich bin müde." Ich hole zwei Tassen aus dem Schrank, weil ich mir sicher bin, dass er – auch ohne mir zu antworten – Tee trinken will. „Außerdem: Nimm die Füße vom Tisch."

Harry sieht mit gekräuselter Stirn zu mir. „Was?"

„Nimm die Füße vom Tisch?", wiederhole ich mich und koche Wasser auf.

„Wieso?"

„Was ist das denn für eine Frage? Weil ich nicht möchte, dass Füße auf meinem Tisch liegen."

„Oh scheiße", sagt er verstört und nimmt die Füße vom Tisch. „Du hast dich doch mehr verändert, als ich dachte."

„Rede keinen Quatsch." Lachend schütte ich das Wasser in die Tassen mit den Pfefferminzbeuteln.

„Na ja, ich kann mich entsinnen, dass du früher immer die erste warst, die ihre Füße auf den Couchtisch ausgebreitet hat, als wir noch zusammen in New York gelebt haben. Ich bin mir ziemlicher, dass dich das damals überhaupt nicht gestört hat."

„Das ist was anderes." Ich nehme die Tassen und gehe auf Harry zu, stelle die beiden Tassen auf den Tisch vor ihn und nehme mir die blau Wolldecke, decke mich damit zu, komme Harry jedoch nicht zu nah. „Das ist jetzt meine eigene Wohnung. Und mein eigener Couchtisch."

Harry sieht mich mit erhobener Braue an. „Verstehe. Also hat dein Couchtisch mehr Wert, als damals meiner?"

Ich zucke nur gehässig grinsend mit einer Schulter.

Er schüttelt schmunzelnd den Kopf und legt die Füße wieder auf den Tisch. „Was steht heute noch an? Geschenke kaufen oder Weihnachtsbaum bei Zayn aufstellen?"

Ich grinse. „Geschenke kaufen."


Forever Collide 3 Where stories live. Discover now