Kapitel 238 - Seine Schuld

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Fändet ihr es eigentlich cool zu lesen, wie Haven Kinder bekommt?

Raven

Völlig erstarrt stehe ich im Flur und sehe auf die Haustür, durch die Harry gerade gegangen ist. Ich kann hören, wie er den Motor seines Autos startet und schnell wegfährt.

Ich fühle mich, als stände ich unter Schock. Die Szene gerade ist so schnell passiert.

Ben dreht sich zu mir um. Erst hat er noch einen wütenden Blick drauf, dann ändert sich seine Miene, als er die Tränen in meinen Augen sieht. „O, Rave", seufzt er und nimmt mich in den Arm. „Er ist selbst dran schuld."

Ich kann Ben nicht zurück umarmen. Mein Körper ist noch immer vollkommen eingefroren, genauso wie mein Gefühl. Es kommt mir so vor, als hätten Harry und ich die Plätze getauscht. Ich bin jetzt diejenige, die zurück gelassen wurde und er ist derjenige, der mit Hass in den Augen gegangen ist.

„Nicht weinen", tröstet Ben mich und stricht mir über den Hinterkopf.

Ich sehe zu ihm auf. Ich weiß nicht, ob ich ihn jetzt verachten oder verzeihen soll. „Wie konntest du das tun?", frage ich ihn mit heiserer Stimme.

Er sieht mich verwirrt an. „Was meinst du?"

Total benebelt von so vielen Gedanken, winde ich mich aus seiner Umarmung und lehne mich an die Wand. „Er ist wegen dir gegangen. Wegen dir, hat er mich verlassen. Wie konntest du das tun?"

„Er ist nicht wegen mir gegangen. Er ist gegangen, weil er denkt, er kann einen Anspruch auf dich –"

„Ben", unterbreche ich ihn mit kratzender Stimme. Ich sehe ihn an. „Haben wir die eine Nacht miteinander geschlafen?"

Er runzelt die Stirn. „Kannst du dich nicht erinnern?"

Ich schüttle den Kopf.

Ben lächelt und wischt mir eine Träne von der Wange. „Nein, wir haben nicht miteinander geschlafen. Du meintest, du willst die Nacht nicht allein sein und deswegen wolltest du bei mir übernachten. Aber wir hatten keinen Sex."

Sofort kneife ich die Augen zu und lasse meinen Tränen freien Lauf. Ich halte mir die Hände vors Gesicht und schluchze in sie hinein. Das alles ist grausam. Ich habe Harry verloren, obwohl ich nicht mal mit Ben geschlafen habe.

„Rave, was ist los?" Ben nimmt mir die Hände vom Gesicht. „Hab ich was falsch gemacht?"

Sofort ziehe ich meine Handgelenke aus seinen Händen und schupse ihn von mir weg. „Das ist deine schuld! Das ist alles deine schuld!"

Er sieht mich perplex an. „Was ist meine schuld?"

„Du hast zugelassen, dass er geht, obwohl wir nichts miteinander hatten!", schreie ich ihn an. „Er denkt, ich wäre einer dieser Schlampen, die – Ben, wieso hast du das getan? Du hättest einfach sagen sollen, dass es nicht stimmt!" Vor lauter Frustration ziehe ich mir an den Haaren und laufe wild umher.

„Er hat dich betrogen, Rave!", sagt Ben jetzt lauter. „Nicht du ihn! Er hat dich nicht verdient, wenn er denkt, er könnte wegen so Etwas sauer werden, obwohl ihr nicht mal zusammen seid!"

„Ben, ich liebe ihn! Du kennst ihn doch gar nicht richtig, also hör auf über ihn zu urteilen! Ich liebe Harry und das musst du endlich akzeptieren!"

„Harry hat dich nicht verdient, versteh es doch endlich! Ich habe dir damit einen Gefallen getan!"

„Du hast mir keinen Gefallen getan, du hast mir alles weggenommen!" Ich weine bitterlich. „Verschwinde! Behalte dein blödes Geschenk und verschwinde einfach!"

Bens Miene fällt schlagartig. „Rave, es tut mir leid ... Ich konnte nicht wissen, dass –"

„Ich sagte, du sollst verschwinden!" Ich öffne wütend die Tür und zeige nach draußen. „Du hattest kein Recht dazu, so Etwas zu tun! Geh!"

Er öffnet seinen Mund, um etwas zu sagen, doch dann schließt er ihn wieder und lässt ergeben die Schultern hängen. Langsam nickt er und geht aus der Haustür.

Ich sehe ihm nicht mal mehr hinterher und schmeiße die Tür zu. Ich ignoriere Dad, der total verwirrt in der Küche steht und renne in mein Zimmer. Ich schnappe mir mein Handy vom Bett und wähle Harrys Nummer. Meine größte Hoffnung ist, dass er abnimmt und mir einfach glaubt, wenn ich ihm sage, dass ich nicht mit Ben geschlafen habe. Er muss es mir einfach glauben. Er muss wissen, dass ich so was nie tun würde. Auch, wenn wir theoretisch kein Paar mehr waren, als es angeblich passiert sein soll.

„Komm schon", murmle ich hektisch und lausche dem Tuten in der Leitung. Er muss abnehmen. Er muss abnehmen!

Jetzt tutet es mehrmals hintereinander.

Ich sehe auf mein Handy.

Er hat mich weggedrückt.

Ich versuche es nochmal. Wieder drückt er mich weg.

Verzweifelt lasse ich mein Handy neben mir in die Decke fallen und stemme meinen Kopf in meine Hände. Er hasst mich. Er hasst mich, weil er denkt, ich hätte mit Ben geschlafen.

Wieso fühle ich mich, als hätten Harry und ich die Plätze getauscht? Muss er sich auch so gefühlt haben, wie ich gerade, als ich ihn verlassen habe? Nein, das kann nicht sein. Er hat mich betrogen, ich habe es gesehen. Bei mir waren es einfach nur banale Wörter, die er gehört hat.

Doch trotzdem macht es das nicht wenige grauenvoll.

„Schatz?", fragt Dad, der langsam in mein Zimmer kommt.

Ich sehe nicht mal zu ihm auf. Ich bin zu niedergeschlagen. Zu verweint und verlassen.

„Was ist da gerade passiert?" Er setzt sich neben mich.

Kurz schweige ich noch. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich könnte Harry noch tausend Mal versuchen anzurufen und tausend Mal seine Abweisung einkassieren. Es lief alles so gut. Innerlich habe ich eigentlich schon längst mit mir ausgemacht, ihm zu verzeihen und uns eine zweite Chance zu geben, doch jetzt ...

Sind das die Zeichen, dass es so sein soll?

Vielleicht war der Vorfall mit Angie schon ein Zeichen. Doch wir haben nicht drauf gehört. Und jetzt kam wieder ein Zeichen.

Vielleicht sollen Harry und ich einfach nicht sein. Vielleicht will das Schicksal uns das damit mitteilen.

Vielleicht muss ich einfach zurückgehen und ihn für immer vergessen.

„Dad", schniefe ich leise und starre auf den Boden unter mir.

„Ja?" Er legt seine Hand tröstend auf meinen Rücken.

„Fahr mich zum Flughafen."

Forever Collide 3 Where stories live. Discover now