Kapitel 221 - Wegen ihm

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Kurz, aber sinnvoll.

Raven

„Baby."

Etwas streicht sanft über meine Wange.

„Baby, wach auf."

Bei dem Klang seiner wundervollen Stimme, öffne ich lächelnd die Augen und sehe direkt in dieses unendliche Grün seiner Augen. Er legt neben mir und lächelt mir liebevoll zu, während er mir über die Wange streicht.

„Ich liebe dich, Baby", sagt er sanft. Seine Haut strahlt mir rein entgegen, seine Lippen perfekt rosa und seine Berührung so sanft.

„Ich liebe dich", flüstere ich leise und schmiege mich in seine warme große Hand.

"Ich weiß." Er beugt sich langsam zu mir, um mich zu küssen ...

Ich wache auf. Sofort sehe ich rechts neben mich, doch er ist nicht da. Es dauert keine weitere Sekunde und ich schluchze lauthals in mein Kissen.

Ich bin nicht mehr Ich, seitdem er kein Bestandteil mehr meines Lebens ist. Ich bin nur noch ein Haufen Sehnsucht und der Versuch über eine Liebe hinwegzukommen, über die ich nicht hinwegkommen will. Es fällt mir sogar schwer in diesem Bett zu schlafen, weil ich damals mit ihm hier war. Hier habe ich ihn liegen gesehen und ein Gedicht über ihn geschrieben. Das schlimmste an alle dem ist nicht mal das Lebe Wohl, dass ich ihm sagen musste, als ich gegangen bin, sondern diese Flashbacks die jede Sekunde meinen Kopf plagen. Diese verdammten Erinnerungen an alles. Wie er hier lag und seine braunen Locken sich samt über das weiße Kissen geschmiegt haben und wie engelsgleich schön er dabei aussah. Jetzt wo er weg ist, sehe ich ihn überall.

Das ist einer dieser Nächte, in denen ich so heftig weine, bis mein Körper weh tut, ich zittere und ich meinen Kopf in das Kissen pressen muss, damit mich niemand hören kann. Ich wünschte, ich hätte einer dieser Nächte, in denen ich glücklich bin, dass er endlich glücklich ist mit Black Poe und mit einer Frau zusammen ist, die er mag und dass alles aus einem bestimmten Grund passiert. Aber da sind auch noch Nächte, in denen ich absolut gar nichts fühle.

Doch es gab in den letzten acht Tagen keine Nacht, in denen er nicht der Hauptbestandteil meiner Gedanken ist. Er ist immer der Mittelpunkt, immer.

Ich stehe auf und wische mir diese niemals endenden Tränen von den Wangen und ziehe mir eine Strickjacke über, weil es sehr kalt ist. Es ist sechs Uhr morgens, Dad müsste schon an der Arbeit sein. Also kann ich auch in Ruhe runter gehen, ohne dass er meine verweinten Augen sieht und bemerkt, wie schrecklich es mir wirklich geht.

Niedergeschlagen gehe ich die Treppen herunter in die Küche. Carmen sitzt mit einem Kaffee in der Hand am Tisch und liest eine Zeitschrift, bevor sie mich erblickt.

„O", sage ich mit heisere Stimme, drehe mich wieder um. „Tut mir leid, ich dachte, niemand wäre Zuhause."

„Ravely", ruft sie mir hinterher und ich bleibe stehen. „Ist doch nicht schlimm. Setz dich zu mir, wenn du nicht schlafen kannst."

Ich schüttle, ihr noch den Rücken zugedreht, den Kopf. Sie soll nicht sehen, wie verheult ich aussehe. Sie würde mit Dad darüber reden und er würde sich ständig Gedanken über mich machen. „Nein, schon okay ... Ich werde wieder hoch gehen."

Ich will gerade wieder die Treppen hoch, dann höre ich wie sie aufsteht und zu mir kommt. „Ist alles okay mit dir, Ravely?"

Leicht drehe ich mich zu ihr und nicke nur lächelnd. „Ja, alles okay. Ich konnte nur nicht schlafen, mehr ist es nicht."

„Du siehst aus, als hättest du geweint."

Ich schürze die Lippen und drehe mich wieder von ihr weg. „I-Ich, nein, das ist nur ..."

Ihre Hand ist auf meiner Schulter. „Setz dich zu mir, ja?", fragt sie liebevoll. „Manchmal ist es besser darüber zu reden, als in das eigene Kissen zu weinen."

Ich sehe sie an. Ihr Lächeln ist so lieb und warm. Vielleicht brauche ich wirklich jemanden, mit dem ich darüber reden kann. Schließlich nicke ich und wir setzen uns gemeinsam an den Tisch, sie stellt mir eine Kaffeetasse bereit und ich umfasse sie, damit meine Hände sich aufwärmen können.

"Bitte erzähl Dad hier von nichts."

Sie nickt. "Versprochen."

„Okay ... Es ist wegen ihm ...", beginne ich leise das Gespräch und sehe auf die dunkelbraune Flüssigkeit vor mir.

„Wegen wem?"

„Harry ... Ich war mit ihm vor einer Woche noch zusammen. Wegen ihm habe ich von London nach New York gewechselt, weißt du?"

Sie nickt verständnisvoll, gibt mir nicht das Gefühl, dass es jugendlicher Leichtsinn war so einen großen Schritt mit achtzehn Jahren zu machen.

Dann erzähle ich ihr die ganze Geschichte. Wie ich Harry kennengelernt habe, sogar von Tammy, wie sehr ich ihn liebe, wie viel wir schon erlebt haben und wie es schlussendlich dazu kam, dass ich ihn verlassen habe. Ich erzähle ihr jedes kleinste Detail davon, wie er vor mir kniete und mich anflehte, nicht zu gehen. Ständig versuche ich selbst noch Beweise dafür zu finden, dass er mich nicht betrogen hat und ich ihm verzeihen kann, doch ich finde keine. Das Bild mit ihm und Angie in seinem Büro war einfach Beweis genug. Du verstehst waren Schmerz erst, wenn du die Person die du liebst, siehst, wie sie jemand anderen liebt.

„Weißt du, Süße", sagt Carmen, als ich ihr meine komplette Situation geschildert habe. „Weinen ist in Ordnung, solange es andauert und du nichts anderes tun kannst. Aber früher oder später musst du immer noch entscheiden, was du als nächstes tust. Schlussendlich musst du entscheiden, ob du ihn loslassen möchtest oder nicht ... Möchtest du ihn loslassen?"

Mir fließt wieder eine stumme Träne die Wange herab. „Wie ... Wie lässt du jemanden los, der sich einst wie Zuhause anfühlte?"

Kurz herrscht Stille. Nur noch das Ploppen der Träne, die in meine Kaffeetasse fällt, lässt den Raum erklingen.

„Gar nicht", meint Carmen schließlich.

Ich sehe zu ihr auf.

Sie lächelt warm. „Wirklich. Gar nicht. Entweder du erlaubst dir, ihn zu lieben oder du versuchst für den Rest deines Lebens jemanden zu finden, der dein Zuhause ersetzen könnte, während du doch ständig nur ihn im Hinterkopf hast. Und ob das jemals jemand kann, ist meist schwer. Glaube mir. Ich bin eine geschiedene Frau."

„Ich weiß nicht ... Ich habe Angst, dass ich einen Fehler mache. Was, wenn es das alles nicht wert ist? Was, wenn das Schicksal mir damit sagen wollte, dass alles ein Fehler war?"

Sie lacht leicht auf. „Das Schicksal? Süße, wenn du wirklich ans Schicksal glaubst, dann wird es dir ein Zeichen schicken. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber irgendwann. Und du wirst es sofort erkennen und es wird die Antwort auf all deine Fragen sein. Du musst nur stark und geduldig genug sein."

Ich presse die Lippen aufeinander, nicke leicht in mich hinein. „Ich habe Angst, dass das Zeichen nie kommen wird."

„Du liebst ihn doch oder?"

„Ja."

„Dann wirst du dein Zeichen auch bekommen. Selbst, wenn du es dir selbst erstellen musst, das spielt keine Rolle. Aber du wirst dein Zeichen bekommen."

In dem Moment höre ich mein Handy aus meinem Zimmer klingeln. Amüsiert wische ich mir die Träne aus dem Augenwinkel. "Vielleicht ist das ja mein Zeichen."

Carmen lacht. "Ja, vielleicht."

Ich gehe die Treppen hoch und sehe auf mein Handy. Cate. "Hi, Cate."

"Hi, du wieder Engländerin für eine Woche!", freut sie sich. "Ich denke, es wird Zeit, mal wieder nach London zu kommen oder?"

Forever Collide 3 Where stories live. Discover now