Kapitel 229 - Krokodile und Hubschrauber

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Harry

„Habe ich dich bei irgendetwas gestört?", fragt Raven unsicher, als wir zu meinem Vater fahren.

Ich schmunzle. Ihre Art, sich ständig wegen allem schlecht zu fühlen, wird sie wohl nie ablegen können. „Nein, hast du nicht. Ich war eben noch bei Liam, aber ich wollte sowieso gehen."

Sie seufzt. „Also habe ich dich gestört."

Ich lache. „Nein, du hast mich nicht gestört, wirklich nicht. Ich bin froh, dass du mich angerufen hast."

Ich spüre ihren Blick auf mir, als sie kurz schweigt. „Echt?"

Ich nicke. „Echt. Ich mag es mit dir Zeit zu verbringen, das solltest du vielleicht wissen."

Sie grinst in sich hinein und sieht aus dem Fenster. „Okay."

Kurz herrscht Stille zwischen uns beiden. Doch es ist das erste Mal keine unangenehme Stille, sie ist wohltuend, auch wenn ich gerne mit ihr reden würde. Leider ist die Chance, zu aufdringlich zu sein und sofort wieder alles zu versauen, zu hoch.

„Wissen Susan und dein Vater, dass ...", fragt Raven nach einer Weile.

„Ja, sie wissen es. Aber du brauchst dich nicht unbehaglich vor ihnen zu fühlen, sie mögen dich noch immer. Momentan wahrscheinlich mehr als mich."

Sie nickt argwöhnisch und ich sehe, dass ihr die Frage auf der Zunge liegt, wieso, doch sie schluckt es runter. Ich bin froh darüber, denn ich würde ihr ungern eine Antwort darauf geben. Ich würde gerne einem Konflikt mit diesem Thema so lang wie möglich aus dem Weg gehen.

Ich fahre in den Hof meines Vaters und wir steigen beide aus. Ich würde ihr gerne die Tasche abnehmen, aber ich bin einfach so verdammt unsicher in allem, das ich tue. Diese Konstellation, in der wir gerade stecken, ist mehr als kompliziert.

Sie folgt mir schweigend zur Tür und ich schließe auf. Ich sehe mich schnell im Wohnzimmer und in der Küche um, um nachzusehen, ob mein Vater betrunken oder nüchtern ist. Ich hoffe für ihn, dass er verdammt nochmal nüchtern ist.

„Da bist du ja wieder", grüßt uns Susan lächelnd, die von der Küche zu uns kommt, während ich die Tür hinter Raven schließe. „Schön, dich wieder zu sehen Ravely."

Raven lächelt scheu. „Schön, dich wieder zu sehen, Susan."

Susan sieht zu mir, während ich mir die Schuhe und die Jacke ausziehe. „Ich habe dir das zweite Gästezimmer eingerichtet, Harry. Lass Ravely doch in dem größeren schlafen."

„Das ist nicht nötig", sagt Ravely. „Ich kann auch in dem kleineren schlafen."

Allein die Vorstellung, dass sie mit mir in einem Haus schläft, aber nicht neben mir, macht mich jetzt schon irre. „Nein, das ist okay, ich schlafe in dem kleineren", sage ich und gehe zur Treppe, damit Raven mir folgt. „Komm, ich zeige es dir."

„Viel Spaß ihr beiden", ruft Susan uns noch hinterher. Sie scheint kein Gefühl für Vermeidung peinlicher Situationen zu haben. Sie weiß doch ganz genau, dass die Situation zwischen Raven und mir mehr als beschissen ist.

Einen Seufzer unterdrückend, führe ich Raven in das Gästezimmer und schalte das Licht an. „Hier kannst du schlafen. Es ist alles sehr altmodisch eingerichtet, aber es ist ertragbar."

Sie geht nickend in den Raum und legt ihre Tasche auf das Bett.

Fast schon nervös wippe ich auf meinen Füßen hin und her. Ich weiß scheiße nochmal nicht, wie ich mich verhalten soll. Soll ich mich zu ihr setzen, sie allein lassen? Ich will einfach ihre Gedanken lesen können.

Forever Collide 3 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt