Frau heiraten.

Haus bauen.

Familie gründen und einen gutbezahlten Job ergattern.

Nur das hinterließ er an einem verdammten Tag. Da war der Streit zwischen meiner Mutter und meinem Vater eskaliert. Ich war da noch etwas kleiner, also ist sein Tod nicht lange her. Mein Papa hatte sich wegen Bier aufgeregt. Es war nichts mehr im Kühlschrank oder in der Kammer gestanden. Sofort hatte er meine Mutter im Visier, die er aufs übelste beleidigt hatte. Ich hatte alles heimlich mitangesehen und die Szenen werde ich niemals vergessen. Er griff ihr in den Nacken, schleuderte sie durch die Küche, dabei rief er die Worte, wie Schlampe und, dass, wie sie nur so ein schreckliches Kind wie mich auf die Welt bringen hätte können. Sie wehrte sich aber nie, da sie wusste, dass mein Vater in einem solchen Zustand unberechenbar sein konnte. Also ließ sie die vielen harten Schläge über sich ergehen, bis sie blutete und mein Vater von ihr abließ und sich die Autoschlüssel schnappte und mit einem lauten Rums die Haustür zuschmiss.

Am nächsten Tag ereilte uns die Nachricht, dass mein Vater ungebremst gegen einen Baum auf der Landstraße in einer Kurve gegen gefahren sei. Der Airbag hatte den schweren Aufprall nicht richtig abgefangen, zudem war er nicht angeschnallt. Wir konnten uns also denken, was nun Sache war.

Mein Vater hatte sich durch Alkohol in den Tod gefahren.

Wenigstens hatte er dabei niemand anderen verletzt und nur über sich selbst die Kontrolle verloren. Später fand die Beerdigung stand, wo ich kurz einige Worte sprechen durfte, was ich nur leider nicht konnte, weshalb ich einen Brief geschrieben hatte und den man auf den Sarg gelegt hatte. Ich war später nicht mehr dabei. Die Begründung meiner Mutter war, dass ich noch viel zu jung dafür wäre. Zur Beisetzung waren alle Verwandten gekommen und trauerten noch lange danach weiter. Das war eine sehr schwere Zeit, die meine Mutter schon gut überwunden hatte. Wir hatten uns beide damit abgefunden, dass es keinen Mann mehr in der Familie gab. Aber das schöne bisher fand ich, dass meine Mutter ihren goldenen Ehering noch mit Stolz an ihrem Finger trug. Somit konnte jeder andere sehen, dass sie noch jemanden gehört. Auch, wenn er tot ist. Liebe geht bekanntlich bis über alle Grenzen und dafür noch viel weiter.

Nur schade war immer noch, dass wir kein Foto zuhängen oder zustehen hatten. Das wollte meine Mutter einfach nicht, deshalb bewahrte selbst ich kein Bild in meinem Zimmer auf. Das wäre zu viel Schmerz, der aufstiege.

„Morgen ist Silvester. Jedes Jahr derselbe Scheiß.", murmelte meine Mutter vor sich her und brachte die leere Tasse zurück in die Küche. Aber die kleine Schüssel mit den Butterkeksen ließ sie stehen. Es waren auch noch welche drin, weshalb ich einfach einen stahl und nach oben hüpfte. Unterwegs mampfte ich den Keks auf und freute mich darüber wie ein Kleinkind. In meinem Zimmer steuerte ich automatisch zu meinem Handy, was am Ladekabel hing und auf meinem Bett lag. Ich schaute immer wieder drauf, um sicher zu gehen, dass mir doch vielleicht jemand geschrieben hatte.

Und tatsächlich!

Louis hatte mir geschrieben. Aufgeregt öffnete ich die Nachricht. Mir sprang ein ganzer Roman entgegen, was ich gar nicht von ihm erwartet hatte. Aber ich nahm mir Zeit und ließ meinen Blick über jede einzelne Zeile schweben. Der Anfang gefiel mir schon einmal, weshalb ich lächeln musste.

Hey, Angel :)

Tut mir wahnsinnig Leid, wegen der Aktion von vor ein paar Tagen. Ich hatte den Mut nicht richtig gefunden dir zu schreiben. Ich dachte, dass ich dich nerven würde oder du gar nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest. Also, ich wollte dir nur sagen, dass der Tag auf dem Weihnachtsmarkt echt cool war. Selbst Zayn hatte mir später mitten in der Nacht noch geschrieben, dass er mit uns noch was unternehmen will. Er mag dich ;) Aber psssssshhhhhtttt.

In Hell's KitchenWhere stories live. Discover now