Cristiano Ronaldo x Alejandro Garnacho

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Also begann ich, von Tag zu Tag mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Nicht unbedingt außerhalb des Trainings oder von Spieltagen - seltsamerweise hatte er danach immer etwas zu erledigen oder meinte, dass er zu müde war, um abzuhängen - aber im Training verstanden wir uns ausgezeichnet. Bei Auswärtsspielen teilten wir uns mittlerweile ein Zimmer, was vor einigen Wochen beinahe unvorstellbar gewesen wäre. Jedoch musste ich erhlich feststellen, dass ich die Zeit mit Alejandro sehr genoss und wertschätzte. Es war nicht selbstverständlich, denn ich merkte, dass ich nur über Hürden an ihn heran kam, was es mir teilweise schwer machte, ihn zu verstehen. Besonders schien er dem Thema „Beziehung" aus dem Weg zu gehen. Zwar hatte ich ihn zu Beginn unseres Kennenlernens gefragt, ob er in einer Beziehung war, doch darauf hatte er mir nur gestanden, dass es eine Person gab und sie seit knapp einem viertel Jahr zusammen wohnten. Weitere Fragen hatte er gänzlich abgeblockt, weshalb ich mich mit diesem Wissen vorerst zufrieden gab. Jedoch war es merkwürdig. An manchen Tagen war er mir gegenüber offen, dann lachten wir viel und trieben Späße miteinander. An anderen wiederum, verkroch er sich in sein Schneckenhaus, hatte keine Lust zu reden und hielt sich von jedem fern. So wie heute.

Bereits am Morgen, während ich vor meiner Schüssel Haferflocken saß und Alejandro dabei eine Nachricht geschrieben hatte, ob ich ihn für das Training abholen sollte, wartete ich ewig auf eine Rückmeldung. Meistens erhielt ich in Rekordzeit eine Zustimmung seinerseits, manchmal eine halbe oder dreiviertel Stunde später, aber heute war es anders. Mein Handy brummte erst, als ich die Hoffnung auf eine Antwort aufgegeben hatte. Dabei stand ich bereits in meinem Korridor, wollte mir meine Autoschlüssel, aus einer kleinen Schale auf der Kommode, angeln. Neugierig und aufgeregt, warf ich einen Blick auf das erhellte Display. Ein monotones „Nein" war darauf abgebildet, wodurch ich kryptisch meine Brauen zusammenzog. Es war bis dato noch nie vorgekommen, dass Alejandro mein Angebot als Taxifahrer abgelehnt hatte. Wenn man es so betrachten wollte, war es schon fast eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass ich ihn mit zum Training nahm und wieder nach Hause brachte. Eilig schrieb ich ein „Okay" zurück, bevor ich aus der Haustür trat. Diese Tatsache würde ich allerdings nicht ungeklärt im Raum stehen lassen. Ich würde vermutlich nie wieder nachts ein Auge zubekommen, wenn er mir nicht seine Reaktion explizierte.

Als ich die Tür zur Umkleide passierte, verschafften sich meine Pupillen einen kurzen Überblick der bereits Anwesenden. Der Großteil machte sich schon Startbereit, endlich mit dem Training zu beginnen - die Mannschaft schien vollzählig zu sein. Halt, fast vollzählig. Eine gewisse Person fehlte. Diese Person war niemand geringeres als Alejandro. Für eine Sekunde hatte ich geglaubt, dass er sich schon auf das Feld begeben hatte, doch als ich seinen unberührten Sitzplatz erkannte, wurde ich eines Besseren belehrt. Wo war er? In nicht mehr, als zehn Minuten würde das Training beginnen. Ungeduldig sendete ich ihm einige Nachrichten, versuchte, ihn sogar per Telefon zu erreichen. Doch nichts funktionierte. Letztendlich gab ich es auf, schmiss frustriert mein Smartphone in meine Tasche und joggte durch das Gebäude, bis zum sonnigen Rasen. Mich ließen die Gedanken nicht locker. Ließ er ernsthaft das Training sausen? Oder war ihm womöglich etwas zugestoßen? Ich ertappte mich dabei, wie ich ständig auf die Uhr, über dem Eingang des Gebäudes, spähte. Mittlerweile waren rund fünfunddreißig Minuten vergangen. Diese Verspätung würde der Trainer nicht unbestraft akzeptieren. Als sich mein Augenpaar das nächste Mal zur Uhr verirrte, wurde meine Aufmerksamkeit auf die sich öffnende Tür gelenkt. Ein bis zum Hals vermummter Alejandro schritt langsam in Richtung ten Hag, welcher den 18-Jährigen zornig anfunkelte. Dem Gespräch konnte ich leider nur Bruchstücke entnehmen, was mich im Augenblick jedoch weniger beschäftigte. Mehr zum Bedenken machte mir Alejandro's Erscheinungsbild. Es war ein relativ warmer Oktobernachmittag, viele der Spieler - so auch ich - trugen kurze Hosen und kurzärmelige Shirts. Alejandro hingegen hatte den Reißverschluss seiner Jacke bis zum Hals gezogen und trug darüber noch ein Multifunktionstuch. Seine Körpersprache beäugte ich ebenfalls kritisch. Er wirkte erschöpft, unsicher und gekränkt, obwohl er gestern noch das komplette Gegenteil bewiesen hatte.

Fußball Oneshots (BxB)Where stories live. Discover now