134. Alex

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Ratet mal, wer Heiligabend alleine in seinem Zimmer verbracht hat. Jap, genau, ich!

Und ratet mal, wer zwar behauptet, dass er Weihnachten hasst, aber es trotzdem gern mit seiner Familie gefeiert hätte. Wow, wieder richtig, Ich!

Und jetzt ratet mal, wer gestern alleine drei Joints hintereinander weggekifft hat und dann geschlafen hat wie ein Baby. Sowas von ich!

Ich habe wirklich lange nicht mehr so gut geschlafen wie vergangene Nacht. Ruhig, ohne ständig aufzuwachen oder mich hin- und herzuwälzen oder von Alpträumen heimgesucht zu werden.

Erst dadurch ist mir so richtig bewusstgeworden, dass ich dem Fentanyl gegenüber bereits eine relativ hohe Toleranzgrenze entwickelt habe. Es beruhigt mich nicht mehr so wie früher und es lässt auch nicht mehr alle Schmerzen verschwinden. Eher werde ich nervös und zittere unkontrolliert.

Ich schließe daraus, dass ich die Dosis langsam erhöhen sollte. Und das wiederum zeigt mir, als ich bemerke, dass sich mein Pflaster-Vorrat dem Ende zuneigt, dass ich Nachschub besorgen muss.

Über die letzten Wochen und Monate musste ich bereits langsam erhöhen. Ich habe es zwischendurch nur mit einem halben oder dreiviertel Pflaster versucht, doch irgendwann ging weniger als eins nicht mehr. Jetzt scheine ich wieder etwas mehr zu brauchen. Also schneide ich ein anderes Pflaster auseinander rund klebe es zu dem auf meiner Haut dazu.

Erst danach werfe ich einen Blick auf den Wecker und stelle fest, dass ich eindeutig lange genug geschlafen habe. Ich sollte mich fertigmachen, wenn ich pünktlich um 13 Uhr bei Tony sein will. Essen gibt es zwar ohnehin erst später, aber ich will endlich Tony und Matt wiedersehen.

Die Zwei sind gestern Abend nachhause gekommen, haben sie mir geschrieben. Matt hat mich sogar gefragt, ob ich zu ihm kommen und bei ihm Heiligabend verbringen will. Er musste nicht mal fragen, um zu wissen, dass meine Mum nur in ihrem Arbeitszimmer sitzt und sich auch an den Feiertagen keine Auszeit gönnt.

Warum ich abgelehnt habe, weiß ich nicht ganz. Mal abgesehen von meiner Anti-Weihnachtsstimmung wäre es doch ganz schön gewesen, Zeit mit meinem Lieblingsteil der Familie zu verbringen. Aber ich glaube, ich wollte mich einfach nicht überflüssig fühlen, sondern schön für mich sein und einfach ignorieren, was da draußen in der Welt abgeht.

Tyler wartet jetzt schon 8 Tage auf meinen Anruf. Und er wird wahrscheinlich noch länger warten müssen.

Ich weiß einfach nicht, was ich ihm sagen soll. Klar würde ich ihn gerne treffen und Zeit mit ihm verbringen, aber ich kann mir bei bestem Willen nicht vorstellen, wie das ablaufen soll. Sollen wir einfach so tun, als stünde gar nichts zwischen uns? Können wir wirklich einfach nur zusammen sein und mal kurz alles andere vergessen? Geht das denn überhaupt? Sollte ich ihm von dem Vaterschaftstest erzählen oder doch lieber erstmal das Ergebnis abwarten?

Ich habe Panik. Richtig Panik. Ich will das mit Ty nicht verkacken, aber ich ständig glaube ich, das hätte ich schon lange und das, obwohl er mir doch sagt, dass er mich zurückwill. Aber was, wenn ich wieder was falsch mache? Ihn noch mehr verletze?

All das ist so verdammt kompliziert und je mehr ich darüber nachdenke, desto komplizierter wird es und desto weniger Möglichkeiten gibt es für mich, nicht alles zu ruinieren. Dabei will ich doch nur weiterhin so von ihm angesehen werden, wie er mich ansieht. Unter seinen Blicken fühle ich mich so schön und stark und geliebt. Dann glaube ich wirklich, dass ich sein darf, wer ich bin und dass ich richtig so bin.

Aber ich habe Angst davor, dass er mich anschaut und nicht mehr wiedererkennt, wer da vor ihm steht.

Ich habe keine Ahnung, wohin mein Weg mich bis jetzt geführt hat, ich weiß nur, dass ich an einem Ort stehe, an dem ich nicht sein will. Ich fühle mich eingeengt, bedroht, schwach, so unglaublich hilflos und allein.

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