122. Alex

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Tyler und ich laufen bestimmt 30 Minuten durch die Kälte. Es ist stockfinster, einzig und allein die Straßenlaternen geben Möglichkeit zur Orientierung.

Tyler reicht das, um seinen Weg nachhause zu finden. Er kennt sich hier gut aus, ohne ihn würde ich mich niemals zurechtfinden. Aber nicht nur deshalb bin ich froh, dass er da ist.

Er weicht zwar meinen Blicken aus, will nicht mit mir reden und hat meinen Versuch, seine Hand zu nehmen dadurch abgewehrt, dass er die Hände in die Hosentaschen geschoben hat, aber wirklich übelnehmen kann ich ihm das nicht. Fürs Erste reicht es mir, ihn einfach ansehen zu können.

Er zittert leicht, hat die Schultern hochgezogen, seine Nasenspitze ist ein bisschen rot und sein Atem wird als heller Nebel in der kalten Nacht sichtbar.

Ich hätte gerne eine Jacke oder einen Hoodie, den ich ihm geben könnte, aber alles, was ich trage, ist ein Shirt und davon hat er selbst eins an. Außerdem bin ich mir sehr sicher, dass er im Moment nicht die geringste Hilfe oder Aufmerksamkeit von mir annehmen würde.

Wahrscheinlich wäre es eine gute Idee gewesen, Julians Angebot, noch ein bisschen zu warten und uns dann von ihm fahren zu lassen, anzunehmen. Aber ich konnte nicht mehr warten und schon bevor ich das deutlich machen konnte, hat Tyler für uns beide entschieden, dass es kein Problem für uns ist zu laufen und dass frische Luft guttut.

Die Sterne sind am Firmament sichtbar, ein Indikator dafür, wie kalt es ist. Es gibt keine Wolkenmassen, die die aufsteigende, warme Luft unten kalten könnten und auch nichts, das die Erdoberfläche bei Nacht wieder wirklich erwärmen könnte. Uns bleibt also nur die Möglichkeit, auf den Morgen zu warten oder uns endlich in eine Wohnung zu flüchten und die Heizungen aufzudrehen.

Tylers Anblick in dieser Umgebung gefällt mir jedoch. Klar finde ich es nicht toll, dass er friert, aber der Sternenhimmel als Hintergrund steht ihm irgendwie.

Seine Haare müssen fast doppelt so lang sein wie sie es waren, als ich ihn zuletzt gesehen habe, und das, obwohl sie sich süß locken. Er schaut oft nach unten, wodurch ihm die Haare ins Gesicht fallen und es fast vollständig bedeckten.

Am liebsten würde ich einfach meine Hand nach ihm ausstrecken und ihm die Strähnen zurückstreichen. Sie hinter sein Ohr schieben oder solange zurückkämmen, bis sie dortbleiben. Zwar sieht er so total verwegen und unglaublich sexy aus, aber ich würde gerne sein hübsches Gesicht besser sehen können.

Trotzdem hindert mich das nicht daran, ihn weiter zu mustern. Er hat an Muskeln zugelegt, das habe ich vorhin, als ich im Club nachgetastet habe, bereits gespürt und es war davor auch schwer zu übersehen.

Ich kenne Tyler und seinen Körper so gut, ein einziger Blick hat gereicht, um festzustellen, was genau sich daran verändert hat. Vor allen die Brust und die Oberarme sind deutlicher geworden, aber auch sein Bauch.

Trotz den Muskeln, die er zugelegt hat, glaube ich aber, dass er auch abgenommen haben muss und das gefällt mir nicht. Er ist echt total dem Fitnesswahn verfallen und ich weiß nicht, ob das noch wirklich gesund ist.

Tyler hat unglaublich viel Disziplin. Wenn er sich ein Ziel gesetzt hat, dann wird er den Weg bis dahin auch durchziehen. An sich ist das ja schön und gut, ich will nur nicht, dass er hungert oder sich da zu sehr reinsteigert. Klar soll er sich wohlfühlen in seinem Körper, aber es tut irgendwie weh, dass er sich vorher nicht so schön fand wie ich. Einfach alles an ihm war perfekt, für mich die unwidersprüchlichste Definition von Schönheit. Aber er hat das nie so gesehen.

Ich würde gern mit ihm darüber reden. Einfach mal nachfragen, was sein Trainingsziel ist und geheim überprüfen, wie er sich ernährt. Aber Tyler ist nicht dumm, er würde das sofort bemerken und dann wahrscheinlich kein Wort mehr mit mir wechseln.

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