94. John

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Auf Wunsch auch mal ein Kapitel aus Johns Sicht:)

Kleine Warnung: Es ist etwas lang geworden. Johnny hatte einiges zu erzählen. 

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Heute ist wieder einer dieser Tage, die ich einfach nur im Bett verbringen und darauf warten will, dass es vorbeigeht.

Meine Versuche, Tyler aufmuntern, sind erfolglos geblieben und so langsam gehen mir nicht nur die Ideen aus, sondern auch die Energie. Mich für ihn aufzuraffen, war bisher eigentlich immer ein ganz guter Antrieb, aber das zieht, seit er Schluss gemacht hat, irgendwie nicht mehr so richtig. Das hat es eher schlimmer gemacht.

Immer, wenn ich mich gefragt habe Wieso?, war Tyler die Antwort.

Doch er hat mir diese Option durch die Trennung genommen und eine andere gab es für mich noch nie. Es wurde immer schwerer für mich, überhaupt noch irgendwas zu tun, einfach, weil ich aufgehört habe, etwas zu wollen. Nicht, weil ich wunschlos glücklich war, sondern eher im Gegenteil.

Als mein Psychologe mir quasi die Diagnose gestellt hat, dass ich sowie es jetzt ist, niemals glücklich werden kann, musste ich erstmal lachen. Er hat das rübergebracht wie eine richtig schlechte Nachricht, die mir den Boden unter den Füßen wegreißen wird. Dabei wusste ich das doch schon längst. Aber er konnte mir wenigstens eine Erklärung dafür abliefern. Die Kurzform ist: Ich kann nicht glücklich sein, weil ich immer nach etwas suche oder etwas verursache, das mich unglücklich macht, weil ich der Meinung bin, es nicht verdient zu haben, glücklich zu sein. Ich sabotiere mich also quasi selbst ohne es zu wissen.

Ist doch lustig, oder?

Dass nicht viele meinen Humor teilen, weiß ich. Tyler findet an meinen Witzen schon immer eher witzig, dass ich mich selbst witzig finde und lacht dann eher darüber als über jeden meiner Späße.

Manchmal ist er auch mega verwirrt und man sieht ihm genau an, dass er mich für verrückt hält, wenn ich über richtig kranke Dinge lache, die er absolut nicht nachvollziehen kann, weil er ein viel zu guter Mensch dafür ist.

Bei Pannenshows zum Beispiel bin ich der Typ, der sich vor Lachen nicht mehr einkriegt, während ich dabei zusehe, wie andere sich richtig übel wehtun, aber dabei eben witzig aussehen.

Tyler ist der Typ, der die Augen und Ohren zumacht und wahrscheinlich selbst dann noch mehr leidet als die Person, die die Schmerzen dann tatsächlich hatte. Für ihn ist sowas mehr Qual als Unterhaltung.

Mich interessiert das Leid von irgendwelchen Fremden herzlich wenig, ich habe mit meinem eigenen Scheiß zu kämpfen und der überfordert mich schon genug. Im Gegensatz zu Tyler mache ich mich nicht dafür verantwortlich, dass es allen anderen gut geht, sondern kümmere mich in erster Linie um mich selbst und die, die mir wichtig sind. Wirklich viele gibt es da nicht. Tyler, Rocky, Wyatt, auch wenn ich ihn die meiste Zeit am liebsten kurz und klein schlagen würde, und Julian.

Ich kenne ihn noch nicht lange, aber ich kenne ihn gut. Und, was ich an ihm so mag, ist, dass ich weiß, dass auch er mich kennt, obwohl ich nicht wirklich viel von mir erzähle. Er schaut mich an und ich fühle mich sofort verstanden. Sowas hatte ich bisher noch nie. Nicht mit Tyler und auch nicht mit Logan.

Logan. Fuck, ich vermisse ihn. Ich vermisse ihn so sehr.

Mit seinem Tod ist einfach alles bergab gegangen. Nicht nur mit mir, sondern auch mit Tyler und somit zwangsläufig auch mit unserer Beziehung.

Tyler wahrt zwar immer den Schein, dass er alles im Griff hat und es ihm super geht, aber ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, was er warum tut. Sich in die Arbeit stürzen, zum Beispiel, damit er sich nützlich fühlt. Oder ständig darüber nachzudenken, wie er die Welt verbessern kann, weil er nicht damit leben kann, dass er etwas hat, was andere nicht haben. Er ist so bodenständig und bedacht und rücksichtsvoll, das nervt fast schon. Er will nie so viel wie er haben kann, sondern nur so viel wie er maximal braucht. Er glaubt, dass er mehr einfach nicht wert ist.

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