51. Julian

2K 136 76
                                    

Höhö suprise ;)













Kann mir mal einer erklären, wieso ich hier bin?

Ich meine nicht nur überhaupt existent – also das auch – aber jetzt grade hier an diesem Ort. In dieser Wohnung, auf diesem Sofa und so richtig lost.

Vor mir tanzen drei Paare und ich sitze dumm rum und schaue zu. Mein Pegel ist eindeutig noch nicht hoch genug, mir das zu geben ohne innerlich zu toben. Ich gönne ja echt jedem sein Glück, aber so kurz nach einer Trennung ist es absolut beschissen, es so unter die Nase gerieben zu bekommen, dass es bei allen anderen gut läuft, nur bei mir nicht.

Keine Lust mehr, ich verzieh mich. Bemerkt doch eh keiner, wenn ich weg bin. Rauchen klingt gut. Jetzt muss ich nur noch einen Balkon oder ein großes Fenster finden, denn ich habe absolut keine Lust, die ganzen Stockwerke runter zu laufen und wieder hoch. Und bei Aufzügen bin ich immer ziemlich misstrauisch. Ich habe zu viele Filme geschaut, um mich darin wohlzufühlen...

In Aufzügen passiert doch immer was Schlimmes... Einmal ist der so halb stecken geblieben und dann kam die Feuerwehr und hat die Türen geöffnet und die Leute sind so rausgekrochen und dann bei einer Person hat sich der Aufzug einfach gelöst und ist runterfallen und hat die Person dann in zwei geteilt. WTF?! Ich will nicht gezweiteilt werden. Ich mag meine Beine. Ich will die behalten.

Ich finde eine große Glastür, schiebe sie zur Seite und trete auf den Balkon. Es ist frühe Nacht, so zehn Uhr, doch erst jetzt ist die Sonne am Untergehen. Dieser Anblick gefällt mir schon deutlich besser als das da drinnen.

Ich lehne mich an das Geländer, pule meine Zigaretten hervor, klemme mir eine zwischen die Lippen und zünde sie an. Als ich tief einatme, fühle ich mich schon viel besser.

Damals, mit 14, habe ich allein für die Ästhetik mit dem Rauchen abgefangen, aber, obwohl es teuer ist, gesundheitliche Schäden mit sich bringt und auf viele doch eher abschreckend wirkt, finde ich heute viele Vorteile daran. Beruhigung zum Beispiel. Eine Konstante, die mir keine nehmen kann, weil es ganz allein in meiner Hand liegt.

„Zigaretten!"

Ich schrecke auf, als ich diesen freudigen Ruf höre und sehe zur Seite. John kommt mir auf dem langen Balkon entgegen, der wohl um die Wohnung herumführt.

„Bitte sag mir, dass du mir eine abgeben willst!"

Leicht verwirrt reiche ich ihm die Packung, in der sich auch das Feuerzeug befindet.

„Ach schön, das gute Zeug", freut er sich.

Vorhin, als er sich neben mich gesetzt hat, war es mir noch ziemlich unangenehm. Er hat mich ein bisschen eingeschüchtert, um ehrlich zu sein. Er ist so groß und breit und er hat so geschaut, als wolle er am liebsten Prügel austeilen. Ich bin trotz der Muskeln vom Sport und der Arbeit auf dem Bau zwar ganz gut gebaut, aber ich kenne mich gut genug, um zu wissen, dass ich immer der bin, der die Prügel kassiert statt sie auszuteilen. Ist ein ungeschriebenes Gesetz.

„Du wirst mir immer sympathischer", John reicht mir grinsend die Schachtel zurück.

Jetzt, wo wir ein bisschen geredet haben und er mir sein Lächeln gezeigt hat, kann ich gar nicht mehr glauben, dass ich ihn für einen Schläger gehalten habe. Er ist eigentlich ganz nett.

„Was machst du hier draußen?", fragt er.

Erst dann, als er mich auffordernd anschaut, um eine Antwort zu bekommen, bemerke ich, dass ich die ganze Zeit, seit er hier ist und mit mir geredet hat, noch kein Wort gesagt habe. Das kommt öfter vor, wenn ich mit Fremden zusammen bin, bei denen ich mir noch unsicher bin, was ich von ihnen halten soll.

Teach me LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt