130. Tyler

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Als Schüler war ich nie auf einem Schulball.

Ich war der langweilige Typ, der sich nie auf Feiern blicken lassen hat, weil er lieber zuhause geblieben ist und gelesen hat. Ich war der, der immer gute Noten hatte, der, von dem alle die Hausaufgaben abgeschrieben haben und der, von dem alle dachten, dass mein Superhirn es mir besonders leichtmacht, in allen Lebenslagen.

Dass ich rund um die Uhr am Lernen war, während die sich regelmäßig die Birne weggesoffen haben, haben die nie gesehen und ich habe auch nicht versucht, ihnen zu erklären, dass ich meine guten Noten nie gescheckt bekommen habe. Was hätte das schon gebracht? Die hatten ihre Meinung von mir und diese war unerschütterlich.

Wirklich gestört hat mich das eigentlich nie. Ich hatte ein paar, mit denen ich mich ganz gut verstanden habe und eigentlich war Samira ohnehin immer meine beste Freundin. Ich war zufrieden damit und ich wollte auch gar nicht auf Partys gehen und zulassen, dass meine Gehirnzellen dem Alkohol zum Opfer fallen.

Ich bin mir zudem sehr sicher, dass ich mich dort alles andere als wohlgefühlt hätte, in der Umgebung, mit diesen Leuten und allem Drum und Dran. Das hat damals einfach nicht zu mir gepasst und bis heute hat sich daran nicht wirklich was verändert. Ich hab's eben gern gemütlich, heimisch und sicher.

Demnach habe ich aber auch absolut keine Ahnung von Schulbällen und muss mich regelrecht von meinen Schülern belehren lassen, als wir das gesamte Schulhaus und die Turnhalle auf den bevorstehenden Winterball vorbereiten sollen.

Nick ist auch da, um zu helfen, sowie Julian und John. Die Schüler und Lehrer durften alle Hilfe mitbringen, die sie auftreiben konnten, um das Schulhaus in ein Winterwunderland zu verwandeln.

So kurz vor den Weihnachtsferien werden oft ohnehin keine Noten mehr gemacht und auch der Unterricht fällt in der Regel sehr „locker" aus. Wir haben also gemeinschaftlich beschlossen, die kommenden Tage zu nutzen, um zu dekorieren und alle nötigen Vorbereitungen zu treffen.

Zum Beispiel haben wir Bereiche eingeteilt, für die fünfte und sechste Jahrgangsstufe, einen weiteren für die siebte bis zur neunten und wieder einen weiteren für die Mittel- und Oberstufe. Dort findet dann natürlich jeweils ein anderes Programm statt. Für die Kleinen wird das Ganze wohl eher eine Art Weihnachtsfasching, während die Großen sich die Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen, einen richtig edlen Ball draus zu machen, so als Art Vorabiball.

Wohin John und Julian verschwunden sind, weiß ich nicht genau. John wurde schon ziemlich am Anfang dazu verdonnert, alles zu machen, wofür man einen Riesen nun mal gebrauchen könnte und Julian musste ihm versprechen, sich von Leitern fernzuhalten, beziehungsweise nicht ohne Sicherung darauf zu steigen. Er übertreibt es meiner Meinung nach ein Bisschen mit seiner Sorge, aber süß finde ich das schon. John kann richtig fürsorglich sein, wenn er will.

Julian hat dann angefangen, dem Kunstkurs dabei zu helfen, etwas zu bemalen und ich bin schon eine Weile dabei, mir zu überlegen wo und wie wir die Tische aufstellen.

Nick bin ich heute nur flüchtig begegnet, da Claudia ihn die ganze Zeit mit sich rumschleppt. Darüber war ich auch ziemlich erleichtert, um ehrlich zu sein. In dieser Umgebung will ich kein ernsthaftes Gespräch überseinen fehlenden Respekt zu meinem persönlichen Raum führen müssen.

Als ich mir ein Konzept überlegt habe, das für mich Sinn ergibt, suche ich mir ein paar herrenlose Schüler, um sie darum zu bitten, mir zu helfen, die Tische auch so aufzubauen wie ich mir das gedacht habe. Es wundert mich, dass sie sich regelrecht darum reißen, in meiner Gruppe zu sein, aber es freut mich auch sehr. Zu meinen Schulzeiten war ich sehr vieles, aber sicherlich nicht beliebt.

Ich erkläre den Schülern, wie was gedacht war. Sie sehen so aus, als würden sie verstehen, fragen dann, ob sie den Plan mal sehen dürfen und arbeiten ab da selbstständig weiter. Das überrascht mich etwas, aber für mich zeigt das auch sehr gut, dass man Kindern wirklich nur mal ein bisschen eine Richtung geben muss und sie dann von ganz alleine gehen können.

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