22. Tyler

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Ich versuche alles, um Alex ein kleines Lächeln zu entlocken, ohne allzu auffällig werden zu lassen, dass ich es verkackt habe. Ich will seine Hand halten, aber er zieht seine selbst bei meinem dritten Versuch noch weg und schaut mich dann böse an, um mir durch seinen Blick deutlich zu machen, dass ich es sein lassen soll.

Dann mache ich im Auto Apache an. Das ist so absolut nicht meine Musik. Alex weiß, dass ich nur ein Album von ihm gespeichert habe, weil er das gerne hört, aber er schaut nur schnaubend aus dem Fenster, als das Lied anläuft und ich ihm hin und wieder kleine, überprüfende Blicke zuwerfe, um zu sehen, ob mein Schleimen Wirkung zeigt. Was es nicht tut. Alex kann wirklich ein harter Brocken sein, er ist so stur und stolz und vielleicht nicht unbedingt nachtragend, aber sehr sensibel, auch, wenn er das abstreiten würde.

„Seit wann hörst du gute Musik?", will John neckend von mir wissen. Ein Blick in den Rückspiegel verrät mir, dass er grinst.

„Gut ist Definitionssache", meine ich bloß, weshalb Alex nochmal schnaubt und wortlos, aber in einer unglaublich angespannten Bewegung, den Radio ausschaltet.

So langsam wird er richtig sauer. Mein Seitenhieb gegen seinen Musikgeschmack hat sicherlich nicht zur Besserung beigetragen. Ich sollte wirklich aufhören zu reden ohne davor zu denken. Ich bin so dämlich.

„Okaaaaay?" John wirkt verwirrt. „Jedenfalls bin ich froh, dass du anscheinend aus deiner Christina Stürmer-Phase raus bist. Das war echt anstrengend."

„Sagt der Typ, dessen Katy Perry-Fanshirt sein Heiligtum ist." Ich zeige ihm durch einen weiteren kleinen Blick in den Rückspiegel, was ich davon halte, obwohl ich mir sehr sicher bin, dass er das weiß.

Ein Mal habe ich dieses Shirt in den Trockner geworfen. Ein Mal. Dafür hat er mich fast umgebracht!

„Jetzt tu mal nicht so. Du kennst jedes Pink-Lied auswendig, das ist auch nicht grade besser"

„Und ob!", schnaube ich beleidigt. „Pink hat wenigstens niemanden sexuell belästigt"

„Ist vielleicht einfach nur noch nicht aufgedeckt worden" John klingt so als würde es ihn nicht groß wundern, falls sowas rauskäme, was mich den Kopf schütteln lässt.

„Du hast Meinungsverbot, bis wir zuhause sind", mache ich ihm dann klar. Das heißt so viel, wie, dass er mich aufregt und ich keine seiner für mich unpopular Opinions mehr hören will, schon gar nicht zu diesem Thema. Er soll meiner Queen sowas nicht unterstellen.

John stört sich daran nicht groß. „Okay, dann halt Fakten: ACDC klingt wie eine Armee von sterbenden Ziegen"

Mein Mund öffnet sich, aber ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Das wird ja immer besser!

Es wundert mich, dass Alex meine Sprachlosigkeit nutzt, um sich ins Gespräch einzubringen.

„Wenigstens klingt ACDC ohne Autotune nicht komplett anders. Wie scheiße ist das denn, hunderte von Euro für ein Konzert auszugeben, wo dann entweder nur Playback gesungen wird oder so schief, dass man sich am liebsten wirklich nur sterbende Ziegen anhören will? Mal abgesehen davon, dass so gut wie jeder, der einzigermaßen singen kann, Lieder von Katy Perry mindestens doppelt so gut singt wie sie und ich noch nie ein gutes Cover von ACDC gehört habe, das auch nur annähernd ans Original rankommt. Katy Perrys Wiedererkennungswert geht steil gegen null, ihr Fame hat wenig mit Talent zu tun, sondern primär mit guter Vermarktung..."

Alex wirkt total desinteressiert, als er das herunterleiert und dabei irgendwas auf dem Handy tippt.

Ich für meinen Teil muss grinsen, vor allem, als ich sehe, dass John nicht ganz unbeeindruckt von Alex ist. Das macht mich irgendwie stolz. John hat gar keine andere Wahl als einzusehen, dass Alex einfach der Wahnsinn ist.

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