4. Tyler

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Ich weiß ja, dass ich pünktlich bin und Alex weiß auch, dass ich viel Wert darauflege, aber, als ich bemerke, dass ich um 12:40 Uhr vor seinem Haus stehe, fällt mir auf, dass ich es wirklich übertreibe manchmal. Ich habe sogar damit gerechnet, um diese Zeit hier anzukommen, wenn ich gegen 12:20 Uhr losfahre, aber das hat mich nicht davon angehalten, es trotzdem zu tun.

Jetzt sitze ich hier und warte. Ich will keinen komischen Eindruck machen, weil ich zu früh bin. Die merken doch dann sofort, dass ich nervös bin. Ich muss Sicherheit ausstrahlen, auch für Alex. Ich weiß genau wie es ist, zuhause keine Unterstützung zu bekommen. Von den Leuten enttäuscht zu werden, die behauptet haben, sie würden einen immer lieben und nichts könnte daran etwas ändern. Ich hoffe sehr, dass das für Alex nicht so ablaufen wird, aber falls doch, bin ich da für ihn.

Um ehrlich zu sein, habe ich wirklich mit mir gerungen, ob ich mir das antun will. All das quasi nochmal durchmachen. Eine Beziehung mit Alex bedeutet sehr viel Veränderung, sehr viel Neues und sehr viel Unsicherheit. Dass das mit John nicht so weitergehen konnte, ist mir klar, aber ich habe wirklich kurz darüber nachgedacht, ob es nicht besser für mich wäre, mir jemanden zu suchen, der mit beiden Beinen fest im Leben steht. Ich habe sogar Avancen bekommen von dem Vater eines Mädchens auf meiner Schule, aber obwohl ich ihn echt nett fand, musste ich ablehnen. Ohne wirklich nachzudenken meinte ich zu ihm, dass ich vergeben bin, doch dabei habe ich kein einziges Mal an John gedacht, sondern nur an Alex. Obwohl es mit Sicherheit alles andere als einfach wird, will ich nur ihn.

Ungeduldig sehe ich auf mein Handy und warte darauf, dass sie endlich 12:59 Uhr anzeigt, damit ich die Straße überqueren und zum Haus laufen kann. Gerade sind wir bei 12:48 Uhr, als es plötzlich an meine Scheibe klopft und mein Handy mir in meinem Schreck aus der Hand fällt und irgendwo unter dem Sitz verschwindet.

Alex steht vor meiner Tür und lacht. Obwohl er mich eindeutig auslacht, freue ich mich, das zu sehen.

Er tritt zurück, als ich die Autotür öffne und aussteige.

„Wie lange wolltest du da denn noch sitzen bleiben?", fragt er amüsiert.

„12 Uhr 59."

Wie affig das alles ist, bemerke ich erst so richtig, als er stärker lacht. Schön, dass meine Peinlichkeit ihn amüsiert.

Ich schiebe meinen Sitz zurück, um mein Handy hervor zu holen, knalle dann meine Autotür zu und schließe ab, ehe ich Alex leicht genervt anschaue. „Fertig?"

„Ne" Noch immer grinsend schüttelt er den Kopf.

„Weißt du, ich kann auch wieder gehen und du redest alleine mit deinen Eltern", schlage ich vor, verschränke dabei die Arme und ziehe provokativ die Augenbrauen hoch, weil wir beide wissen, dass er das nicht will.

Er schnaubt. „Mach doch. Dann kannst du in drei Tagen zu meiner Beerdigung kommen"

Ich lasse meine Arme wieder sinken und mit ihnen die Distanz. „So schlimm?"

Er zuckt mit den Schultern. „Mein Dad versucht krampfhaft locker zu sein und meine Mum ist vorhin arbeiten gegangen, obwohl sie wusste, dass du kommst, um zu reden." Er sieht so betrübt dabei aus.

„Hei, das wird schon" Ich fasse nach seiner Hand, sodass er den Kopf hebt und mich anschaut. Doch statt etwas zu sagen, löst er seine Hand aus meiner und läuft zum Haus. Seufzend folge ich ihm.

„Ich hatte recht, Dad, er stand vor dem Haus wie ein creepy Stalker!", ruft Alex ins Haus, während er mir die Tür aufhält.

Ich sehe ihn dabei fassungslos an. Wieso tut er das?!

„Ich wollte nur nicht seltsam rüberkommen, weil ich viel zu früh bin", stelle ich klar so laut, dass auch Herr Braun das hören muss, egal, wo er sich im Haus aufhält.

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