„...Mein Dad ist ein Arschloch", Er redet nach kurzer Zeit der Stille weiter. „Er dachte echt, ich lasse mich richtig übel von ihm verarschen... Er wollte mich für dumm verkaufen und mir seine neue Freundin einfach als Fremde unterjubeln, obwohl es die ehemals beste Freundin von meiner Mum ist und er dachte, ich erkenne sie nicht wieder. Und ihre scheiß Kinder sagen Papa zu ihm, die hatten richtig happy family, während ich so als gruseliger Fremder dabeisaß und kein Wort sagen konnte, weil ich sonst ausgerastet wäre. Und dann, als die Tussi und ihre schleimenden Hackfressen weg waren, hat mein Dad mir auch noch vorgeworfen, dass ich mich richtig zickig verhalten hätte und die Tochter von der Fotze jetzt Angst vor mir hat... Ich hasse meinen Dad. Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn!"

Irgendwas knallt und scheppert laut bei ihm in Hintergrund, sodass ich zusammenzucke.

Obwohl er mit Sicherheit durchaus wütend ist, klingt er für mich doch hauptsächlich nur verletzt. Und das kann ich verstehen, nachdem er mir grade sehr gute Gründe dafür genannt hat.

„Mann, das fuckt mich so ab!"

Im Gegensatz zu seinem leisen, fast schon gehauchten „Hi" von vorhin schreit er nun beinahe und klingt unglaublich energisch dabei. Ich sehe quasi vor Augen, wie er grade irgendwas auseinander reißt in seiner Wut.

Ich will etwas sagen, um ihn zu beruhigen, doch er lässt mich nicht zu Wort kommen.

„Gestern Abend hatten wir noch richtig deep talk, ja, ich habe mich ihm richtig anvertraut und war mega glücklich darüber, so offen mit ihm reden zu können und dann zieht er sowas ab! Ich will ihn am liebsten nie wiedersehen, diesen scheiß Egoisten! Der denkt doch keine Sekunde daran, wie Mum sich dabei fühlt! Oder ich! Ihm war nur wichtig, dass seine Olle einen guten Eindruck von mir bekommt und sobald ich nicht perfekt präsentabel bin, bin ich die reinste Enttäuschung! Aber ganz ehrlich, was wundert es mich noch? Das war schon immer so! Alter, wie konnte ich nur eine Sekunde glauben, es hätte sich irgendetwas geändert?!"

Wieder ertönt lauter Krach und dann ein wütender Schrei von ihm.

„Was ist denn so fucking schwer daran, mal ehrlich zu mir zu sein? Oder zu versuchen, mich zu verstehen? Er sieht halt nicht mal wirklich ein, dass er es verkackt hat und falls doch, dann ist er zu stolz, um es zuzugeben... Das ist so typisch von ihm, genau wegen sowas hat er ständig mit Mum gestritten, aber die hat sich natürlich nicht so leicht unterkriegen lassen wie ich und ist abgehauen wie ein beleidigtes kleines Kind. Aber ganz ehrlich, was soll ich anders machen? Ich war nur noch einen Atemzug davon entfernt, ihm dermaßen die Fresse zu polieren, dass er danach wahrscheinlich Alpträume von mir bekommen hätte. Falls er die nicht schon hat. Ach scheiße, Mann!"

Das Ganze ist irgendwie etwas in einen kleinen Monolog ausgeartet, aber ich möchte Alex nicht dabei unterbrechen. Er wirkt so als müsse er sich das wirklich dringend von der Seele reden und wenn ich helfen kann, indem ich einfach zuhöre, dann tue ich das sehr gerne.

Natürlich wäre ich lieber bei ihm und würde ihn in den Arm nehmen - ich weiß genau, dass er das jetzt braucht - aber daran kann ich leider nichts ändern, genauso wenig wie an Alex' Familienverhältnissen.

Ich habe Michael wirklich komplett anders kennengelernt. Für mich war er bisher der beschützerische, aber auch nette und fürsorgliche Vater.

Was Alex da grade erzählt, passt so gar nicht in mein Bild von Michael. Aber es war auch irgendwie klar, dass auch er seine schlechten Seiten haben muss. Es tut mir sehr leid für Alex, dass er schon so oft damit konfrontiert war. Wie sehr ihn das belastet, merkt man ihm deutlich an.

Als Alex sich in seinen Flüchen und Schreien einen kleinen Moment nimmt, um durchzuatmen, beginne ich mit ihm zu sprechen.

„Gut so, Löwenbaby, tief ein- und ausatmen." Ich mache mit und höre, wie er versucht, sich meinem Rhythmus anzupassen.

Teach me LoveWhere stories live. Discover now