„Leider", gebe ich traurig zurück. „Ich würde dich gerne schwängern. Was hat sich die Natur dabei gedacht, dass nur Frauen Kinder austragen können? Ich finde das voll unfair."

„Gott, wieso habe ich mit diesem Thema angefangen?", murmelt Juli und schüttelt dabei den Kopf.

Er weiß, dass ich gerne eine eigene Familie gründen würde, am liebsten so schnell wie möglich. Von mir aus könnten wir schon morgen heiraten und übermorgen ein Kind adoptieren oder am besten gleich 10. Aber mir ist auch klar, dass wir erstmal eine gewisse Zeit zusammen sein sollten, zusammenziehen, beide fest im Leben stehen, dann heiraten und erst dann an die Kinder denken. Bis dahin bin ich wahrscheinlich eh schon alt und halb tot.

„Ne, jetzt mal ernsthaft", meint er nach kurzer Zeit. „Ich glaube, ich schenke meinen Eltern ein romantisches Urlaubswochende oder so. Meine Mum war noch nie außerhalb von Deutschland und mein Dad arbeitet immer nur. Die zwei haben sich so eine kleine Auszeit echt verdient. Du kannst gern was dazu beisteuern, aber du musst meinen Eltern eigentlich wirklich nichts schenken-"

„Hallo? Das ist das erste Weihnachten, an dem ich Eltern habe, die ich beschenken kann. Natürlich will ich!" Der spinnt doch, als ob ich mir das entgehen lasse.

Tylers Familie hat mich richtig gehasst, und das hat mit Ausnahme von Samira eindeutig auf Gegenseitigkeit beruht. Die hätten allerhöchstens festgefrorene Scheiße von mir bekommen, damit es noch einen weihnachtlichen Touch hat.

Bei Logans Eltern war es so ein seltsames Zwischending. Sein Dad war immer misstrauisch, was zwischen uns lief oder er konnte mich einfach per se nicht leiden, und seine Mum hat etwas geahnt, aber sie fand es, glaube ich, nie wirklich schlimm.

Trotzdem ist das mit Juli jetzt was komplett Anderes. Er ist ganz offiziell mein Freund, ich bin ganz offiziell dazu eingeladen worden, Weihnachten mit ihm und seiner Familie zu verbringen und ich habe ganz offiziell zugesagt. Ich muss jede Gelegenheit nutzen, gute Eindrücke zu machen und so auch diese.

Das einzige, was mich davon abhält, mich richtig auf die Feiertage zu freuen, ist, dass Tyler sie wohl alleine verbringen wird. Ich habe zwar mit ihm abgesprochen, ob wir Weihnachten zusammen verbringen wollen, aber er hat mich quasi dazu gedrängt, dass ich das Angebot von Julians Eltern annehmen soll. Nur gefällt mir diese Vorstellung einfach nicht, wie er ganz alleine mit Rocky in der Wohnung ist und wahrscheinlich drei Tage durchgehend nur grässliche Weihnachtskomödien anschaut.

Lion zu sehen hat mir echt ein bisschen Hoffnung auf sowas wie ein Weihnachtswunder gemacht, aber für mich bedeutet kein Sex auch keine Versöhnung und daher gehe ich davon aus, dass Tylers Weihnachten ziemlich trostlos ablaufen wird.

Vielleicht gebe ich Ju und Anna Bescheid und überrede sie, herzukommen. Dass ich nicht da sein werde, wird schon mal ein guter Punkt sein, um sie zu überzeugen. Nur weiß ich nicht, ob die auch bei ihren Familien sind... Ich muss mir da echt was einfallen lassen.

Tyler ist zwar fest davon überzeugt, alles im Griff zu haben, aber ich kenne ihn und weiß, dass das nicht der Fall ist.

Nur, weil er funktioniert, heißt das nicht, dass alles gut ist. Alles, was er grade tut, kommt mir nur vor wie das einprogrammierte Verhalten einer Maschine. Die müssen funktionieren. Aber Tyler ist ein Mensch. Er darf Fehler machen, erschöpft sein, sich Auszeiten nehmen. Keiner erwartet vom ihm perfekt zu sein, aber das hat er irgendwie noch nicht ganz verstanden.

Er hat extrem hohe Ansprüche an sich selbst, das wusste ich schon immer. Aber er wird diesen niemals gerecht werden können, vor allem, weil er sie, je näher er rankommt, immer weiter hochschraubt, statt sich einfach mal dafür zu loben, etwas erreicht zu haben, das er erreichen wollte.

Teach me LoveWhere stories live. Discover now