Dass er so die Wohnung nicht mehr verlässt, ist irgendwie klar. Er weiß wahrscheinlich selbst sehr gut, dass er zurzeit nicht sehr ansehnlich ist, vermutlich ist es genau das, was ihm die Motivation nimmt, wirklich groß was zu ändern.

Wir schauen den Film dann ohne weitere Streitereien. Ich esse meinen Brokkoli und John seine Chips.

Nachdem ich endlich mein Idealgewicht erreicht habe, habe ich aufgehört, sowas zu essen und vor allem einfach nur nebenbei. Man merkt ja gar nicht, was man sich da reinballert, bis man dann die leere Tüte vor sich sieht und ein schlechtes Gewissen hat. Daher gibt es für mich nur noch Brokkoli oder Tomaten oder Karotten als Snacks. Klar hätte ich manchmal auch Lust auf Chips. Jetzt zum Beispiel. Aber ich beherrsche mich.

„Willst du?" John hält mir fragend die Öffnung der Tüte hin, so als höre er meinen gedanklichen Streit mit mir selbst und wolle es mir nur umso schwerer machen.

„Nein, danke", brumme ich, schiebe mir demonstrativ Brokkoli in den Mund. Der schmeckt sowieso viel besser als so blöde, fettige Chips.

„Eine Hand voll wird dich nicht umbringen", meint John leicht genervt. „Oder dich fett machen oder sonst was. Iss!" Er wedelt mit ein paar Chips zwischen den Fingern vor meinem Gesicht herum und schaut mich auffordernd an.

„Ich will nicht!"

Er verdreht die Augen und isst sie dann selbst. „Deine Komplexe haben mich schon immer aufgeregt. Komm mal klar"

Was zum Teufel soll das denn jetzt?

„Nur, weil ich mich gesund ernähren will, habe ich sicherlich keine Komplexe"

„Du bist doch erst auf diesem Trip seit du so abgenommen hast.", argumentiert er.

„Ja, weil ich davor zugenommen habe. Wundert mich, dass du dich darüber nie beschwert hast, sonst meckerst du auch bei jeder Gelegenheit nur rum"

John schaut mich empört an. „Nur, um das klarzustellen: Du bist der, der immer rummeckert. Ich beschwere mich nie über irgendwas und du gibst die ganze Zeit Befehle wie so ein Sklaventreiber. Und ich habe mich nie darüber beschwert, weil es nicht so schlimm war wie in deinem Kopf... Ich mochte es..."

„Aber ich hatte schon so nen leichten Schwabbelbauch"

John verdreht wieder die Augen, doch er schmunzelt dabei. „Das sah süß aus, glaub mir doch"

Wie soll ich ihm denn glauben, wenn er es in der Zeit mit duzenden anderen Typen getrieben hat, die sicherlich keinen Schwabbelbauch hatten? Für mich war das deutlich genug.

„Aber nicht sexy", argumentiere ich also.

„Ich fand dich sowieso noch nie wirklich sexy" Er zuckt mit den Schultern und schaut desinteressiert wieder auf den Fernseher, während ich einen schmerzhaften Stich in der Brust spüre und ihn verletzt ansehe, was er aber nicht mitbekommt.

John kann echt ein Arschloch sein, das weiß ich doch. Und das ist auch nicht das erste Mal, dass er sowas in der Art sagt, aber ich verstehe einfach nicht, wieso er zuerst versucht, mich davon zu überzeugen, dass ich gut aussehe oder eben aussah und dann sowas bringt. Das ist wie eine Pflanze zu gießen, bis sie langsam aber sicher wächst und dann brutal drauf zu stampfen.

Das tut wirklich weh. Und eigentlich sollte es das nicht. Es sollte mir egal sein, was mein Ex von mir hält. Ob er mich nun sexy findet oder nicht. Und eigentlich ist es mir ja auch egal, aber... ich weiß auch nicht. Das hat mich echt getroffen. Vor allem in Kombination mit den Gedanken an sein Fremdgehen. Wenn er mich wirklich nie sexy fand, dann ist es wohl wirklich meine Schuld und dann ist es fast schon vorprogrammiert, dass mir das mit Alex auch passiert und ich könnte es ihm nicht mal verübeln...

Teach me LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt