Teach me Love

By Cupid42hearts

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..."Du hast mir das Herz gebrochen"... Alles, was zwischen Tyler und Lion stand, ist nun Vergangenheit und si... More

Hilfe!
1. Alex
2. Tyler
3. Alex
4. Tyler
5. Alex
6. Tyler
7. Alex
8. Tyler
9. Alex
10. Tyler
11. Alex
12. Tyler
13. Alex
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18. Tyler
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30. Alex
31. Alex
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35. Alex
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157. Tyler
158. Alex
Epilog: Tyler

131. Alex

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By Cupid42hearts

Fünf Tage bin ich jetzt schon bei meiner Mum. In dieser Zeit haben wir uns nur wenig gesehen und noch weniger miteinander geredet.

Sie war zwar überrascht, weil ich ein paar Tage zu früh vor der Tür stand, doch nach meiner kurzen Erklärung, dass Dad grade nicht auszuhalten ist, hat sie nichts mehr gewundert.

Sie hat mich zur Begrüßung umarmt und gemeint, dass sie sich freut, mich zu sehen. Das war etwas, das mich überrascht hat. Dass sie danach wieder rund um die Uhr am Arbeiten war und nicht auch nur im Traum daran gedacht hat, sich mal frei zu nehmen, um Zeit mit ihrem einzigen Kind zu verbringen, das sie seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen hat, hat mich deutlich weniger verwundert. Zwar enttäuscht, aber nicht verwundert.

Ich habe mich dann auch erstmal ein paar Tage in meinem Zimmer verkrochen. Manchmal habe ich meine Mum gesehen, meistens zum Essen oder, wenn ich es doch mal runter aufs Sofa geschafft habe. Wirklich viel zu früher hat sich nicht geändert. Sie starrt noch immer versessen in ihr Hand, ihren Laptop oder ihre Unterlagen, ist ständig am Grübeln und Pläne schmieden und kommt einfach nicht zur Ruhe.

Auf meinen Vorschlag hin, spontan einen Filmeabend zusammen zu machen, sowie ganz früher, war sie dann total gestresst und hat sofort abgelehnt. Dafür hätte sie keine Zeit.

Klar tat es weh, dass der Gedanke daran, etwas mit mir zu machen, das über Nahrungsmittelaufnahme hinausgeht, sie so unter Druck setzt, aber was hätte es schon gebracht, ihr deshalb was vorzujammen? Ich bin es doch gewohnt, dass ich für meine Mum so gut wie immer unsichtbar bin. Außer sie findet Gründe, an mir herumzunörgeln, dann beachtet sie mich sehr gern und macht mich regelrecht fertig, sagt mir, was sie von mir erwartet und dass ich das durchzusetzen habe.

Ich glaube, dass das nicht mehr vorkommt, liegt einzig und allein daran, dass sie schlichtweg keine Erwartungen mehr an mich hat. Ich habe sie auf alle erdenklichen Arten enttäuscht. Wegen meiner Sexualität, weil ich sie jahrelang belogen habe, weil ich es mit meinem Lehrer getrieben habe und weil ich mich gegen Jura und für Fußball entschieden habe.

Meine Mum hat zwar nie ausdrücklich gesagt, dass sie will, dass ich Jura studiere, aber ich vermute, es war einfach selbstverständlich für alle, dass ich das machen werde. Meine Mum, meinen Dad, mich und auch alle anderen.

Ich habe früher wirklich alles getan, um ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Ich wollte, dass sie stolz auf mich ist und vielleicht habe ich gehofft, auch mal ein „Ich habe dich lieb" von ihr zu hören, wenn ich das erreiche.

Aber ich schätze, ich bin erwachsen geworden. Ich tue nicht mehr alles dafür, mir die Zuneigung meiner Mum zu verdienen, denn obwohl ich mir das durchaus noch wünsche und es vielleicht sogar bräuchte, habe ich verstanden, dass meine Mum einfach niemand ist, der so etwas zeigt. Sie kann das gar nicht, und, wenn man das mal verstanden hat, macht es das deutlich einfacher.

Wirklich übelnehmen kann ich ihr das nicht, ich bin ja genauso. Aber das ändert nicht wirklich etwas daran, dass es manchmal, grade, wenn ich sowas wie mütterliche Zuwendung bräuchte, sehr wehtut.

Heute ist der erste Tag, an dem ich mich rauswagen will. Meine Freunde spamen schon die ganze Zeit, wann ich ankomme und was wir dann machen, aber ich habe sie total ignoriert, mein Handy ausgeschalten und mich regelrecht von der Außenwelt abgeschottet. Ich brauchte das, so ein paar Tage nur für mich, ohne Erwartungen und Druck und die Notwendigkeit meiner Schauspielskills.

Aber jetzt bin ich bereit für Gesellschaft und ich weiß auch schon genau, zu wem ich will. Lucy. Ich brauche jemanden, der mir um den Hals fallen und mir vor Freude, mich zu sehen ins Ohr kreischen wird.

Erst, als ich darüber nachdenke, ihr zu schreiben, dass ich gleich vorbeikomme, fällt mir auf, dass wir schon länger nur noch wenig Kontakt hatten. In den Gruppenanrufen war sie zuletzt nur noch sehr selten dabei und im Chat, sowohl in der Gruppe als auch mit mir war sie auch irgendwie... distanziert. Sie hat mir auf meine Frage, wann ihr uns treffen können, nie wirklich eine Antwort gegeben.

Vielleicht hat sie Stress mit Nico. Oder sie hat eine richtige Arbeit gefunden, die über ihr Influencer-Dasein hinausgeht. Oder sie ist doch ein wenig beleidigt, weil ich sie so lange geghostet habe. Es gibt wirklich viele Erklärungen dafür, also hätte ich das, was auf mich zukommt, hätte ich absolut nicht erwartet.

Ich beschließe, spontan und ohne Anmeldung zu ihr zu gehen. Früher habe ich das auch gemacht und sie hat sich jedes Mal sehr gefreut. Ihre Mum hat mich vergöttert und wollte mir sogar einen eigenen Haustürschlüssel machen lassen und ihr Dad fand, ich bin das Beste, was die Jugend von heute zu bieten hat. Für ihn war es eigentlich nur wichtig, dass ich Deutscher bin und aus gutem Hause komme. Wären meine Eltern nicht beide studiert und wohlhabend, hätte das schon ganz anders ausgesehen.

Auf meinem Weg zu Lucy fühle ich mich fast in der Zeit zurückversetzt. In meiner Stadt hat sich seit Jahren nicht das kleinste Bisschen verändert. Die Straßen haben hier und da haben noch immer die gleichen Löcher, die selben Sträucher hängen noch immer im selben Abstand auf den Gehweg, sodass man auf den gleichen Straßen noch immer im gleichen Abstand auf der Fahrbahn laufen muss, wenn man sich das Gesicht nicht verkratzen will, die selben Leute sind immer bei der Gartenarbeit, sogar im tiefsten Winter, und an allem anderen hat sich genauso wenig etwas getan.

Ich weiß nicht, ob mir das Sicherheit gibt oder vielleicht doch eher Angst macht. Einerseits ist es doch ganz schön, dass ich nachhause komme und alles so ist, wie es war, als ich gegangen bin. Doch andererseits spiegelt das einfach perfekt wieder, dass sich im letzten Jahr allgemein kaum etwas getan hat, so als sei die ganze Welt auf einem Laufband gesprintet in dem Versuch voran zu kommen, während man trotz der Bemühungen nur an derselben Stelle bleibt.

Richtig frustrierend ist es aber erst, wenn man bemerkt, dass sich für andere die Welt sehr wohl weitergedreht hat. Dass sie sich entwickelt und verändert haben und wirklich was aus ihrem Leben gemacht, während ich noch immer so verloren bin wie damals, wenn nicht sogar noch mehr.

Es dauert nicht wirklich lange, bis ich bei Lucy ankomme. Sie wohnt nur ein paar Straßen weiter in einem der größten Häuser der Stadt, ich glaube, man könnte es sogar schon als kleine Villa bezeichnen. Total übertrieben, wenn man mal darüber nachdenkt, dass da nur Lucy, ihre Eltern und ihre kleine Schwester drin wohnen, aber es geht hier wohl auch weniger um ein gemütliches Eigenheim für eine vierköpfige Familie als um ein Statussymbol. Ihr Vater braucht sowas einfach, um seinen kleinen Schwanz zu kompensieren, meiner Meinung nach.

Ich laufe auf dem gepflasterten Weg zwischen den Blumenbeeten des Vorgartens zur Haustür und überlege mir derweil, was ich zu Lucy sagen könnte, wenn wir uns wiedersehen. Ein cooler Spruch wäre doch ganz nice. Irgendwas, das lässig und sorglos rüberkommt.

Aber ich denke auch darüber nach, ob ich wirklich weiterhin schauspielern will oder sie doch lieber mal richtig detailliert in alles einweihen. Lucy hat schon immer Verständnis für mich gezeigt, egal, was war. Sogar als rauskam, dass ich sie über ein Jahr lang belogen und mit duzenden Typen betrogen habe, war sie noch diejenige, die meine Tränen weggestrichen und mich getröstet hat. Ich weiß, dass ich ihr vertrauen könnte, ich weiß nur nicht, ob ich das will.

Lucys Mum öffnet mir die Tür, doch obwohl ich sie freundlich anlächele, erwidert sie das nicht.

„Hallo, ich wollte zu Lucy"

Offensichtlich. Ich bin sicherlich nicht hier, weil mir die Snob-Stimmung so gut gefällt.

„Sie wohnt nicht mehr hier" Sie zieht die Augenbrauen leicht zusammen und mustert mich dabei von oben bis unten, ehe sie weiterspricht. „Sie wohnt bei ihrem neuen Freund"

„Nico?", will ich leicht verwundert wissen. Als ob die schon zusammengezogen sind.

Sie nickt. „Wenn du einen Rat von mir willst, dann kann ich dir nur sagen, lass sie da und zieh weiter dein Ding durch. Das ist wahrscheinlich das Beste für alle"

Ich lache unsicher. „Ich habe absolut keine Ahnung, wovon du grade redest. Was ist denn los?"

Sie hat mir, seit ich hier stehe, noch kein einziges Mal richtig in die Augen gesehen. Sie wirkt kalt, wenn nicht sogar ein bisschen genervt. So kenne ich sie gar nicht. Und auch, was sie sagt, lässt meine Sorge keineswegs verschwinden.

„Es ist nicht meine Aufgabe, dir das zu erklären" Sie schnaubt leicht, beginnt dann die Tür wieder zuzuschieben, meint noch „Tschüss, Lion" und dann stehe ich auch schon knapp vor der geschlossenen Tür und starre perplex darauf.

Was war das denn bitte?!

Es ist wohl klar, dass ich das jetzt nicht einfach auf sich beruhen lasse und den Rat befolge. Stattdessen hetze ich regelrecht zu Nico, obwohl ich dafür schon deutlich weiter gehen muss. Einmal quer durch die Stadt, 12 Minuten mit dem Bus und noch ein paar Straßen weiter.

Die Male, die ich bereits hier war, lassen sich bestimmt an einer Hand abzählen. Nico war lange einfach nur der feste Freund der besten Freundin meiner Freundin und für mich nicht wirklich mehr. Zwar haben wir zusammen Fußball gespielt und haben uns ganz gut verstanden, aber meine Freizeit habe ich dann doch lieber mit Tony und Matt verbracht oder damit, auf Beutejagt zu gehen.

Nico war mir schon immer etwas zu sensibel. Er nimmt sich alles immer so zu Herzen und es hat mich genervt, dass er sich jahrelang von Kristin fertigmachen lassen hat. Er hat nie die Fresse aufbekommen, um ihr zu widersprechen und davon habe ich eben nicht wirklich viel gehalten. Trotzdem hatte ich auch über Tony regelmäßig Kontakt zu ihm und weiß daher, wo er wohnt.

Seine Eltern kenne ich im Gegensatz zu Lucys jedoch nicht, zumindest nicht mehr als vom Sehen, aber obwohl ich keine Lust darauf habe, mich vorstellen zu müssen, hält mich das nicht davon ab, es zu tun, auch, wenn es nicht seine Eltern sind, die mir die Tür öffnen.

Ich erkläre, dass ich ein Freund von Nico bin und gerne mit ihm reden würde. Zu meiner Überraschung erkennt mich Nicos Bruder wieder und lässt mich ohne Widerrede rein.

„Nico ist grad nicht da, aber Lucy ist oben. Ich hole sie schnell"

„Okay, danke"

Ist ja noch besser.

Ich stehe ein bisschen verloren im Flur herum und warte, bis sich etwas tut. Es dauert nicht lange, bis Georg zurückkommt und meint, dass Lucy noch kurz braucht, um wach zu werden. Sie hat wohl einen kleinen Mittagsschlaf eingelegt. Solange führt er mich ins Wohnzimmer und fragt mich, ob ich was trinken möchte oder so.

Ich lehne ab, in der Hoffnung, dass er dann verschwindet, aber stattdessen lässt er sich mir gegenüber nieder und starrt mich sehr eindringlich an.

Ich schaue fragend zurück und er zieht wortlos die Augenbrauen hoch.

Ich habe das Gefühl, wir kommunizieren durch diese Blicke, ohne uns verbal anzicken zu müssen. Durch die Art, wie er mich anschaut, wird schon sehr deutlich, dass er mich nicht sehr mag. So wirklich kennt er mich eigentlich gar nicht. Nur aus der Schule und von Fußballspielen vielleicht, aber das scheint ihm schon zu reichen, mich verurteilend anzuschauen.

Naja, wirklich verübeln kann ich es ihm nicht, immerhin bin ich der Ex der Freundin seines großen Bruders. Vielleicht sieht er mich als Konkurrenz oder glaubt, ich will was weiß ich was von Lucy.

Obwohl ich mich von diesem 15-Jährigen Knirps sicher nicht einschüchtern lasse, bin ich erleichtert zu hören, dass jemand auf uns zukommt. Ich bin wegen Lucy hier und nicht, um mir mit einem Kind ein Blickduell zu liefern, das ich ohnehin gewinnen werde. Obwohl er sich ganz gut geschlagen hat, das muss ich ihm eingestehen.

„Hei Lion"

Ich sehe zum Flur, aus dem Lucy grade auf mich zukommt. Sie lächelt leicht, setzt sich knapp neben mir aufs Sofa und umarmt mich dabei.

„Hei Süße"

Sie sieht müde aus, richtig erschöpft. Nachdem man aus einem Mittagsschlaf gerissen wurde, kein Wunder. Nur passt das irgendwie nicht ganz zu Lucy. Seit ich sie kenne, hat sie tagsüber noch nie geschlafen, sondern hatte ich enorm viel Energie, irgendwas zu unternehmen. Shoppen, rausgehen, Sport... Irgendwas eben. Nur grade wirkt sie extrem fertig.

Nachdem sie sich wieder von mir gelöst hat, schaut sie Nicos Bruder an. „Danke, Georg, aber du kannst uns jetzt allein lassen"

Georg schaut mich nochmal an, kneift dabei die Augen zusammen, steht dann langsam auf und geht. Ich schüttele meinen Kopf, als er weg ist und sehe Lucy wieder an.

„Was ist denn mit dem los?"

Sie seufzt. „Ist kompliziert" Gähnend lässt sie den Kopf auf meine Schulter fallen und schlingt dabei die Arme um meinen Torso. „Schön, dass du da bist."

„Mh, find ich auch. Ich frage mich nur, was du hier machst. Wieso wohnst du nicht mehr zuhause? Und wieso hast du das nicht erzählt? Deine Mum war voll komisch zu mir."

Sie hebt den Kopf wieder von meiner Schulter, beinahe erschrocken von dem unbeabsichtigt vorwurfsvollen Ton meiner Stimme. „Du warst weg und für Monate kaum bis gar nicht zu erreichen. Ich war schon froh, dass du überhaupt mal Lebenszeichen von dir gegeben hast, da konnte ich dich schlecht damit nerven. Außerdem bin ich sehr froh, dass ich hier bin. Nicos Familie ist wirklich lieb zu mir"

„Ja, aber was ist denn passiert? Du bist doch nicht einfach so hierhergezogen?" Ich mache ihr durch meinen Blick sehr deutlich, dass ich das einfach nicht verstehe.

Nico und Lucy sind doch grade mal ein paar Monate zusammen, mit mir war sie über ein Jahr in einer Beziehung und kam nicht auf die Idee, zu mir zu ziehen. Das tut man doch nicht einfach so.

„Können wir bitte erst darüber reden, wenn Nico da ist?" Lucy sieht mich flehend an. „Er müsste in einer halben Stunde sowieso kommen"

„Lucy" Ich lache unsicher. „Ich bin's, du kannst doch auch ohne deinen Freund mit mir reden. Oder hast du... Angst vor mir?"

Obwohl sie sich direkt neben mich gesetzt hat, will ich etwas von ihr abrutschen, doch sie verhindert das, indem sie meinen Arm fest umklammert und mich festhält.

„Nein!" Sie reißt sofort die Augen auf und wirkt total geschockt von meiner Frage. „Auf keinen Fall! Gott, Lion!" Sie schüttelt wild den Kopf, fassungslos. „Ich weiß nur, dass er gern dabei wäre. Aber ich habe sicherlich keine Angst vor dir. Denk das bloß nicht!"

Ich nicke, schäme mich, um ehrlich zu sein auch ein bisschen dafür, dass ich das ernsthaft kurz dachte. Aber ich würde es nun mal verstehen, sie weiß doch wie ich bin.

„Schau, solange zeige ich dir was Cooles" Lucy will offensichtlich das Thema wechseln und mich wieder etwas aufheitern, daher packt sie ihr Handy aus und zeigt mir Bilder von sich, die offensichtlich bei Modelljobs entstanden sind. „Das ist meine digitale Modellmappe", erzählt sie mir. „Das schicke ich auf Anfrage oder einfach so, um mich quasi zu bewerben, dann schauen die, ob ich dem Typen entspreche, nach dem sie suchen und laden mich zum Gespräch ein oder gleich zum Shooting."

Sie berichtet mir von Jobs und Leuten, die sie dabei kennengelernt hat. Obwohl ihre Arbeit nur daraus besteht, sich fotografieren zu lassen und dabei gut auszusehen, was sie ja ohnehin immer tut, verdient sie gut Geld und scheint damit auch voll zufrieden zu sein.

Sie erzählt mir, dass Nico seine Erzieherausbildung an den Nagel gehängt hat, um Schichtarbeiten zu machen. Er will erstmal gutes Geld verdienen und dann an sowas wie Spaß in seinem Beruf denken. Das verwirrt mich ein bisschen, weil Nico mir bisher nie wirklich geldgeil rübergekommen ist, aber obwohl ich misstrauisch bin, hake ich nicht weiter nach.

Wir reden deutlich mehr als eine halbe Stunde, bis die Haustür aufgeht und Lucy etwas von mir abrutscht. Wir sahen echt nah aneinander.

„Nico?"

„Ja?" Er steht noch immer im Flur, es klingt so als würde er sich ausziehen. Wahrscheinlich muss er erstmal seine Jacke und so Zeugs ablegen, das man im Winter nun mal mit sich herumträgt, um nicht zu erfrieren.

„Kommst du dann gleich bitte ins Wohnzimmer?"

„Jap, gib mir eine Sekunde, Mäuschen"

Lucy lächelt. Sie wirkt glücklich, allein schon von dieser kleinen Konversation mit ihm. Das freut mich, auch, wenn ich mich noch nicht ganz daran gewöhnt habe, dass Nico jetzt nicht mehr Kristins Handtaschenhündchen ist, sondern Lucys Freund. Ich kann mir aber zu 100% sicher sein, dass Lucy deutlich besser mit ihm umgeht als seine Ex und weiß genau, dass er sich glücklich schätzen kann, sie zu haben. Manchmal hasse ich mich richtig dafür, dass ich nicht einfach hetero oder zumindest bi sein kann, um Lucys Gefühle für mich zu erwidern.

Am Lucys Körpersprache erkenne ich aber auch, dass sie sich nicht nur freut, sondern auch nervös wird. Warum, kann ich nicht auch nur im Ansatz erahnen.

Nico kommt nach kurzer Zeit aus dem Flur zu uns ins Wohnzimmer. Er lächelt vorfreudig, wirkt dann deutlich überrascht, als er mich sieht, doch lächelt dann wieder. „Lion hei!"

Er übergeht Lucy einfach, sondern umarmt mich sofort und auch einen Ticken zu lange, bevor er sich zwischen Lucy und mich quetscht und einen Arm um sie legt. Dabei schaut er aber noch immer mich an.

„Krass, dass du hier bist, ich habe absolut nicht mit dir gerechnet"

„Mhm, eigentlich wollte ich zu Lucy, aber die wohnt ja nicht mehr bei sich zuhause, deshalb bin ich hier"

„Macht Sinn" Er nickt verstehend und schaut dann von mir zu seiner Freundin. Er nimmt den Arm hinter ihr weg und streicht in seiner sanften Geste ihre Haare zurück, während er ihr Gesicht mit einem Ausdruck voller Zuneigung mustert. „Willst du es ihm sagen?"

Sie nickt. „Ich habe damit aber auf dich gewartet."

Auch er nickt nun. „Okay. Soll ich reden oder willst du?"

„Ihr tut fast so als hättet ihr jemanden umgebracht oder so", schmunzele ich, wahrscheinlich nur, um zu überspielen, dass mir diese plötzliche Ernsthaftigkeit nun doch ein wenig Angst macht.

„Das nicht", seufzt Lucy, als sie an Nico vorbei zu mir sieht. Sie scheint sich dazu entschieden zu haben, selbst sprechen zu wollen. Was anderes hätte ich von ihr gar nicht erwartet.

Sie hat ihre Hand auf seinem Oberschenkel und er seine auf ihrer. Ich weiß nicht genau, woran ich merke, dass Nicos Anwesenheit Lucy sehr viel Kraft gibt, ich weiß nur, dass es so ist.

Er schaut sie zuversichtlich an, immer, wenn sie ihm einen kurzen Seitenblick zuwirft und dann wieder zu mir blickt. Ich gebe ihr einen Moment, da sie auf mich so wirkt, als suche sie nach den richtigen Worten, ehe sich etwas in ihrem Blick verändert.

Sie schaut auf die Uhr an der Wand und dann wieder zu Nico. „Ich zeige es ihm einfach, okay?"

„Willst du sie holen?", hakt Nico nach.

Lucy nickt, drückt sein Bein nochmal kurz, wirft mir einen letzten Blick zu und geht dann hoch.

Perplex schaue ich ihr hinterher. „Ihr macht es echt spannend", sage ich amüsiert zu Nico.

Er zuckt mit den Schultern. „Ist schwer, sowas zu sagen. Versprich mir, dass du nicht sauer wirst. Sonst muss ich dich rausschmeißen und das täte ich nur sehr ungern"

Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, will aber nicht unbedingt erwähnen, dass er mich wahrscheinlich kaum bändigen könnte, wäre ich richtig sauer. Ich frage mich nur, wieso er überhaupt davon ausgeht, dass das passieren könnte.

Was haben die zwei  bitte angestellt?

Es dauert eine kurze Zeit, bis Lucy zurückkommt. Bis dahin sitze ich nur noch stumm neben Nico, schaue ihn musternd an und lausche dem Ticken der Uhr. Und dann, als ich aus dem Augenwinkel sehe, wie Lucy in den Raum tritt, rutscht mir mein Herz fast in die Hose.

Sie hält ein Baby im Arm, ein kleines, sodass sogar Lucy daneben richtig groß aussieht.

Meine Exfreundin setzt sich wieder zu Nico. Sie hat das Kind so im Arm, dass ich es ansehen kann. Diese viel zu großen, braunen Augen für den Kleinen Kopf, die wenigen Haare und die kleinen Finger in ihrem Mund.

„Lion, das ist Luna." Luca lächelt, als sie das Baby anschaut und blickt dann aus leicht glasigen Augen wieder zu mir. „Meine Tochter"

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Ähm... Ups?

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