Teach me Love

By Cupid42hearts

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..."Du hast mir das Herz gebrochen"... Alles, was zwischen Tyler und Lion stand, ist nun Vergangenheit und si... More

Hilfe!
1. Alex
2. Tyler
3. Alex
4. Tyler
5. Alex
6. Tyler
7. Alex
8. Tyler
9. Alex
10. Tyler
11. Alex
12. Tyler
13. Alex
14. Tyler
15. Alex
16. Tyler
17. Alex
18. Tyler
19. Alex
20. Tyler
21. Alex
22. Tyler
23. Alex
24. Tyler
25. Alex
26. Alex
27. Tyler
28. Alex
29. Tyler
30. Alex
31. Alex
32. Tyler
33. Alex
34. Tyler
35. Alex
36. Tyler
37. Alex
38. Tyler
39. Tyler
40. Alex
41. Tyler
42. Alex
43. Tyler
44. Tyler
45. Alex
46. Tyler
47. Alex
48. Tyler
49. Alex
50. Tyler
51. Julian
52. Alex
53. Tyler
54. Alex
55. Tyler
56. Alex
57. Julian
58. Alex
59. Tyler
60. Alex
61. Tyler
62. Alex
63. Tyler
64. Alex
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68. Julian
69. Alex
70. Tyler
71. Alex
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76. Alex
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79. Alex
80. Tyler
81. Julian
82. Alex
83. Tyler
84. Alex
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86. Alex
87. Julian
88. Tyler
89. Alex
90. Tyler
91. Alex
92. Tyler
93. Alex
94. John
95. Julian
96. Tyler
97. Tyler
98. Alex
99. Tyler
100. Alex
101. Tyler
102. John
103. Alex
104. Julian
105. Alex
106. Alex
108. Alex
109. Tyler
110. Alex
111. Tyler
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119. Julian
120. Tyler
121. Tyler
122. Alex
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126. Alex
127. John
128. Alex
129. Alex
130. Tyler
131. Alex
132. Alex
133. Tyler
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135. Alex
136. Tyler
137. Alex
138. Tyler
139. Alex
140. Tyler
141. Alex
142. Alex
143. Tyler
144. Alex
145. Alex
146. Alex
147. Tyler
148. Alex
149. Tyler
150. Tyler
151. Tyler
152. Alex
153. Tyler
154. Alex
155. Tyler
156. Alex
157. Tyler
158. Alex
Epilog: Tyler

107. Julian

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By Cupid42hearts

5 Tage. Seit 5 Tagen ist John jetzt schon täglich bei mir und kümmert sich um mich. Er spielt wirklich die Krankenschwester, den Comedian, den Kuschelbären und gibt mir alles, was er denkt, das ich brauche und noch viel mehr.

Ich bin ein bisschen überfordert von seiner Fürsorge, um ehrlich zu sein. Ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll, dass er seine Tage komplett nach mir richtet und mich grade in den Mittelpunkt seines Lebens stellt.

Ich meine, klar finde ich es schön, so viel Zeit mit ihm zu verbringen, aber es nimmt Ausmaße an...

Gestern war er schon hier, bevor ich ihm geschrieben habe. Er saß unten und hat mit meiner Mum gebruncht. Die zwei haben so laut gegackert, dass ich sie bis nach oben gehört habe und davon aufgewacht bin. Dann musste ich natürlich nachsehen, ob meine Ohren mir einen sehr seltsamen Streich spielen, oder ob John grade echt mit meiner Mum chillt. Und das hat er.

Die Zwei verstehen sich wirklich blendend. Um ehrlich zu sein, glaube ich auch, meine Mama ist ein bisschen in John verliebt. Schon während er hier ist, flirtet sie die ganze Zeit an ihm rum und, wenn er weg ist, kommt sie erst recht gar nicht mehr aus dem Schwärmen raus.

Mein Dad nimmt das locker. Er meinte zu mir, ich solle gut auf meinen Freund aufpassen, wenn ich nicht will, dass Mum ihn mir noch wegschnappt. Er hat ihn als meinen Freund bezeichnet. Im Sinne von fester Freund. Im Sinne von „Ihr seid doch zusammen". Im Sinne von awlfwieoerkjwnerkäc.

Okay, hab mich wieder beruhigt. Wo war ich? Ach ja: Meine Familie glaubt, John und ich seien ein Paar. Sind wir aber nicht. Nicht so wirklich. Wir haben zwar schon darüber geredet, dass wir es versuchen wollen und irgendwann mal zusammen sein, aber dass irgendwann jetzt ist, hat noch keiner beschlossen. Außer ich habe irgendwas nicht mitbekommen.

So wie wir miteinander umgehen, wundert es mich gar nicht, dass wir für ein Paar gehalten werden. Wir verbringen den gesamten Tag zusammen und schreiben oder telefonieren die ganze Zeit, die wir nicht direkt nebeneinander verbringen.

Die letzten fünf Tage waren wir wohl am längsten voneinander getrennt, als er Therapiestunde hatte, mal abgesehen von der Zeit, in der wir schlafen natürlich.

Er steht wirklich jeden Morgen bei mir auf der Matte und bleibt dann bis zum Abend da. Ich sage ihm jeden Tag, dass das nicht nötig ist, immerhin hat er ja ein eigenes Leben, dem er nachgehen sollte. Er wollte sich doch um seinen Job kümmern und er hat eine Katze zu streicheln und er braucht bestimmt auch mal Zeit für sich... Aber auf diesem Ohr scheint er taub zu sein.

Er meinte, er geht nur, falls ich von ihm genervt bin oder alleine sein will. Er will mir Platz geben. Aber, wenn ich dann daran denke, dass er nicht bei mir wäre, klammert sich mein Körper von ganz alleine an seinen, damit er nicht nochmal auf die Idee kommt zu gehen. Ziemlich widersprüchlich, ich weiß. Ich will ihn ja bei mir haben, ich will zurzeit nichts lieber als das, aber ich will eben auch, dass er sein Leben weiterlebt und nicht nur nach mir richtet und danach was ich will und brauche.

Andererseits beweist, dass er sich um mich kümmert, weil ich verletzt bin, wohl ziemlich deutlich, dass ich ihm sehr wichtig bin. Und vielleicht ist ja genau das, wovon meine Mum gesprochen hat, als sie meinte, die Person, die mich verdient, wird mir tagtäglich zeigen, wie viel ich ihr bedeute.

Gerade sitzen wir mit meiner Mum unten am Esstisch. Lila ist bei Nessi und mein Dad ist Arbeiten. Meine Mum hat mit ihrem Chef den Deal, dass sie solange von zuhause aus arbeitet, wie ich krankgeschrieben bin. Aber irgendwie ist alles, was sie den ganzen Tag macht, mit John flirten, kochen, backen und ein bisschen putzen.

Heute hat sie Schokokuchen gemacht. Der ist ausnahmsweise sogar mal ganz genießbar. Außen vielleicht ein bisschen verbrannt, aber innen trotzdem noch fluffig genug, um ihn als ganz gut zu bezeichnen.

John füttert mich. Mein rechter Arm funktioniert heute irgendwie nicht ganz so wie er sollte. Der Arzt meinte, dass das wahrscheinlich vorkommen wird und ich mich auch über plötzlich auftretende Lähmungen oder starke Schmerzen bei Bewegungen nicht zu sorgen brauche. Er meinte, wenn ich es abgeklärt haben will, kann ich gerne spontan vorbeikommen, aber sowas sei bei einer Wirbelsäulenprellung wohl normal.

John genießt es richtig, mich wie ein Baby zu behandeln. Er braucht echt dringend ein Kind, um diese Vaterseite an irgendwem auszuleben, der nicht ich ist. Nachher finde ich daran noch gefallen und unsere Beziehung nimmt eine sehr seltsame Wendung.

Ich erinnere mich daran, wie er mich vorhin nach der Dusche abgetrocknet und dann angezogen hat und muss leicht lachen. Er behandelt mich echt wie ein Baby. Sobald ich quengele, fragt er mich, ob ich essen oder trinken will, ob ich müde bin, ob ich kuscheln will oder ob ich beschäftigt werden will. In dieser Reihenfolge.

Vorhin, nachdem ich nach meiner Dusche ins Zimmer kam, hat er zum ersten Mal meine Verletzungen gesehen. Davor war ich immer schon umgezogen, als er kam, weil meine Mum mir geholfen hat.

Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, wie es auf ihn wirken wird zu sehen, wie schlimm zugerichtet ich aussehe. So ein Sturz aus 7 Metern auf harten Kieselboden ist eben nicht ganz ohne.

Man muss aber schon dazu sagen, dass ich extrem gut weggekommen bin. Ich hätte dabei sterben oder noch schlimmer verletzt, wenn nicht gar vollständig gelähmt werden können. Irgendwie hatte ich wohl also doch Glück.

Mein Rücken sieht aber echt schlimm aus. Man sieht jeden meiner Wirbel, weil darum herum eine blau-lila Verfärbung ist und meine gebrochenen Rippen sehen ähnlich übel aus.

John war total entsetzt, als er das gesehen hat. Er konnte gar nicht fassen, dass ich absolut nicht jammere oder mich über Schmerzen beschwere, obwohl ich die ganz eindeutig habe.

Er hat mir geholfen, meine Hose anzuziehen, sodass ich mich runterbeugen musste, dann hat er meinen Oberkörper nochmal gründlich abgetrocknet und dann hat er mich mit eingecremt. Die Salbe war etwas kalt, deshalb bin ich ein bisschen ausgewichen, aber er dachte, es hätte mir wehgetan und sich sofort total leidend entschuldigt. Aber, wie er mich schließlich eingecremt hat, hat absolut nicht wehgetan. Er war sanft und rücksichtsvoll und ich müsste lügen, um nicht zu sagen, dass ich es genossen habe.

Nachdem die Creme etwas eingezogen war, hat er mir noch geholfen, ein Shirt anzuziehen und dann hat er mir das Bett wieder schön gemütlich hergerichtet und mir geholfen, mich vorsichtig darin abzulegen. Ich glaube, davor hat er die Verletzung nicht wirklich ernstgenommen, zumindest nicht so, dass er ebenfalls zur Übermutti mutiert ist. Jetzt sieht es anders aus. Er lässt mich gar nichts mehr machen, nicht mal die Fernbedienung darf ich halten, wenn wir fernsehen.

Irgendwie finde ich das ja ganz süß, aber ich will mich nicht daran gewöhnen, so schön umsorgt zu werden. Ich will das nicht für selbstverständlich ansehen. Ich will mich weiterhin über jede Kleinigkeit freuen, die er für mich tut und umso mehr über größere Gesten, wie zum Beispiel, dass er mir Zigaretten besorgt hat, weil meine Mum sich geweigert hat, mir welche vom Einkaufen mitzubringen.

Das hat mich mehr gefreut als wenn er mir Blumen oder Schokolade gebracht hätte. Jetzt brauche ich nur noch eine Gelegenheit, sie auch zu rauchen. In meinem Zimmer ist ausgeschlossen. Der Geruch geht da niemals raus und ich will nicht riskieren, dass sich meine Tapeten verfärben. Außerdem zerhackt meine Mama mich in Einzelteile, wenn ich im Haus rauche.

Als ich 16 war, hat sie es das erste Mal mitbekommen. Das war zwar schon zwei Jahre nach meiner ersten Zigarette, aber sie fand es trotzdem noch viel zu früh und hat mir gedroht, mir jede Zigarette, die ich anmache, auf meinem Hintern auszudrücken.

Natürlich hat mich das nicht davon abgehalten weiterzurauchen, nur habe ich ab da mehr aufgepasst, dass sie es nicht mehr mitbekommt. Als sie erfahren hat, dass meine Freunde auch rauchen, fand sie es plötzlich gar nicht mehr so schlimm und hat ihre Drohung nicht wahrgemacht, aber wirklich unterstützt hat sie es natürlich auch nie.

Stattdessen schickt sie mir immer Dokus oder Berichte darüber, wie schädlich rauchen ist und bringt so Kommentare, wie, dass mir bald die Zehen abfallen und meine Fingerspitzen bestimmt schon ganz gelb sind und stinken. Sie ist richtig beleidigt, weil ich trotzdem nicht aufhöre, obwohl sie so offensichtlich dagegen ist.

Aber vielleicht ist in meinem Rauchen auch ein kleines bisschen Rebellion dabei. Ein Stückchen Kontrolle, das mir keiner nehmen kann.

Ja, ich weiß, mit 21, sollte ich aus dieser Phase rausgewachsen sein, aber ich rauche jetzt schon seit 7 Jahren. Von heute auf morgen aufhören wird nicht funktionieren und ich sehe auch keinen Grund dazu. Klar würde es meine Mum glücklich machen und es wäre eindeutig von Vorteil für meinen Geldbeutel, aber ich sehe auch einige positive Aspekte drin. Beruhigung zum Beispiel. Oder Raucherpausen beim Arbeiten. Wärme. Ästhetik. Dass ich John so kennengelernt habe. Und vor allem jetzt, dass ich eine Ausrede habe, dieses Haus zu verlassen und wenn es nur dazu ist, um mich zum Rauchen in den Garten zu setzen.

John begleitet mich natürlich und nimmt mein Angebot, auch eine zu rauchen, an. Ich habe meiner Mum versprochen, dass ich mich vorne auf die Bank setze und direkt wieder zurück ins Haus komme, wenn ich fertig bin. Aber mein ADHS-Arsch zwingt mich, mich zu bewegen. Jeder Schritt tut weh, das gebe ich ja zu. Aber es ist erträglich und außerdem tut liegen ja auch weh und wenn ich mich bewege, mache ich auch was für meine Gesundheit. Ich will ja nur ein Bisschen spazieren gehen.

„Auf deine Verantwortung", meint John, nachdem ich ihm klargemacht habe, dass ich jetzt eine Runde um den Block laufe, ob mit oder ohne ihn. „Wenn deine Mum das rausfindet, behaupte ich, du hast mich dazu gezwungen"

„Klar, immer auf die Kleinen", beschwere ich mich kopfschüttelnd, muss dabei aber schmunzeln. Er will meiner Mum echt unbedingt gefallen.

„Ha! Also gibst du endlich zu, dass du klein bist?" John grinst mich triumphierend an.

„Nein, nein, nein! Ich liege nur ganz knapp unter dem deutschen Durchschnitt! Und vielleicht wachse ich ja noch"

„Das bezweifle ich.", lacht er leicht.

Er bleibt stehen, aber ich laufe noch einen Schritt weiter, bis ich das bemerke und sehe ihn dann fragend an. Er geht in der Zeit um mich herum und läuft dann auf meiner linken Seite weiter. Ich bin total verwirrt und will ihn fragend, was das soll, aber da greift er schon nach meiner Hand und lächelt mich dabei an, so als wolle er fragen, ob das okay ist.

Ich erwidere sein Lächeln, vielleicht auch etwas zu sehr und so schlendern wir weiter durch meine Nachbarschaft.

Wie das wohl aussehen muss. Er neben mir. Wir händchenhaltend und rauchend und breit grinsend. Sehen wir krass oder süß aus? Angsteinflößend oder niedlich?

Also ganz ehrlich, wenn ich ihn nicht kennen würde und er würde mir spät abends rauchend und mit finsterem Gesichtsausdruck entgegenkommen, ich würde höchstwahrscheinlich die Straßenseite wechseln, um der Gefahr aus dem Weg zu gehen, abgestochen zu werden. Er hat schon irgendwie was Grusliges an sich. Er ist so groß und breit und seine Stimme ist relativ tief und, als ich ihn das erste Mal gesehen habe, dachte ich ja auch, er ist bestimmt ziemlich gewaltbereit.

Jetzt, nachdem ich ihn besser kenne, glaube ich, er kann keiner Fliege etwas zu leide tun. Er ist doch total lieb, allein schon zu mir, aber, wenn man ihn dann mal mit seiner Katze erlebt, merkt man, dass in diesem Mann absolut nichts Böses stecken kann. Er hat wirklich ein großes Herz, aber ich glaube, er hat sich einfach zu sehr daran gewöhnt, das zu verstecken.

Ihn kennenzulernen ist wie die Reise zu einem Schatz, den er tief in sich vergraben hat. Nur wenige bemühen sich, diese Reise überhaupt auf sich zu nehmen und noch weniger lässt er wirklich so weit gewähren, dass sie den Schatz erkennen können. Doch das hier ist kein Raubzug. Es geht nicht darum, den Schatz an sich zu reisen. John muss ihn überreichen. Und ich glaube, das tut er. Stück für Stück.

„Wow, Achtung!" Plötzlich reißt er mich zur Seite und hält mich ganz fest in seinen Armen. Ich zische auf, schmerzerfüllt durch die ruckartige Bewegung und seinen festen Griff. „Tut mir leid" Er schiebt mich sofort wieder von sich weg und hält mich an den Oberarmen fest, während er besorgt zu mir runtersieht. „Alles okay?"

Ich nicke, bin aber trotzdem verwirrt. „Was war denn grade?"

„Du bist sehr zielstrebig, auf dieses Schild hier zugelaufen. Ich dachte eigentlich, du weichst noch rechtzeitig aus, weil du direkt draufgestarrt hast, aber irgendwie bist du immer weitergelaufen" Er schmunzelt. „Warst wohl ein bisschen in Gedanken, mh?"

Er findet es auch noch süß, dass ich so verpeilt bin. Mich nervt das total. Meine Freunde haben ein ganzes Fotoalbum mit meinen Pannen erstellt und warten nur darauf, immer mehr Seiten davon zu füllen. Die Sache mit dem Gerüst kommt bestimmt auch noch rein.

Auf seine Frage hin nicke ich bloß. Er stellt sich näher an mich heran. Seine Hände legt er von meinen Oberarmen auf meine Hüften. Er beugt sich etwas zu mir herunter. „Ich finde, ich habe eine Belohnung verdient für diese heldenhafte Rettung"

„Ach hast du das?" Kritisch sehe ich zu ihm hoch.

Heldenhaft sieht für mich ein bisschen anders aus. Hätte er dabei eine Strumpfhose und ein Cape getragen, würde ich mich vielleicht überzeugen lassen, aber so war es wohl doch eher eine langweilige, mittelmäßige Rettung.

„Wie soll die Belohnung denn aussehen?", hake ich weiter nach.

„Kannst du dir das nicht denken?", schmunzelt er, springt dabei mit dem Blick zwischen meinen Augen und meinen Lippen hin und her. Er wird langsam ungeduldig.

Ich schüttelte bedauernd den Kopf. „Denken ist nicht so meine Stärke"

John verdreht leicht die Augen. „Okay, dann nochmal für Dumme: Küss mich gefälligst!"

Ich tue nichts, also beugt er sich noch weiter runter und zieht mich näher an sich heran, um den Abstand zwischen unseren Lippen zu überbrücken.

Ich weiche allerdings aus und schiebe ihn in derselben Bewegung weg. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich nicht küsse, nachdem du mich grade als dumm bezeichnet hast."

„Du hast dich selbst als dumm bezeichnet!", empört er sich. „Ich bin nur auf deine Aussage eingegangen"

„Indem du sie bestätigt hast!" Ich verschränke die Arme und sehe so beleidigt zu ihm hoch.

„Och Juli!", jammert er. „Jetzt zick doch bitte nicht so rum. Ich nehm's zurück, okay?"

„Achso jetzt bin ich also auch noch zickig?", schnaube ich.

„Ja!", erwidert er laut. „Und, wenn du dieses Benehmen nicht gleich einstellst, knutsche ich dich solange, bis du gar nicht mehr auf die Idee kommen kannst, dich so aufzuführen!"

Ich kneife meine Augen zusammen und zische: „Versuchs doch"

Als er einen Schritt auf mich zugeht und nach mir greift, beginne ich zu schreien: „Hilfe!"

Er hält sofort inne und geht zwei schnelle Schritte zurück, seine Augen sind weit aufgerissen dabei und er schaut sich panisch um. „Spinnst du?"

Ich sehe ihn triumphierend an. „Ach doch nicht mehr so mutig?"

Diesmal kneift er die Augen zusammen und schüttelt dabei den Kopf. „Du hast sie doch nicht mehr alle"

„Bin ich jetzt auch noch verrückt?", frage ich, doch klinge dabei herausfordernd.

„Ja!... Aber das wusste ich eigentlich auch schon vorher. Wer sich als Mutprobe auf Zuggleisen stellt und sich halb überfahren lässt, kann gar nicht alle Tassen im Schrank haben" Irgendwie klingt er versöhnlich, als er das sagt. Absolut nicht abfällig oder genervt oder in irgendeiner Art und Weise negativ. Er lächelt sogar leicht dabei. „Deshalb mag ich dich doch so"

Eigentlich will ich das Spiel aufrechterhalten. Ich mag einfach die Panik in seinem Blick, wenn ich ihn so verarsche und ich glaube, ich will auch testen, wie er in manchen Lagen reagieren würde... Bisher hat er immer bestanden.

Ich löse meine Arme aus ihrer abwehrenden Haltung. „Ich bin gar nicht sauer, hab nur so getan"

Er atmet erleichtert durch. „Als du um Hilfe geschrien hast, hatte ich echt kurz Angst, aber ich glaube im selben Moment hab ichs auch gecheckt... Du würdest doch nicht um Hilfe schreien, wenn ich dich küssen will oder?"

„Nö" Er läuft wieder näher zu mir, während ich antworte. „Ich würde dich mit meinen krassen Kung-Fu Künsten zusammenfalten und im Klo runterspülen"

„Du kannst Kung-Fu?" Er sieht mich leicht überrascht, aber auch ungläubig an.

„Naja, so viel wie man aus Kung-Fu Panda nun mal lernen kann"

Zuerst wirkt er leicht perplex, aber dann lacht er. „Wenn du ungefähr hundert Kilo schwerer wärst, wärst du ihm echt zum Verwechseln ähnlich. Der ist auch so tollpatschig, aber irgendwie süß dabei, weißt du?"

Und da kommen die Komplimente wieder. Das gefällt mir deutlich besser als das eben noch, auch wenn ich da wirklich übertrieben habe und ihm absichtlich Worte in den Mund gelegt. Bin wohl ein kleiner Sadist. Vielleicht hole ich mir meine Befriedigung dadurch, John regelmäßig zu verarschen und ihn so in Panik zu versetzen. Der Arme. Das werden schwere Zeiten für ihn.

„Aber optisch wäre ich schon eher die Heuschrecke oder?", hake ich nach.

Ich und hundert Kilo schwerer? Das wird niemals passieren. Ich bin und bleibe ein Stock.

„Oder der Vogel", meint John nachdenklich.

„Und du wärst die alte Schildkröte" Ich grinse, vor allem, als er mich empört ansieht.

„Entschuldige, wie war das?"

„Schau, du hörst schon ganz schlecht.", lache ich. „Und hier bekommst du schon Falten" Ich deute auf meine Stirn, um ihm die Stelle zu zeigen.

Er schaut beleidigt auf den Boden und brummt: „Ich weiß"

Oh. Da habe ich wohl eine wunde Stelle getroffen.

„Aber die stehen dir"

Mein Versuch, es irgendwie zu retten, endet darin, dass John mich mit verzogenem Gesicht ansieht, merklich unzufrieden. „Das macht es nicht besser"

„Entschuldigung"

Was soll ich denn sagen? Ich fühle mich schlecht. Manchmal sollte ich halt echt lieber erstmal nachdenken und dann reden. Aber denken ist halt echt nicht meine Stärke, da wäre wahrscheinlich nur was noch Schlimmeres rausgekommen.

„Hast du ein schlechtes Gewissen?", hakt John traurig nach.

Ich nicke. „Ja, total! Es tut mir wirklich leid! Du siehst überhaupt gar nicht alt aus, ich schwöre es! Ich... Du... Du gefällst mir so wie du aussiehst"

John lächelt mich dankbar an, sodass ich erleichtert aufatme und dabei bemerke, wie rot ich grade geworden bin. Sekündlich wird sein Lächeln immer breiter. Es endet in einem hinterlistigen Grinsen, dann springt er vor mich und meint: „HA! Reingefallen! Rache ist süß!"

Zunächst verstehe ich gar nicht, was das jetzt zu bedeuten hat. Dann begreife ich, dass er mich gerade ebenso verarscht hat wie ich ihn. Ich atme zwar erleichtert durch, schlage aber trotzdem nach ihm. „Ich dachte, ich hätte dir richtig wehgetan grade!"

„Naja, ich hätte nicht wirklich das Recht, beleidigt zu sein, ich ziehe dich ja auch immer auf, du Lauch"

Ich verdrehe die Augen, muss dabei aber schmunzeln und halte ihm schließlich meine Hand hin. „Komm, ich will nachhause."

„Zu Befehl, Eure Königliche Hoheit" Er ergreift meine Hand und schlendert dann so wieder neben mir her. Er lächelt die ganze Zeit über oder zumindest immer, wenn ich zu ihm hochsehe.

„Woran hast du vorhin eigentlich gedacht, als du fast gegen das Schild gelaufen bis?", will er nach einiger Zeit wissen.

Wir liefen einfach nebeneinander her, ich schaute zu ihm hoch, er erwiderte meinen Blick manchmal, wir lächelten uns an und schauten dann grinsend wieder weg.

Ich fühle mich wieder wie ein Teenie, ehrlich. So als würde ich zum ersten Mal mit jemanden, für den ich Gefühle habe, spazieren gehen. Zum ersten Mal die Hand einer anderen Person halten, die nicht zu meiner Familie gehört. So als sei ich zum ersten Mal verliebt. Es fühlt sich großartig an.

„Hei, ich habe dich was gefragt. Antworte, Pupsi!"

„Pupsi?" Ich sehe belustigt zu ihm hoch.

„Ja, Pupsi. Klingt doch süß." John tut so als sei es das Normalste auf der Welt, den Mann, den man mag, als die verniedlichte Form von stinkenden Abgasen zu bezeichnen.

Das ist so absurd, dass es schon wieder witzig ist und Pupsi gefällt mir auch deutlich besser als ein herkömmliches „Schatz" oder „Baby" Oder noch schlimmer „Hase".

Gott, woran denke ich hier? Das sind Pärchenkosenamen! Wir sind doch gar nicht zusammen! Wieso ist es so normal für uns, so miteinander rumzugehen?

„Wenn du meinst" Ich werde es ihm nicht ausreden. Irgendwie ist es ja wirklich süß. Allerdings sollte ich mir innerhalb der nächsten Sekunden etwas einfallen lassen, um ihm nicht erzählen zu müssen, dass ich gedanklich bis in alle Maßen von ihm geschwärmt habe und daher fast gegen das Schild geknallt bin.

„Hast du schon mal darüber nachgedacht, ob du, wenn du in der Zeit zurückreißen könntest, Baby-Hitler umbringen würdest?"

Ich bin selbst ein bisschen überrascht davon, wo diese Frage jetzt so spontan herkommt, aber es ist definitiv besser als nichts.

„Ehm" John muss die Frage erst noch auf sich wirken lassen. „Ich glaube, an Baby-Hitler würde ich da gar nicht denken.", meint er nach nicht allzu langer Zeit. „Ich würde eher versuchen rauszufinden, wer meine Eltern sind... und was sie sich dabei gedacht haben, mich frisch geboren in der nächstbesten Gosse zu entsorgen"

Ich muss schnauben. „Ich glaube kaum, dass jemand, der auch nur ein bisschen denken kann, sowas tun würde"

Ja, es macht mich sauer. Verdammt sauer. Ich verstehe, dass man sich manchmal einfach nicht um Babys kümmern kann und der offizielle Weg, sie zur Adoption freizugeben, vielleicht für manche auch nicht möglich ist, aber wozu gibt es denn Babyklappen? Es wäre doch nicht so schwer gewesen, sich zumindest darum zu kümmern, dass Baby-John sicher ist und versorgt wird.

Ich denke nicht nur so darüber, weil ich John kennenlernen durfte und ihn echt gernhabe. Er ist halt leider kein Einzelfall. Sowas passiert ständig, überall auf der Welt, und ich kann nicht fassen, wie Menschen so... unmenschlich sein können.

John zuckt nur mit den Schultern. „Vielleicht ging es nicht anders... Ich hatte jetzt schon 31 Jahre Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, aber es endet immer darin, dass meine Eltern das getan haben müssen, weil es so das Beste für mich war. Alles andere macht doch keinen Sinn... Ich meine, Eltern lieben ihre Kinder doch... Ich... Ich kann mir einfach nicht vorstellen, ein kleines, wehrloses, auf Hilfe angewiesenes Wesen irgendwo abzulegen und einfach wegzugehen, wenn ich eine andere Wahl hätte." Er drückt meine Hand etwas fester, fast so als wolle er sich dessen versichern, dass ich ihn festhalte. Und das tue ich.

Ich glaube, wir haben noch nie so viel über seine Eltern geredet wie jetzt gerade. Er gibt alles dazu immer nur stückchenweise preis und will dann nicht weiter darüber reden. Aber langsam öffnet er sich mir immer mehr und mehr, auch, was das angeht.

„Weißt du, was ich mir auch mal überlegt habe?", fragt er nach kurzer Zeit.

Ich muss gar nicht antworten, denn er redet sofort weiter.

„Vielleicht stimmt was an der ganzen Geschichte gar nicht... Es gab da diesen Obdachlosen, Willy. Der hat mich angeblich gefunden und dann ins Krankenhaus gebracht. Aber, was, wenn er zum Beispiel mein Vater war? Oder meine Mutter kannte? Ich hatte noch gut 11 Jahre regelmäßig Kontakt zu ihm, bis er einfach verschwunden ist, aber damals bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, ihn das zu fragen... Nur, er hat mir immer zu meinem Geburtstag Geschenke gemacht und er hat viel Zeit mit mir verbracht und mir auch echt viel beigebracht... Das macht man doch nicht einfach so für irgendein fremdes Kind, das man mal gefunden hat... Oder?"

Er klingt so hoffnungsvoll, als er das sagt, fast schon als würde er sich wünschen, dass ich ihm zustimme.

Ich dagegen seufze. „Ich weiß nicht, John. Vielleicht war dieser Willy auch einfach ein echt guter Mensch oder sehr einsam oder hat sich für dich verantwortlich gefühlt, weil er dich gefunden hat."

„Mhm", meint er nun weniger enthusiastisch. „Ist ja auch egal, ich werde die Wahrheit eh niemals erfahren. Ist wahrscheinlich auch ganz gut so. Und es ändert ja eh nichts. Ich bin erwachsen, ich brauche keine Eltern mehr. Ich gründe meine eigene Familie" Er nickt entschlossen.

„Bist herzlich dazu eingeladen, mitzumachen" Bei dem Satz grinst er dann wieder.

Es wirkt ehrlich, aber ich sehe in seinen Augen, dass ihn das mit seinen Eltern doch noch beschäftigt. Das verstehe ich. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was ich ohne meine Eltern machen würde oder jemals gemacht hätte.

Doch grade das sorgt dafür, dass ich den Mann, als der John heute vor mir steht, umso mehr bewundere. Ich will nichts lieber, als dass diese Wunschvorstellung einer Familie von ihm in Erfüllung geht. Er wäre mit Sicherheit ein guter Papa und ein noch besserer Ehemann.

Alles, was ich in John sehe, ist jemand, der von ganz unten kommt und sich alles, was er hat, hart erarbeiten musste. Er hatte nichts und niemanden und trotzdem hat er es geschafft heute dort zu stehen, wo er ist. Ich finde, er kann stolz auf sich sein.

Dass er grade ein bisschen Schwierigkeiten hat, tut dem keinen Abbruch. Er lernt daraus und er wächst dadurch und er hat mir selbst gesagt, dass er das als Chance zu einem Neuanfang sieht. Ich kann nur davon träumen, jemals so stark zu sein wie er.

„Wo muss ich unterschreiben?", frage ich lächelnd.

„Auf der Hochzeitsurkunde?"

Er macht öfter Witze übers Heiraten, aber obwohl ich so blond bin wie man es nur sein kann, checke ich, dass da auch Ernst drinsteckt. Er will gerne heiraten, und Kinder adoptieren und alles Drum und Dran. Nur weiß ich nicht, ob ich das will... Zumindest jetzt noch nicht.

„Ist das nicht ein bisschen früh?" Kritisch sehe ich zu ihm hoch.

„Ich meinte ja nicht gleich heute oder morgen. Aber vielleicht irgendwann."

Ich nicke einfach mal und lache dann leicht, als er weiterredet.

„Davor müssen wir noch zusammenkommen, wichtige Leute kennenlernen, es miteinander aushalten, uns verloben, und dann können wir heiraten. Klingt das nach einem Plan?"

„Definitiv... Aber John?"

„Ja, Pupsi?" Er grinst verschmitzt und ich verdrehe den Augen wegen des Namens.

„Wenn du mich heiratest und... Naja, treu bleibst, dann wirst du nie mehr Sex haben"

Er zieht die Augenbrauen zusammen. „Hä doch, nur eben nicht mit anderen Leuten. Ich werde einfach professioneller Dildotester"

„Oh Gott, dieses Bild in meinem Kopf"

Ich halte mir die Augen zu, was absolut nichts bringt, außer, dass John laut zu lachen anfängt und stehen bleibt, wohl damit ich nicht wieder gegen irgendwas laufe.

Je mehr ich versuche, das Bild in meinem Kopf zu verdrängen, desto deutlicher wird es. Hilfe!

„Mach, dass es aufhört!", flehe ich John verzweifelt an.

Er jedoch lacht bloß sorglos. „Woran denkst du denn, mh? Wie ich nackt auf meinem Bett liege und es mir selbst mache?" Er flüstert mir das ins Ohr. Sein unregelmäßiger Atem schlägt dabei an meine Haut und lässt ein Kribbeln in meinen Magen schießen.

„Dann weißt du jetzt ungefähr, was ich jeden Abend mache, nachdem ich den ganzen Tag bei dir verbracht habe. Obwohl du nicht mehr bei mir bist, wenn ich alleine in meinem Bett liege, spüre ich doch noch deinen Körper an meinem oder rieche deinen Duft oder fühle, was auch immer es ist, das ich da fühle, wenn sich unsere Lippen berühren. Ich denke nur an dich, wenn ich mich anfasse. Ich stelle mir vor, wie sich deine nackte Haut auf meiner anfühlt und dein harter Schwanz an meinem und oder deine Küsse da unten. Manchmal will ich dich in mir und manchmal will ich spüren, wie du dich immer weiter öffnest, während ich langsam meinen Schwanz in dich schiebe. Es macht mich irre, dir am Morgen danach in die Augen sehen zu müssen und zu wissen, dass du dieses Verlangen nicht mit mir teilst. Ich fühle mich schmutzig und schuldig und trotzdem tue ich es immer wieder, weil ich einfach nicht anders kann. Du bringst mich um den Verstand."

Mein Mund klappt auf, als sein Daumen über meine Unterlippe streicht. Er starrt auf die Stelle und ich sehe ihn komplett versteift und fassungslos an.

Allein dadurch, was er grade gesagt hat, glaube ich, entjungfert worden zu sein.

Ich kann nicht fassen, wie er all das hervorgebracht hat, so ernst und ehrlich und ohne einmal zu stottern oder zu zögern. Ich mochte es, wie seine Stimme dabei klang und in seinem Blick zu sehen, dass er jedes Wort davon genauso gemeint hat.

Ich finde es nicht seltsam oder komisch oder verwerflich, dass er das macht. Ich kann es mir nur für mich nicht vorstellen und ich kann auch nicht glauben, dass ich sowas in jemanden auslösen kann. Ich mache doch gar nichts. Ich bin einfach nur ich.

„Shit" John reißt seinen Blick von mir los und richtet sich wieder auf. Er nimmt die Hand aus meinem Gesicht und zupft damit an seiner Hose herum. „Toll.", brummt er dann genervt. „Schau, du machst einen pubertierenden Teenager aus mir, der seine Hormone nicht unter Kontrolle hat. Wieso zum Teufel trage ich so eine enge Hose? Dir ist doch eh egal, wie mein Arsch aussieht"

Wie auf Kommando schaue ich auf seinen Arsch, fast so als täte ich das grade zum ersten Mal. Tue ich nicht. Ich habe ihn schon öfter ausgecheckt. Er gefällt mir sehr, aber ich glaube nicht, dass ich ihn so ansehe wie jemand, der mit ihm schlafen wollen würde, ihn ansehen würde.

Ich finde ihn schön und attraktiv und kann auch sagen, dass er wirklich heiß und sexy ist, aber bei mir resultiert daraus eben kein Verlangen danach, auch was mit diesem tollen Körper anzustellen. Außer kuscheln. Ich will eigentlich immer nur kuscheln.

„Dein Arsch sieht toll aus", versichere ich ihm. „Auch in nicht so engen Hosen. Und überhaupt interessiert es mich so absolut gar nicht, wie du dich anziehst. Du bist mir wichtig, nicht deine Klamotten"

„Aber ich muss mich doch anschaulich präsentieren", argumentiert er leicht schmollend und zupft dabei weiter in seinem Schritt herum. Er versucht es zwar unauffällig aussehen zu lassen aber das wirkt eher wie ein verzweifelter Versuch, sich unbemerkt an einer ganz bestimmten Stelle die Eier zu kraulen.

Ich muss leicht lachen und ziehe ihn währenddessen an der Hand mit mir. „Komm mit, wir sind ja gleich bei mir. Dann gebe ich dir was Lockeres zum Anziehen. Außer du willst gleich nachhause und deine Abendroutine vorziehen" Dabei muss ich grinsen.

Ja, ich genieße es, dass er mich so toll findet. Wer kann es mir verübeln?

„Wenigstens bist du verständnisvoll", brummt er wenig begeistert davon, dass ich ihn jetzt damit aufziehe. Die Unannehmlichkeit in seiner Hose scheint seine Stimmung ganz schön runterzuziehen. „Jetzt lass uns über Frauen reden, dann erledigt sich das Problem von ganz allein"

„Oh, das war gemein. Frauen sind doch toll"

„Mh", brummt er. „Ich kenne eigentlich nicht wirklich viele Frauen gut genug, um sagen zu könne, ob die toll sind oder nicht. Irgendwie sind doch alle gleich. Immer geht's um Shoppen, GNTM, Schminke und Männer. Letzteres ist das einzige, was ich mit denen halbwegs gemeinsam habe. Ey..." Er schüttelt missbilligend den Kopf. „...Wirklich, jedes Mal, wenn eine Frau erfährt, dass ich schwul bin, kommt der Satz ‚Willst du mein neuer bester Freund sein?' Nein, Steffanie, will ich nicht. Ich werde weiterhin so tun als würdest du nicht existieren, während ich es deinem Freund besorge. Komm damit klar"

„Das ist jetzt ein bisschen in ein emotionales Selbstgespräch ausgerastet", schmunzele ich. „Schon schlimm, so auf seine Sexualität reduziert zu werden. Man könnte fast meinen, du lernst daraus und steckst nicht alle Frauen unter einen Deckel"

„Ich hab einfach keine guten Erfahrungen mit Frauen gemacht", erklärt er. „Damals im Heim gab's nur Frauen als Erzieher oder Ansprechpartner oder Autoritätspersonen, nenn es wie du willst. Die konnten sich alle nicht durchsetzen und die, die es konnten, waren gewalttätig und einfach nur Miststücke. Dann gab's noch Lehrerinnen, die mich eh immer schon von Anfang an gehasst haben, weil sie beschlossen haben, dass ich ein Problemkind bin, ohne mich überhaupt zu kennen und dann gab's entweder die Sorte von Mädchen, die Angst vor mir hatte oder die, die sich zuerst an mich rangemacht und dann über mich gelästert hat. Und mal davon abgesehen, brauche ich ja auch gar keinen Kontakt zu Frauen. Ich habe dich und Tyler und Rocky und das reicht mir."

„Das klingt fast so als hättest du eine Frauenphobie entwickelt", gebe ich unsicher zurück.

„Ne, ich habe ja keine Angst vor ihnen... Ich bin einfach nur sehr zufrieden damit, unabhängig von ihnen zu existieren. Die einzige Frau, die jemals etwas Gutes für mich getan hat, ist deine Mum, indem sie dich rausgepresst hat"

„Hat sie nicht mal. Bin durch einen Kaiserschnitt zur Welt gekommen"

„Okay, dann eben neun Monate mit sich rumgetragen"

„Sieben. Dann wurde ich geholt"

„Du weißt schon, was ich meine!", stößt er schließlich frustriert aus, bevor ich wieder etwas finde, womit ich widersprechen kann.

„Ne, also jetzt hast du mich total verwirrt. Erklär dich mal bitte genauer", grinse ich gespielt ahnungslos.

John streckt mir als Antwort bloß die Zunge raus und macht so ein Furzgeräusch, ehe er schmollt. Er schweigt mich die restlichen Meter bis zum Haus an und redet dann erst wieder mit mir, als wir in meinem Zimmer ankommen und ich ihn frage, ob ich ihm noch was zum Umziehen geben soll.

„Ne, der Ständer ist genauso schnell verschwunden, wie er aufgetaucht ist. Kein Wunder bei den Gesprächsthemen... Findest du Geburten auch irgendwie eklig? Ich meine, Babys schlüpfen einfach aus ner Muschi raus, what the Fuck? Was hat sich die Natur dabei gedacht?"

Ich muss lachen und setze mich neben ihn auf mein Bett. „Naja, es macht schon Sinn, dass es da rauskommt, wo es auch reingesteckt wird oder?"

„Mh" Er macht einen nachdenklichen Ton. „Manchmal wäre ich selbst gern schwanger. Nur so fürs Feeling, weißt du? Mal austesten. Aber gebären würde ich nicht wollen. Oder allgemein auch nur in die Nähe von einem Neugeborenen kommen. Die sind mega schmutzig und eklig und hässlich"

„Ab wann sind Babys denn für dich akzeptabel?", will ich schmunzelnd wissen und sehe ihn dabei neugierig an.

„Sobald sie süß sind"

Ich weiß nicht wie genau es dazu kommt, dass wir dann wenige Minuten später in meinem Bett liegen und nach süßen Babybildern suchen, aber wir tun es und haben extrem viel Spaß dabei.

John findet eine Webseite, auf der wir schauen können, wie unser genetisches Kind aussehen würde und beschließt kurz danach, dass er rausfinden wird, wie wir zusammen ein Kind haben können. Klar meint er das nicht ernst, aber trotzdem finde ich es süß und witzig und höre ihm gerne dabei zu, wie er plant, Wissenschaftler zu entführen und sie dazu zu zwingen, mit unseren Spermien zu experimentieren.

Er hat echt einen Knall. Aber ich mag das. Immerhin bin ja selbst nicht ganz sauber in der Birne und vielleicht passen wir grade deshalb so gut zusammen.

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