Teach me Love

Por Cupid42hearts

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..."Du hast mir das Herz gebrochen"... Alles, was zwischen Tyler und Lion stand, ist nun Vergangenheit und si... Más

Hilfe!
1. Alex
2. Tyler
3. Alex
4. Tyler
5. Alex
6. Tyler
7. Alex
8. Tyler
9. Alex
10. Tyler
11. Alex
12. Tyler
13. Alex
14. Tyler
15. Alex
16. Tyler
17. Alex
18. Tyler
19. Alex
20. Tyler
21. Alex
22. Tyler
23. Alex
24. Tyler
25. Alex
26. Alex
27. Tyler
28. Alex
29. Tyler
30. Alex
31. Alex
32. Tyler
33. Alex
34. Tyler
35. Alex
36. Tyler
37. Alex
38. Tyler
39. Tyler
40. Alex
41. Tyler
42. Alex
43. Tyler
44. Tyler
45. Alex
46. Tyler
47. Alex
48. Tyler
49. Alex
50. Tyler
51. Julian
52. Alex
53. Tyler
54. Alex
55. Tyler
56. Alex
57. Julian
58. Alex
59. Tyler
60. Alex
61. Tyler
62. Alex
63. Tyler
64. Alex
65. Tyler
66. Alex
67. Tyler
68. Julian
69. Alex
70. Tyler
71. Alex
72. Tyler
73. Alex
74. Tyler
75. Alex
76. Alex
77. Tyler
78. Alex
79. Alex
80. Tyler
81. Julian
82. Alex
83. Tyler
84. Alex
85. Tyler
86. Alex
87. Julian
88. Tyler
89. Alex
90. Tyler
91. Alex
92. Tyler
93. Alex
94. John
95. Julian
96. Tyler
97. Tyler
98. Alex
100. Alex
101. Tyler
102. John
103. Alex
104. Julian
105. Alex
106. Alex
107. Julian
108. Alex
109. Tyler
110. Alex
111. Tyler
112. Alex
113. Tyler
114. Alex
115. Tyler
116. Alex
117. Tyler
118. Alex
119. Julian
120. Tyler
121. Tyler
122. Alex
123. Tyler
124. Alex
125. Tyler
126. Alex
127. John
128. Alex
129. Alex
130. Tyler
131. Alex
132. Alex
133. Tyler
134. Alex
135. Alex
136. Tyler
137. Alex
138. Tyler
139. Alex
140. Tyler
141. Alex
142. Alex
143. Tyler
144. Alex
145. Alex
146. Alex
147. Tyler
148. Alex
149. Tyler
150. Tyler
151. Tyler
152. Alex
153. Tyler
154. Alex
155. Tyler
156. Alex
157. Tyler
158. Alex
Epilog: Tyler

99. Tyler

1.4K 103 158
Por Cupid42hearts

„Wie geht es Ihnen heute?"

Gott, ich hasse diese Frage.

Früher habe ich mich noch bemüht zu lügen, wenn ich sie beantwortet habe. Ich war total stolz, wenn man mir das abgekauft hat, aber irgendwie auch ein wenig enttäuscht, weil grade das bewiesen hat, dass es niemanden, der mich das gefragt hat, wirklich interessiert hat, wie es mir geht. Zumindest nicht genug zu bemerken, dass ich lüge.

Dann habe ich angefangen, der Frage auszuweichen, indem ich Gegenfragen gestellt habe, weil ich nicht mal mehr mir selbst vormachen konnte, dass „Alles okay" ist.

Und dann bin ich jedem aus dem Weg gegangen, der auch nur daran hätte denken können, mich das zu fragen und habe der einzigen Person, vor der ich nicht fliehen konnte, John, klargemacht, dass er mich das nicht mehr fragen soll.

Aber mein Psychologe zieht jede Woche die gleiche Nummer ab. Ich versuche sogar wirklich ehrlich zu sein, immerhin nützt mir all das hier sonst nichts, aber trotzdem triggert diese Frage irgendwie ein inneres Brodeln in mir. Ich bin richtig verzweifelt, weil ich nicht weiß, wie ich auf diese 5 simplen Worte reagieren soll und das macht mich wütend.

Er bemerkt mein Zögern natürlich und fängt sofort an, irgendwas auf seinen Block zu kritzeln. Das setzt mich total unter Druck. Ich bekomme wirklich gar nichts auf die Reihe.

„Wie nutzen Sie denn Ihre Ferien bisher?", will er schließlich so freundlich wie immer wissen.

Er ist wirklich nett und er kann gut zuhören und interessiert nicken, aber ich mag es nicht, dass er so viel mitschreibt. Ich habe das Gefühl, jedes Wort, das ich sage, wird auf diesem Papier verewigt und mir später vorgehalten, obwohl ich nie weiß, was er sich notiert. Vielleicht sind es Fakten, die ich ihm mitteile, vielleicht Überlegungen zu einer Diagnose, aber vielleicht schreibt er sich auch eine Einkaufsliste... Wer weiß das schon.

„Ähm, ich schlafe hauptsächlich", gestehe ich ehrlich.

Ist wohl nicht unbedingt das, was ich sagen sollte, um irgendwem zu verklickern, dass ich mein Leben im Griff habe. Aber mein Psychologe weiß ohnehin schon, dass bei mir oben im Stübchen was nicht stimmt.

Schon in unserer dritten Sitzung, als ich spaßeshalber gefragt habe, was denn seine Diagnose ist, meinte er, er vermutet, ich sei ein Echoist.

Ich wusste gar nicht, was das bedeutet und habe mich auch nicht getraut, nachzufragen. Also habe ich im Internet nachgeschaut, als ich zuhause angekommen bin, und das hat mir unter anderem Folgendes ausgespuckt:

„Echoismus ist keine Störung, sondern ein Merkmal, das einfacher zu verstehen ist, wenn wir es als eine Überlebensstrategie konzipieren. Echoisten denken, dass sie so wenig wie möglich von anderen Menschen verlangen dürfen, wenn sie sich sicher und geliebt fühlen wollen. Gleichzeitig sind sie der Meinung, dass sie alles geben müssen, was sie können"

Ich habe bestimmt 20 Artikel dazu gelesen, um rauszufinden, dass ich mich regelrecht für andere aufgebe, glaube, nichts wert zu sein, wenn ich die Bedürfnisse von anderen nicht befriedigen kann, meine eigenen Bedürfnisse hintenanstelle, falls ich überhaupt welche habe, die darüber hinausgehen, andere zufrieden zu stellen, emotional extrem sensibel bin und durch meine Aufopferungsbereitschaft wohl ein Magnet für Narzissten.

Dann habe ich mich genauer über Narzissmus informiert und musste feststellen, dass sowohl John als auch Alex bestimmte Züge davon aufweisen. Zwar nicht so, dass es ihr gesamtes Sein bestimmt oder als krankhaft geltend gemacht werden könnte, aber deutliche Zusammenhänge sind da schon erkennbar. Vor allem bei John.

Ich habe mit ihm darüber geredet. Naja, es ihm eher gebeichtet, würde ich behaupten. Er hat angefangen zu lachen und meinte, das sei der perfekte Beweis dafür, dass wir einfach füreinander bestimmt sind.

Ich habe ihm nicht gesagt, was ich durch meine Narzissmus-Recherchen vermutet habe, und habe seine Aussage dann einfach so stehenlassen. Dass ich mich für ihn aufgebe und er das voll ausnutzt und das quasi in so in unserer Persönlichkeit verankert ist, ist für mich alles andere als füreinander bestimmt sein.

Wir triggern diese Seiten von uns, er meinen Echoismus und ich seinen Narzissmus, doch nur.

Trotzdem hält mich das nicht davon ab, weiter mit ihm zu schlafen.

Ich gehe zwar nie wirklich auf ihn zu, aber ich weise ihn auch nicht konsequent ab. Wieso denn auch? Wir sind beide erwachsene Männer. Wenn er mit mir schlafen will und für mich nichts dagegenspricht, kann ich es doch machen. Dass ich mir zwischendrin immer wieder denke, dass sich das nicht richtig anfühlt oder mich nicht traue zu versuchen was zu machen, das mir gefällt, ist eher suboptimal, aber meine eigene Schuld.

Außerdem schlafen wir nicht wirklich miteinander. Wir ficken einfach nur. Allein der Gedanke daran, es so mit ihm zu machen wie mit Alex, löst eine riesen Welle an Schuldgefühlen in mir aus.

Sex ohne Liebe ist für mich als Blümchensex-Liebhaber wirklich kompliziert. Vor allem, wenn ich diesen quengelnden und bettelenden Wicht unter mir habe, der sich mit nichts zufriedengibt.

Letzte Nacht hat er sich zu mir geschlichen. Er hat gesehen, dass ich noch wach bin und meinte, er kann nicht schlafen und will mit mir reden. Also hat er sich in mein Bett gelegt. Nur wenige Minuten später waren wir beide nackt und voll dabei. Er wollte es härter, schneller, tiefer... nichts hat ihm gepasst. Das hat mich so frustriert, dass ich mich aus ihm gezogen habe, das Kondom von mir gerissen und gesagt: „Weißt du was? Fick dich doch einfach selbst!"

Er war schockiert... Zurecht. Dann haben wir angefangen zu diskutieren, naja uns angezickt trifft es wohl eher. Jedenfalls hat es im Streit geendet. Es kam mir fast so vor wie einer unserer üblichen Beziehungsstreits von früher. Ich versuche, ihm alles Recht zu machen, er ist nie zufrieden mit mir, mich frustriert das, ich werde traurig und wütend und gebe auf und er hält mir vor, dass ich total übertreibe und grundlos rumzicke.

Irgendwie hat er ja Recht. Ich meine, es macht doch Sinn, jemandem zu sagen, was man beim Sex will. Kommunikation ist da echt wichtig. Ich glaube, ich hatte es einfach nur satt, dass ich immer nur getan habe, was er wollte, aber es selbst nicht hinbekommen habe, Wünsche zu formulieren. Vor allem mit dem Gedanken an die Diagnose im Hinterkopf.

John ist dann aus meinem Zimmer gegangen, ich lag wütend in meinem Bett und habe mich selbst fertiggemacht, solange, bis John wieder zurückkam, meinte, er kann immer noch nicht schlafen und sich wortlos wieder zu mir gelegt hat. Es war bereits morgens und ich konnte in seinen Augen genau sehen, dass er sich schlecht gefühlt hat. Also habe ich mich entschuldigt und versucht, es wiedergut zu machen.

Es hat mich sehr überrascht, dass er meinte, ich muss das nicht und ich soll es nicht.

Er hat mich umarmt, ganz fest, meinen Kopf geküsst und gesagt: „Du bist genug. Mehr als genug. Du bist das Beste. Ich liebe dich so sehr"

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war komplett überfordert, ich fühlte mich schuldig und ich hasste mich dafür, dass es mich so glücklich machte, was er sagte.

Wahrscheinlich ist das etwas, worüber ich mit meinem Psychologen reden sollte. Er kann mir bestimmt Tipps geben, von John loszukommen. Aber irgendwie scheue ich mich, darüber mit ihm zu reden. John und ich sind zwar nicht beim gleichen Typen, sondern bei Partnern in derselben Praxis, aber trotzdem...

Bei Alex fiel es mir total leicht, darüber zu reden. Zwar nicht von Anfang an, aber nachdem er sehr deutlich gemacht, dass er mich und John und unsere Beziehung auch richtig deuten kann, ohne, dass ich darüber spreche, war alles doch deutlich einfacher.

Alex hat es sofort verstanden, so als könne er in meinen Kopf gucken. Er hat mir gesagt, dass das falsch ist und dass ich was Besseres verdient habe und dass er mir dieses Etwas geben will. Aber jetzt, nachdem er sich von mir getrennt hat... Ich weiß nicht... Da verliere ich irgendwie den Glauben an alles, was er jemals gesagt hat. Seine Worte und Taten verlieren einfach an Bedeutung.

„Tyler?"

Ich schüttele leicht den Kopf. Mein verschwommener Blick klärt sich, ich sehe auf, in das Gesicht meines Psychologen. „Entschuldigung, was haben Sie gesagt?"

Das ist unangenehm. Ich habe ihn komplett ignoriert, bestimmt für mehrere Minuten. Und er sitzt da und wirkt noch genauso nett wie immer. Vielleicht ist er ein Roboter, der auf Nettigkeit eingestellt ist. Das würde erklären, wieso er sich kein Bisschen von meinem Abschweifen gestört zeigt.

„Nichts Wichtiges. Sie scheinen sich gerade ein Wenig in Gedanken verloren zu haben. Passiert das öfter?"

Ich schnaube belustigt. „Ständig."

Alles bis ins kleinste Detail zu überdenken, ist so eine Sache, die ich schon immer mache. Ich glaube, meine Mum hat mir das mitgegeben, als sie meinte, ich darf den Leuten aus unserem Dorf bloß nicht vertrauen, weil sie alle über uns reden und lästern, kurz nachdem sie uns auf der Straße noch nett zugewunken haben. Sie hat es mir quasi antrainiert, immer alle Varianten davon, was andere denken, meinen und tun könnten, in Betracht zu ziehen. Ich bin damit aufgewachsen. Ich habe gelernt, dass alles andere naiv ist. Und irgendwie macht es ja auch Sinn. Ich bereite mich mental auf das Schlimmste vor, sodass ich davon dann schon nicht mehr überrascht sein kann, wenn es wirklich der Fall ist. Allerdings verhindert das auch irgendwie, dass ich jemals von etwas Besserem ausgehen kann, das ist mir klar. Deshalb verdränge ich manche Sachen einfach ganz tief in mein Unterbewusstsein und wende extrem viel Energie dafür auf, sie dann dort zu belassen.

„Vor allem nachts?", fragt mein Psychologe weiter.

Ich zucke mit den Schultern. Keine Ahnung. Das ist so selbstverständlich für mich, dass ich das gar nicht mehr wirklich wahrnehmen kann.

„Hat das Ganze schon mal so weit geführt, dass Sie Angstzustände oder Panikattacken bekommen haben, allein aufgrund dieser Gedanken?"

Ich schüttele den Kopf.

Ich weiß ja, dass mein Überdenken nicht grade gesund ist, aber bisher bin ich nicht davon ausgegangen, dass das so schlimm enden kann. Ich schätze, ich habe meine eigene psychische Gesundheit bisher einfach immer auf die leichte Schulter genommen, weil ich es für normal gehalten habe so zu sein. Aber anscheinend ist das nicht der Fall. Anscheinend stimmt etwas gewaltig nicht mit mir.

Das ist seltsam. Ich war mein Leben lang so und zu wissen, dass das wohl nicht so ist, wie ich sein sollte, wirft die Frage in mir auf, wie wohl die beste Version von mir selbst aussieht und was sie erreichen könnte.

Gleichzeitig weiß ich, dass ich niemals anders sein werde und vielleicht ist das auch gut so. Alex hat sich doch so in mich verliebt. Er fand mich toll so.

Ich will mich doch gar nicht verändern und ich glaube auch nicht, dass ich das könnte. Dazu fehlt mir einfach alles, was ich dazu bräuchte. Kraft, Energie, Motivation...

Mein Psychologe fragt mich noch ein bisschen was und ich antworte ziemlich wortkarg.

Das alles hier gefällt mir ganz und gar nicht. Dieser Mann gibt mir das Gefühl, dass meine gesamte Persönlichkeit eine einzige Krankheit ist, gegen die ich vorgehen sollte.

Dass ich, auch, als ich aus der Praxis gehe, und bereits auf meinem Weg nachhause bin, noch weiter darüber nachdenke, ist doch irgendwie klar.

Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll. Diese Termine bringen mir absolut gar nichts, außer mir bewusst zu machen, dass ich einen Haufen Probleme habe, mit denen ich mich nicht auseinandersetzen will und kann.

Ich frage mich ehrlich, wie John es hinbekommt, sich so sehr auf all das einzulassen. Aber es freut mich auch wirklich, dass es ihm hilft. Ich bilde mir ein, er wirkt nicht mehr so verloren in letzter Zeit. Er kümmert sich wieder um sich selbst und er scheint eine Zukunft zu sehen.

Was mich angeht... ich kann gar nicht glauben, dass ich es in ein paar Wochen wieder auf die Reihe kriegen soll, früh morgens aufzustehen und mich dann den ganzen Tag in die Schule zu stellen und Kindern etwas beizubringen, wenn ich das Gefühl habe, ich weiß selbst gar nichts. Wie soll das denn funktionieren?

Grade, als ich zuhause ankomme, klingelt mein Handy und ich nehme es aus meiner Hosentasche, während ich meine Schuhe ausziehe.

Unbekannte Nummer.

Hoffentlich sind das keine nervigen Leute, die sich nicht abwimmeln lassen und mir irgendwas andrehen wollen. Dafür habe ich jetzt so gar keinen Nerv.

„Tyler Harris, hallo?"

„Lieblingslehrerchen!"

„Tony?" Ich erkenne ihn zwar daran, wie er mich anspricht und an seiner Stimme, kann es aber trotzdem nicht ganz glauben.

Warum zur Hölle ruft er mich an? Dass er die Nummer von Matt hat, kann ich mir denken, aber der hatte sie auch nur, um mich zur Sau zu machen, nachdem ich gegangen bin. Was könnte Tony schon von mir wollen?

„Oh yes!" Er klingt irgendwie so gut gelaunt. Keine Ahnung, wieso, aber das macht mich misstrauisch. Wer ruft denn bitte den Ex seines besten Freundes so gut gelaunt an? Da stimmt doch was nicht.

„Wie kann ich dir helfen?", will ich wissen.

„Ich habe zwei Anliegen", meint Tony. „Nummer eins: Wollte ich dich fragen, was du davon hältst, wenn ich Deutsch, Italienisch und Englisch auf Lehramt studiere. Ist das machbar? Kann ich das? Soll ich das?"

Ich atme tief durch. „Puh." Ohne wirklich darüber nachzudenken, dass es eine große Ehre sein muss, dass er mich das fragt, kann ich sofort zu einer Antwort ansetzen. „Ich bin mir sicher, dass du das kannst, aber du solltest dir darüber im Klaren sein, dass drei Sprachen einen Haufen Korrekturen bedeuten. Vor allem, wenn du ins Gymnasiallehramt gehst und die Oberstufe anpeilst. Ich höre von Kollegen, die nur zwei Sprachen haben schon, dass das echt viel ist und was Deutsch angeht, kann ich das bestätigen."

„Mh" Tony macht einen nachdenklichen Ton. „Aber Italienisch ist total oft doch eh nur spätbeginnend. Soll ich dann lieber Deutsch oder Englisch von meinem Plan streichen? Oder gleich was Anderes nehmen? Französisch? Spanisch?"

Ich bin überfragt. „Das musst doch du wissen, Tony. Du solltest machen, was dir mehr Spaß macht. Und wenn du beides willst, dann mach beides. Ich will es dir nicht ausreden"

„Nein, nein, du hast schon recht.", meint er sofort. „Aber ich bin überfordert."

„Warum machst du dir überhaupt jetzt Gedanken darüber? Willst du deine Weltreise nicht genießen?"

Doch klar. Aber die geht ja nicht für immer. Spätestens an Weihnachten muss ich auf jeden Fall zuhause sein und länger hält Matty mich wahrscheinlich eh nicht mehr aus" Er lacht leicht. „Der hat sowas von die Schnauze voll von mir, ich sag's dir." Obwohl das alles andere als gut klingt, wirkt er doch belustigt, das er das erzählt.

„Aber bei euch ist schon alles gut oder?", hake ich vorsichtig nach.

„Ja, ja klar! Dass Matt genervt von mir ist, ist einer der wichtigsten Bestandteile unserer Beziehung. Er braucht das, glaub mir"

Ich muss leicht schmunzeln. „Dann ist ja gut. Ihr seid ein tolles Paar"

„Weiß ich doch. Apropos. Mein zweites Anliegen: Kannst du Lion bitte mal sagen, dass er meine Anrufe annehmen soll? Dieser Arsch ghostet mich seit Wochen!"

Mein Schmunzeln vergeht sofort wieder.

Tony glaubt, ich hätte noch Kontakt zu Alex. Er glaubt, Alex würde sich was von mir sagen lassen. Er glaubt, Alex ist noch mit mir zusammen.

Es tut mir leid, dass er dich ignoriert, aber da kann ich nicht viel machen", teile ich Tony mit. Man merkt genau, wie sehr ich mich beherrschen muss, weiterhin neutral zu klingen. „Ich habe grade selbst keinen Kontakt zu ihm" Dass das daran liegt, dass ich ihn blockiert habe, lasse ich jetzt mal außen vor.

Ich weiß doch, dass das alles andere als erwachsen ist und ich bin auch sicherlich nicht stolz drauf, dass ich mich so krampfhaft von ihm abschotte, aber dann nicht anders kann, als uns unsere Bilder anzuschauen und mir immer wieder selbst detailliert klarzumachen, was ich verloren habe. Ich bin so ein unfähiger Vollidiot.

„Hä wieso?" Tony klingt schockiert. Wirklich verübeln kann ich es ihm nicht. Trotzdem quält es mich regelrecht folgende Worte aussprechen zu müssen.

„Er hat sich von mir getrennt"

„WAS?!"

Ich muss mein Handy von meinem Ohr weghalten, weil Tony so kreischt, verziehe dabei schmerzerfüllt das Gesicht. Das war echt laut.

„Er hat sich von mir getrennt", wiederhole ich. Selbst beim zweiten Mal geht es mir kein Stückchen einfacher von den Lippen.

„A-aber wieso?" Tony klingt total enttäuscht und traurig.

Ich kann das gut verstehen, denn mir geht es nicht anders. Trotzdem finde ich es ungerecht, dass ich ihm das jetzt erklären muss. Er ist Alex' bester Freund. Alex hat sich von mir getrennt. Das hier ist seine Aufgabe. Und trotzdem versuche ich, sein Verhalten zu rechtfertigen, allein schon in meinen Gedanken.

Bevor ich diese aber zu richtigen Worten formulieren kann, schnaubt Tony. Seine Stimme verändert sich dabei. „Tyler, ich mag dich echt gerne, aber ich werde nicht zögern, dich zu foltern und zu quälen und zu töten, wenn du ihm nochmal wehgetan hast. Das letzte Mal hat ihn beinahe umgebracht. Er konnte zwar nie wirklich zeigen, wie es in ihm aussieht, aber was er gezeigt hat, war schon schlimm genug. Ich werde dich sowas von fertigmachen-"

„Er hat wegen des Fußballs mit mir Schluss gemacht, Tony", unterbreche ich ihn, bevor er sich in Rage reden kann. „Wahrscheinlich trage ich auch einen Teil der Schuld. Bestimmt habe ich irgendwas falsch gemacht, vielleicht auch alles. Aber was genau, kann ich dir nicht sagen. Alex will ich auf seine Karriere konzentrieren und er möchte sich nicht outen, deshalb hat er sich von mir getrennt"

„Und diesen Schwachsinn hast du zugelassen?! Das kann doch nicht dein Ernst sein! Er braucht dich!" Tony ist total fertig mit den Nerven, das hört man ihm deutlich an.

Ich schnaube belustigt. „Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Ich habe mit ihm darüber geredet, eine ganze Nacht lang, aber alles, was ich gesagt habe, war ihm egal. Er hat beschlossen, was er für das Beste hält und mir nicht mal die Chance gegeben, ihm zu zeigen, dass es auch anders geht..."

„Mann, dann hättest du ihn halt festgebunden und solange geschlagen, bis sein Hirn wieder richtig funktioniert! Das kann doch nicht so schwer sein!"

Er ist frustriert. Ich verstehe das. Aber, dass er mich jetzt so angreift, ist echt nicht nötig.

Andererseits kann Tony sagen, was er möchte, wirklich schlimmer kann es für mich eigentlich gar nicht werden.

„Da ist man einmal nicht da und ihr verkackt es total. War doch klar, dass ihr ohne mich alles gegen die Wand fahrt", motzt Tony und beginnt dann zu schreien: „Matty! Matty! Wir müssen nach Deutschland. Lion braucht eine Abreibung!"

Aus dem Hintergrund höre ich ein: „Was? Wieso?"

„Dieser Affenarsch hat Tyler verlassen. Für Fußball." Er schnaubt beleidigt.

„Und was geht uns das an?" Matt klingt verwirrt.

„Wie was geht uns das an? Willst du das einfach so hinnehmen?" Tony: empört.

„Lion wird schon seine Gründe haben. Du kannst ihn jetzt auch schlecht dazu zwingen, mit Tyler zusammen zu sein, wenn er es nicht will."

Aua.

„Und wie ich ihn zwingen kann", schnaubt Tony zunehmend wütender. „Ich habe mir monatelang sein Jammern anhören müssen, nur damit er einfach so wegschmeißt, was er so sehr gewollt und gebraucht hat? Das sehe ich nicht ein"

„Soweit ich weiß hat er sich auch dein Jammern angehört", seufzt Matt. „Lass ihn einfach in Ruhe. Es würde doch eh nichts bringen, jetzt auf ihn einzureden außer, dass er erstrecht denkt, dass er recht hat und das allen beweisen will. Wenn er falsch liegt, muss er von selbst draufkommen. Und wenn er sich das eingesteht, dann können wir helfen. Und bis dahin bleiben wir hier und haben Versöhnungssex"

„Oh" Tony klingt alles andere als abgeneigt, als er diesen Ton macht. War ja irgendwie klar. Er scheint doch deutlich einfacher gestrickt zu sein als bisher angenommen.

Schließlich spricht er mich wieder an. „Tyler, bist du noch dran?"

„Ja" Ich habe alles mitangehört. Aber das sage ich natürlich nicht dazu.

„Matt hat beschlossen, dass Lion verschont bleibt", teilt Tony mir mit. „Vorerst. Ihm zu sagen, dass er Unrecht hat, löst eher Trotz bei ihm aus als dass es wirklich hilft... Er braucht ein bisschen Zeit, um selbst zu checken, dass er dumm ist, dann kommt er von ganz alleine zurück, du wirst schon sehen. Und wenn nicht, dann überlegen wir uns was. Wir kriegen das schon hin"

Versucht er grade, mich aufzumuntern? Und hilft es auch noch ernsthaft? Wow.

„Danke... Wirklich danke"

„Kein Problem. Lion ist viel erträglicher geworden durch dich... nicht nur für uns, sondern auch für sich selbst. Ich glaube nicht, dass er jemals wieder ohne dich kann. Er liebt dich."

„Kannst du mal aufhören, für Lion zu sprechen? Du kennst doch seine Seite gar nicht. Vielleicht erzählt Tyler nur scheiße" Matt klingt angespannt. „Leg auf!"

Bin ich dein Hund oder warum gibst du mir Befehle?", schnaubt Tony. „Wir beide kennen Lion doch gut genug, um zu wissen, dass so gut wie alles tut, um zu bekommen, was er will. Und warum sollte Tyler lügen? Davon hat er doch nichts"

„Keine Ahnung. Ist mir auch egal. Dein Gespräch mit ihm ist in zehn Sekunden beendet oder wir kuscheln heute nicht vor dem Einschlafen."

„Mann, du bist so fies", brummt Tony schmollend. „Also, Tyler, ich muss auflegen. Aber bitte melde dich bei mir, wenn es war neues zu Lion gibt, okay? Ich mache mir echt sorgen..."

„Ich... Wenn ich was mitbekomme, dann lasse ich es dich wissen", versichere ich Tony.

„Danke" Er seufzt. „Dann mach's gut. Und lass dich nicht unterkriegen. Brauns sind einfach herzlose Bastarde"

„Hei! Das nimmst du zurück!" Matt klingt total empört. Kurz danach ertönt schlagen und lachen. Nur einen Moment später wird aufgelegt.

Ich bin mir nicht sicher, wie ernst Tony seinen letzten Satz gemeint hat. Immerhin ist er mit einem Braun zusammen und ein anderer ist sein bester Freund.

Dass diese Unfähigkeit, mit seinen Gefühlen umzugehen am Nachnamen liegt, schließe ich jetzt einfach mal aus. Die Familie könnte aber schon einen großen Anteil daran haben. Alex hatte es nicht leicht als Kind. Er musste immer den großen, starken Beschützer für Matt spielen, er hat unter den ständigen Streitereien seiner Eltern gelitten und alles getan, um ihren Ansprüchen gerecht zu werden, weil er dachte, so könne er sie zusammenhalten. Er wollte immer alles richtigmachen und vieles davon hat er auch richtiggemacht, aber ich glaube, er hat sich selbst dabei einfach vernachlässigt.

Dass er jetzt so versessen darauf ist, das erste, was er wirklich wollte und haben konnte, auch zu bekommen, kann ihm wohl keiner übelnehmen. Es war schon ein großer Schritt für ihn, sich gegen das Jurastudium zu entscheiden und dann auch noch dafür, in den Fußball einzusteigen, obwohl er genau wusste, dass seine Eltern, vor allem seine Mum, davon nicht viel halten werden. Aber grade, dass er es trotzdem gemacht hat, weil er es wollte und weil er wusste, dass er somit etwas erreichen kann, das ihn glücklich machen wird, beweist für mich, dass er erwachsen wird.

Er ist kein Kind mehr und er denkt wie keines. Er weiß, dass er für sich selbst sorgen muss und er hat die Hoffnung darauf, Teil einer funktionierenden Familie zu sein, aufgegeben. Er will jetzt sein eigenes Ding durchziehen, unabhängig von seinen Eltern und seinen Freunden und mir. Sowas erfordert viel Mut und Entschlossenheit.

Ich halte es nicht für herzlos, dass er mich für seinen Traum aufgegeben hat. Natürlich leide ich darunter und es wäre mir lieber wir wären noch zusammen und ich könnte ihm beistehen und ihn unterstützen und für ihn da sein, aber ich war eben nie Teil seines Traumes und ich will dem auch nicht im Wege stehen.

Wie schon mal erwähnt, wünsche ich meinem Löwenbaby nur das Beste. Aber grade deshalb kann ich mich nicht auf dem Gedanken, dass er Fußball spielt ausruhen. Ich bezweifle, dass er so glücklich werden kann. Er wird sich für viele Jahre verstecken müssen und ständig mit dieser Intoleranz konfrontiert sein, er wird immer Angst haben müssen und niemals Liebe zulassen können. Das klingt so einsam für mich. Verloren. Ich hoffe wirklich für ihn, dass Fußball alles, was er dafür aufgegeben hat, irgendwie wiedergutmachen kann. Ihm ein Zuhause bietet, irgendwie.

So in Gedanken versunken, laufe ich in mein Zimmer. Eigentlich will ich mich sofort in mein Bett werfen und sehen, was der Tag noch so bringt, doch von diesem Vorhaben werde ich abgehalten, als ich John in meinem Zimmer entdecke. Er steht vor dem Spiegel und probiert Klamotten an.

„Wo soll's hingehen?"

Überrascht dreht er sich zu mir. Er scheint sich jedoch sofort zu freuen, mich zu sehen. „Hei. Ich habe einen Termin. Ist aber ein Geheimnis" Er grinst verschmitzt und wendet sich dann wieder dem Spiegel zu.

Er trägt eines der Hemden, die mir etwas zu groß sind und ihm dementsprechend perfekt passen. Er scheint aber noch eine passende Jacke zu suchen und wühlt daher weiter herum.

Wir sollten vielleicht wirklich langsam mal vereinbaren, wem von uns welche Klamotten gehören. Irgendwann wird einer von uns ausziehen müssen und Kleidung mitnehmen, oder?

Der Gedanke gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht. Ich mag es hier, mit John. Es funktioniert grade echt gut und ich glaube auch, wir brauchen uns irgendwie, um uns gegenseitig auf Trab zu halten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie mein Tag ohne John ablaufen soll.

„Wieso ist es ein Geheimnis?", will ich wissen, während ich mich aufs Bett setze und ihm dabei zusehe, wie er in meinem Schrank herumkramt.

„Weil halt. Jetzt mach mir keinen Druck"

„Ich weiß doch noch nicht mal, worum es überhaupt geht!" Halb empört und halb belustigt schüttele ich den Kopf. John scheint nervös zu sein. Wer weiß, was er geplant hat.

„Oh nice. Wo hast du das Teil denn her?" John wirft sich eine Lederjacke um. Er passt perfekt rein und sie steht ihm unglaublich gut. Trotzdem versetzt es mir einen schmerzhaften Stich, sie an ihm zu sehen. Es sieht gut aus, aber falsch.

„Zieh sie bitte aus" Ich stehe auf und gehe langsam auf ihn zu.

„Wieso? Ich sehe mega aus. Das wird meine neue Lieblingsjacke. Woher hast du die?"

„Die gehört Alex. Zieh sie aus" Diesmal bleibt das bitte weg und ich klinge deutlich fordernder.

John dreht sich zu mir, sieht mit an und zieht dabei die Augenbrauen leicht zusammen. Gleichzeitig schlüpft er aus der Jacke und hält sie mir dann hin, weil er genau weiß, dass ich sie nehmen will. Ich drücke sie an mich, beinahe so als müsse ich sie vor John beschützen. Als sei sie mein Schatz, den ich mit keinem teilen will. Und irgendwie ist es ja auch so.

„Hast du noch mehr Sachen von ihm?", will John misstrauisch wissen.

Ich nicke wortlos.

Aus der Wäsche kamen noch ein paar Oberteile, die nur ihm gehören können. Ich habe sie schön sorgfältig zusammengelegt und in eine extra Abteilung des Schrankes gelegt. Und da verweilen sie seitdem unangerührt, genauso wie die Jacke, die er mir gegeben hat, weil er meine behalten wollte. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er sie mir geschenkt hat, aber selbst wenn, würde ich sie jetzt nicht mehr haben wollen. Ich könnte sie niemals tragen ohne dabei schmerzhaft an ihn erinnert zu werden und in meinem Schrank vergammeln soll sie nicht. Ich sollte sie Alex zurückgeben.

Dieser Meinung ist auch John, das macht er mir sehr deutlich, als er sagt, dass ich die Sachen nicht auf ewig behalten kann und ich, wenn ich nicht vorhabe, um ihn zu kämpfen, mit ihm abschließen sollte. Dazu gehört es wohl auch, ihm seine Sachen zurück zu geben.

Das bedeutet ich muss ihn anrufen. Seine Stimme hören und mit ihm reden. Allein der Gedanke daran bringt meinen Magen dazu, aufgeregt zu kribbeln. Es ist so paradox. Ich freue mich darauf, einen Grund zu haben, mich bei ihm zu melden. Ich freue mich darauf, ihn zwangsläufig sehen zu müssen. Noch ein letztes Mal. Und dann wird es mir bestimmt viel einfacher fallen, ihn zu vergessen.

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