chapter 74

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Wir beraten uns gegenseitig bei unseren Outfits und haben auch jede Menge zum Lachen. Ich kann mit Überzeugung sagen, dass ich Ryan in diesen paar Stunden komplett ausgeblendet habe und kein einziges mal an ihn denken musste.
"Wie findest du die?", fragt Cole, als er in einer neuen Hose aus der Umkleide kommt. "Die ist viel zu eng. Ich meine, ja du bist schwul aber trotzdem ist das viel zu eng!", beklage ich mich und kann gar nicht richtig hinsehen, weil seine Beine sogar dünner sind als meine. Man sollte dem armen Jungen etwas zum Essen geben. "Okay, ich probier' sie in einer Nummer größer. Kannst du sie mir bringen während ich mich aus der häute?", fragt er und verschwindet dabei wieder in der Umkleide. "Ja mach ich", antworte ich und ziehe los, um die Hose zu finden.
"Hier!", warne ich ihn vor und öffne daraufhin leicht den Vorhang, damit ich ihm die Hose überreichen kann. "Danke. Bring die gleich zurück!", bittet er mich und ich lege die zu enge Hose auf die Seite.
"Und?", frage ich nach einer Weile und der Vorhang wird aufgezogen. "Die ist eindeutig besser!", bewundere ich die Hose. "Sie ist auch angenehmer. Ich habe nur angst, dass sie zu tief hinunter rutscht..", meint Cole und daraufhin bringe ich ihm einen passenden Gürtel und das Problem ist gelöst.
So vergeht abwechselnd der ganze Nachmittag. Einmal bin ich die Schaufensterpuppe und einmal er.
Im Endeffekt kaufen wir beide relativ viel und sind nach ein paar Stunden extrem erledigt und wünschen uns eigentlich nur in ein Bett fallen zu können.
Wie setzen uns kurz auf eine Bank und legen somit eine kleine Verschnaufpause ein. "Hast du Hunger?", frage ich ihn und stupse ihn dabei ein. "Geht.. möchtest du schon essen gehen? Es ist kein Problem für mich, wenn wir schon gehen!" Ich überlege kurz, aber stimme dann seinem Vorschlag zu und wir machen uns auf die Suche nach einem passenden Lokal.
Wir entscheiden uns im Endeffekt für einen Thailänder, der ziemlich gut besucht ist. In irgendeiner Ecke, findet das Personal dann doch noch einen Tisch für uns, den wir dankend entgegen nehmen und anfangen in der Speisekarte zu blättern.
"Was nimmst du?", fragt mich Cole, mit starrem Blick auf die Karte. "Ich weiß es noch nicht. Für so ein kleines Restaurant haben sie eine viel zu große Speisekarte!", beklage ich mich und lese die ganzen Gerichte noch weitere 10 mal durch, bis ich mich endlich entscheiden kann.
Das Essen ist fantastisch und Cole und ich haben viel Spaß. Mit ihm hat alles eine heitere Stimmung und ich ärgere mich echt, dass er nicht auf Frauen steht. Ich glaube mit ihm würde ich mich nie so viel streiten wie mit Ryan. Immerhin haben wir noch nie gestritten und Ryan und ich haben fast jeden Tag kleine Auseinandersetzungen. Da war es zu erwarten, dass irgendwann eine große folgt, die unsere gesamte Beziehung in Frage stellt.
Und jetzt sitze ich hier, mit meinem schwulen besten Freund und versuche meinen festen Freund durch thailändisches Essen und Shopping zu vergessen.

Nach dem Essen bringt mich Cole nach Hause, obwohl ich eigentlich noch gar nicht in die Realität zurück möchte. Für immer an Coles Seite zu sein, ist aber leider auch keine Lösung also steige ich aus dem Auto aus, aber lehne mich noch ein letztes mal kurz durchs Fenster hinein. "Und schreib mir, wie das Date mit dem Ginger war!", vordere ich ihn auf und wir lächeln uns zum Abschied zu und daraufhin wende ich mich von ihm ab und er fährt los.

Dadurch, dass es nicht so spät ist, sind meine Eltern noch wach und meine Mutter macht mir die Türe auf. "Wie war dein Tag?", fragt sie mich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Auf so etwas habe ich im Moment ja gar keine Lust. "Ja war ganz okay", antworte ich knapp und gehe daraufhin direkt in mein Zimmer. Auf dem Weg rufe ich meinem Vater noch ein schnelles "hallo" zu, und schließe mich dann in meinem Zimmer ein, weil ich keine Lust habe, dass meine Mutter jeden Moment herein kommt, nur um einen Stapel Wäsche abzulegen.
Ich ziehe mich kurz um, schminke mich ab, und setze mich anschließend an den Schreibtisch und lerne ein wenig. Es tut gut, so beschäftigt zu sein und gar keine wirkliche Zeit für sinnlose Gedanken an Ryan zu haben. Nach einer Dreiviertelstunde muss ich dann aber doch kurz auf mein Handy sehen und das artet dann ein wenig aus, indem ich wie auch immer auf meinem Bett lande und mir Videos tanzenden Kängurus ansehe. Ich habe wirklich keinen blassen Schimmer, wie das zustande gekommen ist.
Nach diesem äußerst interessanten Video gehe ich ein wenig auf Instagram. Und sehe, dass Ryan etwas gepostet hat. Ein Bild von sich, das mein Herz auf die Größe einer Rosine schrumpfen lässt. Er sieht so unglaublich gut aus. Das ist mein erster Gedanke. Noch geht es mir gut. Aber wie wir Mädchen nunmal sind reicht uns das nicht und wir müssen alles mögliche untersuchen. Und dann stoße ich auf die Kommentare. Von Mädchen. Die sich ekelhaft offensichtlich versuchen an Ryan ranzumachen. Weiß jetzt etwa die ganze Welt, dass wir nicht mehr so wirklich zusammen sind? Und diese Kommentare teilen die kleine Rosine in meinem Körper in zwei. Und dann, weil das natürlich noch nicht genug Schmerz für mich ist, schaue ich mir alle genau an. Und seine Antworten. Und die Profilbilder von diesen blöden Mädchen. Mit ihren perfekten Haaren. Und Make up. Und Körper.
Irgendwann fühlt es sich nur noch so an, als gäbe es die Rosine gar nicht mehr. Ich fühle nichts und zugleich so viel, dass ich nicht einmal weinen kann. Und nicht schreien. Gar nichts. Ich liege einfach starr in meinem Bett und schaue ins Nichts. So eine unnötige Kleinigkeit kann den ganzen Tag versauen. So etwas einfaches und irrelevantes. Es ist krank zu was wir geworden sind und von was wir uns das Herz brechen lassen.
Ich wusste damals ganz genau, warum ich niemanden mehr in mein Herz schließen wollte. Und jetzt weiß ich erneut, dass es das beste so war.

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