chapter 8

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Nach der 7. Stunde kann ich endlich das Wochenende begrüßen. Und das mache ich gleich mit Grace, indem ich mit ihr einen Kaffee trinken gehe. Ich bin ihr eigentlich mehr als dankbar dafür, dass sie so oft ihre Zeit für mich verschwendet. Immerhin hat Grace im Gegensatz zu mir sehr viele Freunde und könnte mit 1000 anderen etwas machen. Das traurige an der Sache ist aber, dass ich mich nie wirklich dafür bedanke. Irgendwie habe ich das verlernt.
Während wir also im Starbucks sitzen reden wir wie immer über alles mögliche. Sie ist Samstag und Sonntag bei ihren Großeltern, also können wir an den Tagen nichts unternehmen. Aber sie versichert mir, dass ich sie jederzeit anrufen kann wenn ich etwas brauche oder jemanden zum Reden benötige. Dankend nehme ich ihr Angebot an, aber ich weiß noch nicht ob ich es überhaupt gebrauchen werde. Als wir beide eine Weile schweigend da sitzen fällt mir auf, dass ich nie wirkliche Pläne am Wochenende habe. Das möchte ich jedoch ändern. Ich kann nicht immer nur zu Hause oder hier in der Stadt sein. Ich muss auch mal raus und frische Luft schnappen. Und genau das trifft es auf den Punkt. Ich kann nicht wie eine Gefangene für immer in diesem Kaff bleiben. Ich muss raus. Und noch am selben Tag suche ich Tagestrips in den nächstgelegenen Städten. Das einzige was meinen Erwartungen entspricht ist ein Wellness Hotel. Das liegt abgelegen von der Zivilisation und ist von einem kleinen Wald umgeben. Klingt mehr als entspannend. Das Ding ist nur, dass ich selbst kein Auto besitze und meine Eltern mir bestimmt nicht eines von ihren borgen wollen. Also bleibt mir wahrscheinlich nichts anderes übrig als Mum zu fragen, ob sie auch mitkommen will. Erstaunlicherweise nervt sie mich in letzter Zeit gar nicht mehr so sehr. Ab und zu könnte ich noch immer total ausrasten, aber es hat sich deutlich gelindert und das freut mich. Ich hasse es meine Eltern nicht zu mögen. Ich wäre gerne so wie alle anderen, die sich mit ihren Eltern bestens verstehen und wo die Mutter die beste Freundin ist. Bei mir kann ich mir das zwar eher weniger vorstellen aber das ist nicht so wichtig, es ist ja auch nur bei anderen süß. Bei mir selbst brauche ich das nicht unbedingt.
Kurz notiere ich in meinem Hirn einige Argumente, falls ich Mum dazu überreden muss. Als ich in die Küche komme steht sie totenstill in der Mitte und ist an ihrem Handy."Mum?",frage ich und sie blickt kurz auf. Nachdem sie mich gesehen hat lächelt sie automatisch und legt ihr Handy beiseite. "Was gibt es denn?" Ich formuliere noch schnell einen Satz in meinem Kopf und Frage sie dann, ob wir gemeinsam ein Wellness-Wochenende verbringen wollen. "Wo ist das denn?", fragt sie nach, doch sie lächelt mit breit zu, also ist sie einverstanden. "Wo genau weiß ich jetzt gar nicht aber es ist ziemlich abgelegen und von einem Wald umgeben. Also ist es schön still und man hat mal Ruhe vom stressigen Alltag. Und aja! Man darf dort erst ab 15 hin, das bedeutet es gibt keine nervigen Kleinkinder die herumschreien!" "Wann möchtest du fahren?",fragt sie und ich werde von ihrem Lächeln angesteckt. Es ist komisch. Seit dem Schulanfang bin ich wieder fröhlicher. Ich bin nett zu meiner Mum und generell habe ich das Gefühl, dass es mir besser geht und das freut mich. Ich habe es satt jeden Tag aufs neue alles um mich herum zu verabscheuen.
Wir fahren bereits noch am selben Tag weg. Denn wir wollen morgen früh nicht in einen Stau geraten und außerdem haben wir dann den ganzen Samstag um zu entspannen. Die Autofahrt ist sogar ziemlich gelassen. Mum erzählt mir, dass sie mit Dad demnächst auch einen Kurztrip geplant hat. Sie wollen ihren Jahrestag mal so richtig feiern und ich freue mich für sie. Erst jetzt realisiere ich wie schnell sie mit allem abgeschlossen hat. Ihr fiel das Ganze so viel leichter als mir. Zumindest wirkt es so.
Als wir im Hotel ankommen ist es schon längst dunkel. Hier draußen im Nichts sieht es so aus, als gäbe es 50-mal so viele Sterne als bei uns zu Hause. Das liegt aber auch nur daran, dass es hier stockdunkel ist und es keine Straßenbeleuchtung gibt. Als ich mir das Gebäude ansehe staune ich. Ich sehe zwar nicht viel, aber ich sehe ein beleuchtetes Dachpool und auch mehrere Pools die am Rand des Hauses sind. Sie haben eine Glaswand also kann man das hell leuchtende Wasser sehen und es sieht einfach traumhaft aus.
Nachdem wir die Zimmer bezogen haben legt sich meine Mutter erschöpft ins Bett und schreibt Dad, dass wir gut angekommen sind. Ich allerdings möchte noch in so ein beleuchtetes Pool. Bis 24 Uhr sind sie geöffnet und es ist erst knapp 10 Uhr. Schnell schlüpfe ich in meine Badesachen und werfe mir einen dieser typischen weißen Bademäntel über. Dann mache ich mich auch schon mit dem Aufzug auf den Weg ins letzte Stockwerk, denn ich möchte unbedingt auf das Pool am Dach. Immerhin ist es dort oben nachts bestimmt am Schönsten. Und als ich das Dach betrete kann ich das nur bestätigen. Es sieht unglaublich aus. Das tolle an der ganzen Sache ist, dass es nicht ein riesiges sondern ganz viele kleine Pools sind. Es sieht unfassbar schön aus. Es sind nur wenige Leute hier also nehme ich mir ein eigenes Pool am Rand. Davor mache ich noch ein kleines Video von dem Dach für meine Snapchat Geschichte. Anschließend folgt noch ein Foto von meinem Buch und meinen Beinen, die im Wasser sind. Basic. Das Wasser ist angenehm warm und ich genieße diesen Moment in vollen Zügen. Es wirkt wie ein Traum. Der Himmel ist sternenklar und sieht atemberaubend aus, mein Buch mutiert gerade zu meinem neuen Lieblingsbuch und ich sitze in einem eigenen kleinen Pool. Und die Stille toppt alles. Im Moment fühle ich mich so frei von allem. Selbst ein Snap von Ryan verdirbt mir das Ganze nicht.

unexpected LoveWhere stories live. Discover now