chapter 49

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Ganz klassisch unterbricht Ryans Handy unseren Kuss und so habe ich wenigstens ein wenig Zeit mich wieder zu fangen. Ich stehe auf und gehe zur Terrassentüre. Auch wenn ich nicht unbedingt lauschen möchte, bekomme ich trotzdem mit dass das am Handy seine Schwester sein muss. Und nachdem er beschäftigt scheint, versuche ich irgendwie die Türe aufzumachen und gehe dann nach Draußen. Irgendwie brauche ich das. Zu lange in geschlossenen Räumen zu sein tut mir irgendwie nicht gut. Ich sehe zwar nicht viel, aber durch das Licht aus dem Wohnzimmer kann ich doch erkennen, dass Polsterstühle sowie ein niedriger Tisch in der Ecke stehen. Vielleicht mag das jetzt unhöflich sein, aber ich setze mich einfach hin. Von hier aus hat man einen tollen Blick auf den dunklen Garten sowie den Himmel.
Wenige Minuten vergehen, als plötzlich Licht angemacht wird. Sofort drehe ich mich um und sehr Ryan auf mich zu kommen. Mit zwei Gläsern in der Hand. "Meine Mutter meinte, ich muss dir ein Dessert servieren.. also hat sie eines gemacht. Ach, und ich soll dir schöne Grüße von allen ausrichten." Er setzt sich auf den anderen Stuhl und ich bin überwältigt, wie lieb seine Familie zu sein scheint. Er stellt mir eines der Gläser hin und ich stelle fest, dass es ein Tiramisu ist. Das erkenne ich sofort. "War das deine Schwester am Telefon?",frage ich nach und esse einen Löffel. Diese Familie wurde mit ihren Kochkünsten gesegnet! "Sie hat mich förmlich ausgefragt über dich. Ich musste ihr sogar sagen, was du anhast und welche Farbe deine Nägel haben. Und nicht zu vergessen, was du getrunken hast!", er macht sich auf eine liebevolle Weise über seine Schwester lustig, von der ich gar nicht wusste, dass sie existiert. "Sie ist dir echt wichtig oder?" Es sollte verboten werden, diese Nachspeise in solch kleinen Mengen zu servieren. Ein Kanister würde es tun. "Ja." Mehr sagt er nicht sondern stochert im Tiramisu herum. Das arme Ding, wird vollkommen zerstört. Dann holt Ryan sein Handy wieder aus der Tasche, was mich erst verärgert. So eine schlechte Gesellschaft kann ich ja wohl nicht sein oder? Ich beobachte ihn dabei, wie er immer wieder auf dem Bildschirm tippt. "Das ist sie",er zeigt mir ein Bild von ihr und ich muss feststellen, dass sie nicht besonders viele Ähnlichkeiten haben. Sie hat blonde Haare und ihre Gesichtsform gleicht seiner überhaupt nicht. Nur ihre Augen ähneln seinen sehr. "Sie ist wirklich schön." Und das meine ich auch so. Für ihre zarten 12 Jahre sieht sie echt sehr gut aus. Ryan lächelt und sieht dann zu mir. "Sich weiß das passt gerade nicht so gut.. aber könntest du dir mittlerweile eine Beziehung mit mir vorstellen?",während er das sagt, schaut er auf den Boden. Es ist erstaunlich wie unsicher er manchmal sein kann. Bis vor ein paar Wochen hätte ich nichtmal geglaubt dass er jemals nervös sein könnte. "Ja." Daraufhin sieht er auf, und sein Gesichtsausdruck ist viel zu niedlich, um ihn genau zu beschreiben. "Heißt das jetzt, dass du ernsthaft mit mir zusammen sein willst?" Ich muss kurz Schlucken. Jetzt ist der Zeitpunkt dafür gekommen. "Davor muss ich dir aber noch etwas sagen.."

"Bitte sag nicht dass du eigentlich verheiratet bist und bald nach Irland ziehst!",dabei faltet er total übertrieben die Hände und schaut in den Himmel, als würde er beten. "Ryan, es ist wirklich ernst." Nicht, dass ich nicht dankbar bin für diese Auflockerung des Gesprächs, aber es ist nicht ganz so angebracht. "Jetzt machst du mir Angst..",sagt er und lehnt sich zurück, während sein Blick starr auf mir liegt. Ich mich aber von ihm abwenden, denn ich hätte es wahrscheinlich gar nicht erst über's Herz gebracht ihm das alles ins Gesicht zu sagen. "Also als ich ungefähr 10 war hat alles angefangen.. du musst wissen, dass wir früher nicht so viel Geld zur Verfügung hatten und meine Eltern ein wenig überfordert waren mit der ganzen Situation. Und als 10-jährige braucht man nunmal ständig neue Klamotten, weil man ja wächst... Naja so wichtig war das jetzt eigentlich nicht..", ich verliere kurz den Faden, fänge mich dann aber schnell wieder. "Auf jeden Fall hatte mein Vater so etwas in der Art wie Depressionen... er wurde zum Alkoholiker und wurde ein wenig... Naja wie soll man's sagen.. Aggressiv." Ich muss Schlucken. Vor allem, dass ich ihn 'meinen Vater' nenne tut mir weh. Für mich bleibt er einfach nur ein Name unter vielen. Aber den Titel 'Vater' zu bekommen, hat er nicht verdient. "Und naja.. wenn er eben angetrunken war und er wütend war brauchte er etwas, wo er seine Wut auslassen konnte.." Ich spüre wie eine heiße Träne über meine Wange rollt. Ich habe die Geschichte schon so lange nicht mehr erzählt. Das letzte Mal war vor mehr als einem Jahr. Grace ist aber die Einzige Außenstehende gewesen, die davon wusste. Also bis jetzt. Ich vertraue Ryan. "Und naja.. er hat dann angefangen mich gelegentlich zu... schlagen." Es tut so verdammt weh. Ich höre, wie Ryan tief Luft einholt. Aber ich bin ihm dankbar, dass er mir nicht dazwischen redet. "Weißt du, es war ja trotzdem mein Vater, er könnte mir doch niemals etwas Böses antun. So naiv war ich! Ich habe ständig an das Gute geglaubt.. Mit den Jahren wurde es immer schlimmer und wegen meiner ganzen blauen Flecken tischte ich  meiner Mutter erst wöchentlich und dann täglich irgendwelche Ausreden auf. Es war schrecklich. Ich habe jegliches Vertrauen in Männer verloren.. ich meine wenn mein Vater mir so etwas antut, dann muss es mit fremden ja noch schlimmer sein. Diese ständige Angst verletzt zu werden, psychisch und physisch, hat meinen gesamten Verstand übernommen.
Es wurde von mal zu mal schlimmer.. Irgendwann hat er mich so fest geschlagen, dass er meinen Oberarmknochen gebrochen hat. Mit bloßen Händen! Das ist doch vollkommen krank.. Jetzt habe ich eine Narbe, die mich jeden Tag erinnert, wie schön meine Kindheit doch war. Aber es ist alles in Ordnung." Ich bin fertig. Und trotzdem traue ich mich nicht Ryan anzusehen. Ich habe Angst, dass er mich jetzt verabscheut.

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