chapter 36

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Ich hebe meinen Kopf ein wenig und schaue ihm direkt in die Augen. Er sieht mich ebenfalls an, sagt aber nichts und geht dann an der Seite an mir vorbei. Ich sehe zu Grace, welche nur mit ihren Schultern zuckt. Ich weiß ganz genau, dass sie mehr weiß als sie zugeben möchte, aber selbst wenn ich sie ausquetschen würde, würde sie mir nichts verraten. So ist sie nun mal, eine viel zu Treue Seele.

Irgendwann kommt Ryan wieder ins Klassenzimmer, würdigt mich aber keines Blickes. Warum um alles in der Welt ist er jetzt so zu mir? Ich bin doch die, die böse ist und nicht er. Vielleicht sollte ich zu ihm gehen und erklären, wer hier welche Rolle hat. Das wäre nur ein Vorwand um überhaupt mit ihm reden zu können. Mittlerweile haben wir seit einer Woche nicht mehr miteinander geredet und ich habe ernst zunehmende Entzugserscheinungen. Ich denke ich habe sogar vergessen wie sich seine Stimme anhört. Oder sein Lachen habe ich auch schon vergessen. So war das Ganze nicht geplant.

Wenn ich alleine die Klasse verlasse und kurz darauf zurück komme, erwische ich Grace und Ryan jedes mal bei einer angeregten Unterhaltung. Sobald mich einer der Beiden bemerkt, tun sie so als hätten sie nie miteinander gesprochen. Besser gesagt, als würden sie sich gar nicht kennen. Was soll das eigentlich?

Deswegen bin ich ehrlich gesagt ziemlich froh, als die letzte Stunde aus ist, denn ich wäre jeden Moment ausgeflippt. Meine Stimmung sinkt noch mehr in dem Moment, wo ich sehe dass es draußen wie aus Eimern schüttet. Na toll und ich habe keine Regenjacke oder einen Regenschirm. Ich liebe das Wetter! Ich versuche zwar relativ schnell voran zu kommen, allerdings ist das relativ schwer wenn man jeder Pfütze ausweichen muss, weil man Converse anhat.

Als ich bei der Bushaltestelle bin ich erstmals mehr als glücklich, dass ich mich unter das kleine Dach stellen kann und erst dann komme ich drauf, dass hier viel zu wenige Menschen sind. Normalerweise sind um die Uhrzeit bestimmt 20 Menschen hier. Jetzt sitzt nur ein älterer Mann gegenüber von mir. Bin mir aber nicht sicher ob er vielleicht doch schläft. Also hole ich mein Handy aus meiner Jackentasche und stelle fest dass es viel später ist als ich dachte. Der Bus muss bereits vor 10 Minuten gefahren sein. Verdammt! Ich gehe auf das kleine Schild mit dem Fahrplan zu, um zu sehen wann der nächste kommt. 16:10! das sind fast 2 Stunden! Das halte ich niemals an, bis dahin bin ich ertrunken. Aber es bleibt mir nichts anderes übrig, denn nach Hause zu gehen dauert unter normalen Umständen schon viel zu lange.

Ein Auto fährt vor und wird immer langsamer. Plötzlich wird die Beifahrertür aufgerissen. Ich sehe hin, kann aber nicht erkennen wer drinnen sitzt. "Steig ein!",höre ich Ryan. Niemals! Ich bleibe einfach stehen und hoffe, dass er wegfährt. Doch dann geht auch die zweite Tür auf und er steigt aus. "Jetzt stell dich nicht so auf und steig ein!",ruft er mir über den Lärmpegel des Regens zu. Ich sehe mich kurz um. Es sieht nicht so aus als würde sich das Wetter demnächst ändern. Also gehe ich auf das Auto zu und steige ein.


Die Fahrt ist unangenehmer als ein Familienessen. Wir reden beide kein Wort miteinander und das einzige Geräusch, welches ich wahrnehme ist der Regen und das Geräusch des Motors. Das waren wahrscheinlich die längsten 15 Minuten meines Lebens. Kurz vor meinem Haus wird er langsamer und bleibt dann davor stehen. Warum auch immer steige ich nicht sofort aus. Sollte er nicht zumindest Tschüss sagen? "Madison ich denke wir sollten reden.." Das ist wirklich eine schlechte Idee! Ich greife zum Türgriff und versuche die Tür aufzumachen- vergebens. "Sperr auf!",fordere ich ihn auf und ich werde ein wenig nervös. "Nicht bevor du mit mir geredet hast!" Fahr zur Hölle Ryan Davis! "Gut, dann rede!" Ich lasse mich genervt in den Sitz zurück fallen, verschränke die Arme vor der Brust und starre stur gerade aus. "Sieh mich zumindest an." "Das hier ist kein Wunschkonzert, also rede und lass mich dann gehen." Er seufzt kurz auf und ich höre ihn tief Luft holen. "Madison du hast keine Ahnung wie schrecklich die letzte Woche für mich war. Ich fühle mich verdammt mies weil ich dich einfach habe stehen lassen aber in dem Moment hat mein Hirn einfach ausgesetzt. Ich wollte es wirklich wieder gut machen, aber du hast mich nicht mal mehr angesehen. Das hat mir das Herz gebrochen." "Warum sollte es das? Du hast mich stehen lassen, nicht umgekehrt also tu nicht so als wärst du das Opfer unter uns!" "Das bin ich aber", entgegnet er, "Du steckst das einfach weg, du bist nach außen so wie immer. Ich hingegen konnte nicht mal die Schule betreten, weil ich sonst immer wieder daran erinnert worden wäre dass du mich jetzt hasst." Ich hole tief Luft. Denkt er ernsthaft dass mich das kalt lässt? "Ich habe die letzten Nächte nichts geschlafen, habe mich so leer gefühlt wie ewig nicht mehr und habe vielleicht sogar geweint! Ich habe mich voll laufen lassen, nur dass ich dich endlich vergesse und wäre fast dazu gezwungen worden bei einem ekelhaften Perversling zu schlafen, also erzähl mir nicht dass deine Woche eine Katastrophe war!" Er sieht mich entgeistert an. Anscheinend dachte er wirklich, dass mir das egal war. "Es tut mir so schrecklich leid Maddie, das musst du mir glauben." "Warum sollte es? Ich verstehe es, ehrlich, war wohl echt schwer mich zu knacken aber jetzt hast du's." Er fährt sich mit beiden Händen über das Gesicht und sieht kurz aus dem Fenster. Dabei beobachte ich ihn genau und versuche nicht jeden Moment in Tränen auszubrechen. Ich habe es doch gewusst, dass ich mich von ihm fernhalten sollte. "Ryan, jetzt antworte zumindest, du wolltest immerhin reden. Also Warum sollte es dir leid tun?",dabei schreie ich fast, aber das bereue ich keinesfalls. Erst recht nichht, als er mir ebenfalls schreiend endlich eine Antwort gibt. "Weil ich dich verdammt nochmal liebe Madison!"

unexpected LoveWhere stories live. Discover now