Kapitel 54

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Es war mitten in der Nacht, als ich wegen Schmerzen aufwachte. Mein Atem war angestrengt und meine liegende Haltung gekrümmt. Ich spürte, wie eine Schweißperle über meine Stirn rollte. Doch ich wollte nicht aufstehen, war müde, erschöpft, wollte einfach wieder in der Dunkelhiet versinken. Doch ich konnte nicht. Die Schmerzen hielten mich wach. Es dauerte etwas, bis ich erkannte, woher diese Schmerzen überhaupt kamen und mit einen mal war ich wach. Ich schaute in die Dunkelheit, welche vor meinen Augen war. Leise konnte ich Kyles ruhigen Atem hören, er kitzelte etwas in meinen Nacken. Sein Arm lag noch immer um mich, doch nicht in der selben Position wie vorher. Jetzt wirkte es eher, als sei ich der Teddybär eines kleines Kindes, welches ohne diesen nicht schlafen konnte.

Sachte bewegte ich mich, wollte den Mann hinter mir nicht wecken. Doch es dauerte etwas, bis ich mich von seinen Arm befreien konnte. Auch bis ich das Bett verließ dauerte es noch etwas. Ich saß am Bettrand, spürte, wie meine Brust sich zusammenzog und mir Tränen in die Augen lockte. Aber ich konnte sie zurückhalten, konnte dafür sorgen, dass sie nicht hervorquillten. Mit zittrigen Beinen schaffte ich es vom Bett aufzustehen. leise ging ich zum Kleiderschrank, hockte mich vor diesen hin und öffnete eine Schublade. Vorsichtig tastete ich ab, was für Klamotten sich darin befanden und fand eine von Kyles Boxershorten. Ich nahm diese und schloss das Schubfach wieder. Auf leisen Sohlen ging ich ins Badezimmer und schaltete dort das Licht an.

Ich konnte spüren, wie es meinen Beinen entlanglief. Es ekelte mich nicht, es war normal, etwas komplett natürliches. Ich setzte mich auf die Toielette und reinigte meine Beine mit Toilettenpapier. Nachdem ich fertig war, klämmte ich noch etwas Toilettenpapier zwischen meine Beine und suchte. Ich war mir fast sicher, dass er sowas hier hatte. Er dachte im vorraus, wenn die Periode plötzlich kam, so glaubte ich nicht, dass er alles vollbluten lassen würde, bis man im Wald war. Tatsächlich fand ich im Spiegelschrank eine Packung. Als ich sie öffnete, musste ich schluchzen und ein paar Tränen rannten über meine Wangen. Doch ich legte die Binde ein, zog die Boxershort an, auch wenn sie etwas zu groß war und spühlte das ganze benutzte Toilettenpapier runter.

Sachte ließ ich mich an der Wand hinuntergleiten, bis ich auf den Boden saß. Sie kam zu früh. Wieso ausgerechnet jetzt? Was soll das denn? Sonst kam sie immer wieder zu sät, doch nie zu früh. Ich dachte Stress sorgt dafür, dass die Periode sich nach hinten verzog. Doch dem schien momentan nicht so. Zittrig atmete ich ein und aus, versuchte mich selbst zu beruhigen. Doch es klappte nicht. Ich konnte einfach nicht ruhig bleiben. Konnte nicht Luft holen. Ich hielt mir die Hände vor mein Gesicht und schrie gegen meine Hand. Ich würde doch sowies übermorgen sterben, warum ließ man mir die Zeit nicht, wieso wurde meine ohnehin schon kurze Zeit verkürzt? Hasst mich diese Welt wirklich so sehr, dass sie mich so schnell wie möglich loswerden wollte? Es gab so viele Möglichkeiten, wann ich hätte sterben können, wann ich zusammen mit Kyle von dieser Welt gehen konnte. Lebt er richtig, sodass man ihn leben lässt? Hättten wir nicht bei der Verfolgungsjagt sterben können? Dann wäre die Welt von einen Kriminellen befreit gewesen, der das Leben von anderen ruiniert. Doch es traf mich und auch wenn es falsch war, so wünschte ich in diesen Moment einfach jeden anderen den Tod. Ich wollte nicht sterben, nicht ermordet werden. Doch es schien so, als ob es heute so weit wäre.

Natürlich hate ich ihn geweckt. Natürlich hatte er mich gehört. Ich sah zu ihn auf, als der Mann ins Badezimmer kam. Er beachtete mich nicht einmal, ging gleich zum Spiegelschrank, sah die offene Bindenpackung und schloss den Schrank wieder. Selbst ohne die offene Packung hatte er es gewusst. Das Blut auf dem Bett sagte mehr, wie ich es konnte. Ich zitterte am ganzen Körper, mir war übel und trotzdem wischte ich die Tränen weg, wollte aufhören zu weinen. Ich wusste doch was kam. Hätte mich doch auf den Tag vorbereiten können. Doch war man jemals bereit dafür? Nein, die meisten wissen nicht einmal das der Tag gekommen ist. Andere belächeln diesen Tag, spürten, was passiert. Doch die Menschen die es belächeln, hatten ein Leben wie sie es wollten, sind alt geworden, bereuten nichts an das sie sich erinnern konnten.

"Tut mir leid." Sagte ich, als ich meine Tränen wegwischte, doch es brachte nichts, sie wurden sogleich von neuen ersetzt.

"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Na komm, lass uns runtergehen."

Ich sah auf die volltattoowierte Hand, welche mir entgegengehalten wurde. Ich legte meine in seine und wurde von ihn auf die Beine gezogen. Doch ich konnte mich nicht halten. Bevor ich wieder auf den Boden sackte, hob Kyle mich hoch und trug mich ins Wohnzimmer, wo er mich auf der Couch absetzte. Doch er ging in die Küche. Nach kurzer Zeit konnte ich hören, wie der Wasserkocher arbeitete. Das klicken, als er fertig war, war sehr leise zu hören. Nach gut zehn Minuten kam Kyle wieder zu mir. Ich hatte mich in der Decke eingewickelt und sah still auf den ausgeschalteten Fernseher.

"Ich werde noch etwas brauchen." Meinte er, wärend er mir die Tasse in die Hand drückte.

Der Geruch von Orangentee stieg in meine Nase und ich nickte etwas beteilungslos. Ich fühlte mich so komisch, so leer. Als hätte man mit einem mal mir alles geraubt, was mich aus machte. Kyle ging zu der Terassentür und schloss sie zu. Es war, als ob er mir zeigen wollte, dass es hier keinen Ausweg mehr gab, dass ich jetzt nicht mehr auf dumme Ideen kommen sollte. Mich interessierte es aber nicht. Ich hatte es ja verstanden und es mehr oder weniger akzeptiert. Ich war mir selbst nicht so sicher, ob ich Angst verspürte. Ob es wirklich Angst und Panik war, was in mir herrschte. Ich wusste nur, dass ich nicht bereit war. Kyle musste es ja noch nicht mal aussprechen, damit ich wusste was sache war. Ich wärmte meine Hände an der Tasse, trank ein paar mal darauß und griff an das Halsband. Ich hatte es kein einziges mal abgenommen, egal wie ungewohnt es war, egal wie sehr es drückte, wenn ich gelegen hatte.

Amokalarm - In den Händen eines Mörders Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt