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Ich schaute in Marcos strahlende Augen und musterte ihn unsicher, als sich sein rechter Arm locker um meine Hüfte legte. Seine linke Hand umgriff meine rechte sanft, aber bestimmend, bevor er mit seinem rechten Fuß einen Schritt nach vorne wagte und sich mein Fuß automatisch nach hinten bewegte. Meine Augen fixierten unsicher unsere Füße, oder eher seine, schließlich wurden meine von dem hautengen, glatten, weißen Kleid mit tiefen Rückenausschnitt bedeckt. Plötzlich spürte ich Marcos Zeigefinger unter meinem Kinn. Vorsichtig lenkte er somit meinen Blick wieder in seine Richtung: „Hör auf, auf unsere Füße zu starren. Sieh nur mich an. Wir schaffen das schon." wisperte er leise und schenkte mir ein optimistisches Lächeln. Um uns herum wurde die Tanzfläche von Blumen umrandet und Lichterketten, die von der Decke baumelten, tauchten die alte Scheune in ein warmes Licht. Ich atmete nervös aus: „Wir hätten öfter üben sollen." lachte ich leise und versuchte meine Sorgen zu überspielen. Marco schüttelte seinen Kopf kaum merkbar: „Nein, so sind wir nicht." auch er lachte leise. Ich legte meinen Kopf schräg und verzog kurz meinen Mund, bevor ich zu strahlen begann: „Da hast du recht." lachte ich nun herzhafter. Plötzlich löste Marcos Arm sich von meiner Hüfte und ehe ich mich versah wurde ich in eine überschwängliche Drehung verwickelt. Sachte leitete er mich wieder gegen seine Brust. Sein Arm umschloss mich nun ziemlich fest als hätte er Angst ich würde mich von ihm lösen und seine Augen glitzerten gefährlich. Ich löste meine rechte Hand aus seiner und meine linke nahm ich von seiner Schulter, um meine Hände in seinem Nacken verschränken zu können. Mein Körper schmiegte sich ganz eng an seinen trainierten Oberkörper, der in einem weißen Hemd und tiefblauem Jacket steckte. Bevor sich meine Lippen auf seine legten und sie miteinander verschmolzen, atmete ich tief aus und grinste ihn zufrieden, nein erleichtert an. Dem klassischen Paartanz folgte nun ein sanftes im Kreis hin und her Schaukeln. Wir konzentrierten uns nur auf uns. Der erste Tanz als Ehemann und Ehefrau und das nach knapp eineinhalb Jahren Beziehung. Doch ich war mir sicher, ich war der festen Überzeugung, dass uns nichts du niemand trennen könnte. Marco war meine große Liebe, mein Seelenfrieden, mein Halt. Ohne ihn wollte ich nicht mehr sein. Ich wollte Kinder mit ihm, eine ganze Scharr am Liebsten und hatte mir fest vorgenommen immer um unsere Liebe zu Kämpfen. Gerade als wir uns lösten und Marco mich stolz in die Arme meines Vaters übergab, wachte ich auf. In meinem neuen Bett. Eines, das mir fremder nicht sein konnte - und unbequem war es noch dazu. Seufzend setzte ich mich auf und fuhr mich fassungslos über mein Gesicht. Hatte ich gerade wirklich von Marcos und meinem Hochzeitstanz geträumt? Es fühlte sich so real an, als würde ich noch einmal genau diesen Moment erleben. Ich spürte diesen Kuss beinahe so realistisch, dass ich mir sofort wehmütig mit meinem Zeigefinger über die Lippen fuhr - doch leider gelang es mir nicht, dieses Prickeln auf meinen Lippen und somit das Gefühl aus meinem Traum, wieder zum Leben zu erwecken. Ich rieb mir die Augen gleich nochmal, bis ich aufschreckte - und doch wieder in mich zusammen sackte. Theo war bei Marco. Er war immer noch krank und Marco wollte, dass ich ausschlafen konnte, damit ich selbst auch wieder fit wurde. Die Grippe die ich hatte hielt aber komischerweise nur einen Tag an. Das Fieber war hart, aber verflog schnell. Was das wohl war? Prüfend legte ich meine Hand auf die Stirn. Nichts - ich fühlte mich beinahe wieder ganz fit. Ob ich nicht doch lieber zum Arzt... - nein, unterbrach ich meine eigenen Gedanken. Nachdem Marco und ich bei unserem Spaziergang auf Mario und Ann-Kathrin trafen und wir ein paar Meter zusammen weitergingen, hatte ich mich nach etlichen Wochen mal wieder mit meiner eigentlich engsten Freundin verabredet. Es war bitter nötig. Schließlich brauchte ich sie. Das mussten wir wieder hinkriegen. Ich hatte mir fest vorgenommen sie zu fragen, warum sie sich so von mir entfernte.
Genau das Vorhaben hatte sich auch nicht geändert als ich wenige Stunden später über den Parkplatz unseres Lieblingscafés schlenderte und nach ihrem Auto Ausschau hielt. Währenddessen schweiften meine Gedanken immer wieder zu diesem Traum ab, den ich hatte. Sollte mir das irgendetwas sagen? Die Erinnerung an diese unbeschwerte Zeit jedenfalls war wunderschön und traurig zugleich. Ob ich die frühe Hochzeit mit Marco bereute? Eigentlich nicht. Eher bereute ich unser Verhalten danach. Man musste weiterhin an sich arbeiten und aufeinander zugehen, auch wenn man miteinander verheiratetet war. Marco und ich hatten ganz schönen Bockmist gebaut, dazu zählte nicht nur sein Fremdgehen, sondern auch alles was davor geschah. Meine Distanz und, dass ich es nicht gemerkt hatte wie viel Sorge ihm die Vaterrolle bereitete. In wenigen Wochen müsste Marco seine Profikarriere beenden, wenn sein Vertrag nicht doch noch überraschender Weise verlängert werden würde. Dann wären wir endlich an den Punkt gekommen, den ich mir schon sehnlichst ausgemalt hatte. Hätten wir doch nur so lange durchgehalten. Dann wäre alles anders gelaufen, ich hätte nicht mehr so viel Stress gehabt, hätte wieder arbeiten gehen können. Stattdessen stand nicht nur meine Ehe vor dem Aus, sondern auch meine berufliche Karriere, sollte die Klage von Louisa durchgehen. Ein Schauer überfuhr mich bei diesem Gedanken. Ich wurde einfach vom Verein suspendiert. Einfach so, ohne beweise, ohne Gespräch, ohne Verständnis. Wollte ich dort überhaupt wieder Fuß fassen?
Schnell schob ich diese Gedanken beiseite und begrüßte Ann am Eingang. Sie schien auf mich gewartet zu haben. Ich lächelte zuversichtlich als wir an unserem Stammplatz ankamen und uns auf die Sessel fallen ließen.
Als wir uns sortiert hatten und sogar schon unsere Bestellung aufgenommen wurde, räusperte ich mich einmal unelegant und ließ, wie immer wenn ich mir etwas fest vorgenommen hatte, nichts anbrennen: „Jetzt sag schon, warum du mir seit Wochen aus dem Weg gehst. Ich merke doch, dass es nicht nur der Stress von Marios und deiner Trennung und deine Reisen mit diesem Spanier sind." ich lachte leise, um meine Angst vor ihrer Antwort zu überspielen. Anns Blick wurde plötzlich ganz kalt: „Bella, tu nicht so. Du weißt es doch selbst ganz genau, warum ich meide und dir nicht ohne wütend zu werden in die Augen sehen kann." sie lachte etwas verstreut und schaute sich nervös um. Ich runzelte meine Stirn und schaute sie mit ernster Miene an: „Nein, was sollte ich denn wissen?" fragte ich ahnungslos - noch.

Optimisten - Marco ReusHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin