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Mats musste mir einen kleinen großen Schubser geben, damit ich die ersten Schritte machte in Richtung Marco.
Während der ersten Schritte war ich noch ziemlich klein und unsicher, doch mit jeden weiteren Schritt fasste ich neuen Mut. Es musste sein. Schließlich hatte ich mich jetzt final dazu entschieden, dass ich die Scheidung wollte. Mittlerweile war ich mir sicher, dass es über kurz oder lang ohnehin dazu gekommen wäre. Marco und ich, wir taten uns nicht mehr gut. Man musste mich nur ein Mal ansehen - und seine Taten revue passieren lassen. Diese Ehe war gescheitert und heiraten würde ich nie wieder. Das schwor ich mir auf dem Weg von Düsseldorf nach Brackel.
„Bella..." wisperte Marco ungläubig als er mich bemerkte. Ich schüttelte den Kopf - und kramte in meiner Handtasche herum. „Bella, wir müssen unbedingt reden, wir kriegen das wieder hin. Ich vermisse dich und Theo unglaublich, ich weiß doch nicht einmal wo ihr seid. Ich würde alles tun, damit das alles zwischen uns wieder wird. Alles für dich und den Kleinen." redete er auf mich ein. Sein Blick, ich hatte dahin schmelzen können. Er schaute so verletzt und gleichzeitig so eindringlich in meine Augen, dass ich meine Entscheidung zum Anwalt zu gehen fast bereute, aber eben nur fast. „Marco, du kannst eines tun, damit es zwischen uns irgendwann mal wieder eine Basis gibt, damit wir zusammen für unseren Sohn sorgen können.", „Alles" wiederholte er sich leise. „Ich will die Scheidung." die Papiere in meiner Hand wanderten mit einem ziemlich flüssigen Übergang in seine. Seine Augen wurden immer größer als er die Mappe, die in seinen zittrigen Händen lag, überflog: „Ich nehme meinen Mädchennamen wieder an und Theo auch, es sei denn du bestehst auf einen Doppelnamen für ihn. Ich will das alleinige Sorgerecht, wenn es klappt darfst du ihn an zwei Tagen in der Woche sehen. Öfters hast du es während unserer Ehe immerhin auch nicht getan. Das Haus überlasse ich sehr gerne dir. Ich verzichte auf den Zugewinnausgleich und den Versorgungsunterhalt, aber ich fände es schön, wenn du für deinen Sohn Unterhalt zahlen würdest, da gehe ich auch nicht für meine Zwecke heran. Wenn du wirklich alles für mich tun würdest, dann stimme auf der letzten Seite doch einfach zu, dass wir uns bereits vor einem Jahr getrennt haben. Dann kann mein Scheidungsanwalt unsere restlichen Unterlagen zusammentragen und den Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen und wir sind in ein Paar Wochen geschieden." Es überraschte mich, wie nüchtern ich bleiben konnte. „Schatz" hauchte Marco empört und schaute mich fassungslos an. Ich schüttelte erneut den Kopf: „Ich kann das alles nicht mehr und es fällt mir alles andere als leicht Marco, aber du hast es selbst zu verantworten. Unsere Zeit ist abgelaufen.", „Ich will die Scheidung nicht. Ich unterschreibe die letzte Seite nicht." stammelte er aufgebracht und wischte sich die verschwitzen Haare aus dem Gesicht: „Was fällt dir ein mir die Scheidung hier um die Ohren zu hauen?", „Was fällt dir ein mich hier zu betrügen?" entgegnete ich ihm wütend. Meine rechte Hand ballte sich zu einer Faust. Marco schnappte nach Luft. „Ich bin dir ziemlich entgegen gekommen mit der Vereinbarung, findest du nicht auch? Nimm die Unterlagen mit nach Hause und denk nochmal genau drüber nach ob es nicht besser wäre die Vereinbarung zu unterschreiben. Bei einer Härtefallscheidung oder einer normalen werde ich nicht einmal halb so viel meiner Ansprüche abtreten. Merke dir das." ich drehte mich auf der Stelle um und entfernte mich von ihm. Meine Augen wurden schon wieder gefährlich feucht, das durfte er auf keinen Fall merken. „Ich habe einen Ehetherapeuten engagiert!" rief er mir hinterher. Ich drehte mich um und blickte ihn stirnrunzelnd an. „Wie bitte?", „Ich möchte, dass wir an uns arbeiten. Lass es uns versuchen und wenn es nicht klappt, dann gehen wir noch einmal zu deinem Anwalt und sprechen nochmal gemeinsam über jeden Punkt dieser Vereinbarung." seufzte er und raufte sich sein Haar. Ich schluckte: „Hast du sie danach noch einmal wieder gesehen?" wollte ich wissen. Sein Blick wurde starr, er biss sich auf die Unterlippe: „Ein einziges Mal." gab er zu. Mein ohnehin schon zerbrochenes Herz hatte nun einen weiteren, tiefen Riss zu betrauern. Ich lachte hämisch auf: „Dann sag deinem Therapeuten, dass man nur Ehen nur retten kann, wenn noch ein kleiner Funken Hoffnung besteht. Unsere Ehe aber, ist an dem Ort zerbrochen, an dem sie begonnen hat. Wir haben keine Zukunft mehr als Paar." Ohne mich umzusehen ging ich vom Platz und lehnte mich seufzend dort gegen die kalte Wand, wo man mich nicht mehr sehen konnte. Es fühlte sich so an, als würde mein Herz gleich aus meiner Brust springen. Das konnte doch nicht gesund sein. „Bella?" Marios Stimme hallte durch den kahlen Flur. Ich erschrak und hörte sofort auf, mich anzulehnen. Gerade stand ich vor ihm. „Alles gut?" wollte er mit einem eindringlichen Blick sichergehen. Ich nickte und sog gleichzeitig meine Lippen ein. „Sicher? Kannst du alleine nach Hause fahren?" hakte er nach. Ich stammelte: „Das wird schon gehen - irgendwie.", „Nichts da!" protestierte er. Im gleichen Atemzug legte er sich seine Sporttasche um die Schulter und griff nach meiner Hand: „Wir hauen ab von hier. Schnell." er guckte sich kurz um, ob uns einer sah, bevor er mich mit schnellen Schritten hinter sich her zog. „Mario!" protestierte nun ich lautstark auf dem Parkplatz. „Du hast Training. Das ist wichtig!" Er winkte ab: „Dein Wohlergehen ist wichtiger. Das war doch schon das zweite Training für heute. Der Fußball ist nicht alles und manchmal muss man eben außer der Reihe tanzen. Was hältst du davon, wenn wir bei einem Bäcker halten, bevor ich dich zu deinen Eltern bringe? Ich habe heute fast noch nichts gegessen." Ich musste an die Zimtschnecke denken, die ich gezwungenermaßen zusammen mit Ann-Kathrin und Enriquo in Düsseldorf in diesem Restaurant gegessen hatte. Nun war es sieben Uhr abends, schon fast dunkel und mein Magen wieder leer. Also nickte ich, als einzig logischer Entschluss: „Na dann los." grinste ich ihn an, bevor ich die Tür der Beifahrerseite seines Autos aufriss.
Er schaffte es immer, dass ich wieder klar sehen konnte. Mein Leben ging weiter. Auch ohne Marco.

Optimisten - Marco ReusWhere stories live. Discover now