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Marco und ich waren einige Meter stillschweigend nebeneinander spaziert, er schob den Kinderwagen vor sich her und Theo schlummerte tief und fest. Es war beinahe schon idyllisch. Beinahe, denn in meinem Hinterkopf spielten sich vor lauter Nervosität wegen des mir bevorstehenden Gesprächs mit ihm noch immer die Bilder von Marco und Louisa im Trainingsraum ab. Hatte ich doch so lange versucht es zu vermeiden, dieses notwendige Gespräch. Jetzt wusste ich keinen Anfang dafür und bekam beinahe schon Panik, mir war mittlerweile gar nicht mer bewusst was ich überhaupt wollte. Was war mein Ziel?
Irgendwann setzte Marco sich auf eine Parkbank. Ich tat es ihm gleich und beobachtete ihn dabei, wie er seine Hände auf seinem Schoß faltete und sie anstarrte. Ich seufzte laut: „Wir kommen nicht drum herum, wir müssen sprechen." gab ich zu. Marco nickte: „Ich weiß, es sits nur so schwer." seine Augen funkelten mich an. Ich nickte und sog meine Lippen ein: „Das ist es, das stimmt." murmelte ich vor mich hin. Er räusperte sich: „Das ich dich betrogen habe, dass war nicht, weil ich dich nicht mehr liebe oder dich bereits abgeschrieben hatte." begann er. Mein Herz hörte für einige Sekunden auf zu schlagen. Er wartete auf eine Reaktion von mir, die jedoch nicht kam, bevor er weitersprach: „Ich liebe dich vom ganzen Herzen. Das tue ich wirklich und das weißt du auch." brummte er. Ich nickte - nie hatte ich daran Zweifel: „Trotzdem, es hat sich doch schon Monate vorher angebahnt." entfloh es mir. Marco schaute ein wenig schockiert, seufzte aber dann: „Wir haben uns einfach so sehr voneinander entfernt. Erst die Fehlgeburt, dann unsere Ängste wegen einer erneuten Schwangerschaft über die wir niemals miteinander gesprochen haben, ich fühlte mich der Aufgabe nicht gewachsen und du wolltest so sehr Mutter werden. Natürlich wollte ich auch eine Familie mit dir gründen, aber vielleicht hätten wir uns damals wegen der Fehlgeburt doch Hilfe holen sollen. Dann dein Tumor in der Gebärmutter, die Schwangerschaft die ich dir zur schwersten Zeit deines Lebens gemacht habe" Marco hielt inne, wandte seinen Blick von mir ab und schüttelte ungläubig seinen Kopf, bevor er sich nach vorne beugte und zu Boden blickte: „Ich habe Theo von Sekunde eins an geliebt so wie ein Vater sein Kind lieben sollte und doch hatte ich immer in meinem Hinterkopf, dass ich es nicht verdient habe sein Vater zu sein und du hast mir nach und nach immer mehr das Gefühl gegeben, dass ich es nicht schaffe gut genug für euch zu sein und wieder haben wir uns voreinander verschlossen statt miteinander zu sprechen." Ich schluckte laut: „Du hast recht. Du warst sehr oft weg und ich hatte unglaubliche Angst Theo würde was passieren und würde es alleine nicht schaffen und wenn du dann Zuhause da warst, konnte ich immer weniger Verantwortung wieder an dich abgeben. Das war falsch. Tut mir leid." gab ich zu. Marco schüttelte seinen Kopf: „Dir muss es nicht leid tun. Das ich wegen allem und unserer Distanz zueinander die Zuneigung einer anderen Frau gesucht habe, das tut mir leid. Ich habe alles kaputt gemacht und du entschuldigst dich bei mir? Das ist nicht richtig Bella." schluchzte der starke Mann neben mir auf einmal unkontrolliert los. Er steigerte sich total ins schluchzen hinein. Ich rutschte näher herüber zu ihm und legte meinen Arm um seinen Rücken. Das erste Mal seitdem er jemand anderen berührt hatte, berührte ich ihn gerade wieder. Als mir dieser Gedanke kam, wusste ich das zumindest unsere Liebe keine Zukunft hatte, so sehr ich es auch wollte. Ich würde immer wieder daran denken, dass eine andere Frau das von ihm hatte, was rein moralisch gesehen nur mir gehörte. Ich schloss kurz meine Augen, um nicht auch noch loszuschluchzen und kreiste mit meiner Hand über seinen Rücken: „Als du mir gesagt hast, zwischen uns sei es vorbei, hat es mich auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht und mir das Herz in tausend Stücke gerissen. Ich dachte immer wir wären perfekt füreinander und nun kann ich mir nicht einmal haargenau erklären, wie wir uns wirklich so auseinanderleben konnten oder wie ich dich überhaupt betrügen konnte. Das alles hast du nicht verdient. Die Worte unserer Familie und Freunde nachdem was ich dir angetan habe - alle habe ich sie verdient. Doch diese Worte sind nicht schlimmer als die, die über mich in meinem eigenen Kopf herumschwirren. Doch du sitzt hier und entschuldigst dich bei mir?
Weißt du was du mir eigentlich sagen solltest? Dass unsere Ehe reine Zeitverschwendung war, dass ich nicht gut genug für dich bin und, dass du hoffst, dass ich die Wahrheit endlich einsehe, dass ich nie wieder jemanden wie dich finden werde. Du müsstest mir jetzt sagen, dass es dich nicht mehr interessiert, dass ich dich nicht gehen lassen kann. Du müsstest mein Herz blau und grün schlagen und selbst das wäre nur halb so schlimm wie das, was ich dir angetan habe." schluchzte Marco nun etwas kontrollierter und schaute mich total aufgelöst an. Seine Worte waren mehr als ehrlich und ich schloss erneut kurz meine Augen und atmete tief ein und aus. Er sagte die Wahrheit und diese Riss mein Herz immer noch in tausend Stücke: „Das alles könnte ich dir an den Kopf werfen, ja und ich habe es teilweise schon getan, aber was bringt es mir jetzt? Über dieses Stadium bin ich hinaus und ich möchte, dass wir irgendwie einen Weg finden, Theo gemeinsam großzuziehen, denn abgesehen von dem was du mir angetan hast, bist du ein großartiger Vater. Das habe ich dir nie gesagt und es tut mir leid - doch natürlich kannst du ihm die Flasche geben, die Windeln wechseln, ihn ins Bett bringen, Zeit mit ihm verbringen, ohne dass ich wie eine Helikoptermutter daneben stehe. Du kannst mehr als das, du verstehst ihn, kuschelst mit ihm, liebst ihn und du schaust ihn vor allem an, wie du niemanden sonst anschaust. Deine Mundwinkel ziehen sich automatisch hoch, deine Augen glitzern vor purem Stolz, deine Stimme wird ganz zart und deine Ausstrahlung erst. Ich liebe dich Marco, ich tue es wirklich und selbst das was du getan hast tut dem kein Abbruch. Ich hätte im Leben nicht an eine Scheidung gedacht, wäre das nicht passiert. Doch wir müssen uns beide etwas eingestehen. Wir müssen endlich Klarheit schaffen und ehrlich zu uns sein - wir tuen uns als Ehe- und Liebespaar einfach nicht mehr gut. Manchmal reicht Liebe eben nicht. So weh mir das auch tut und das ist dir genauso bewusst wie mir. Ich finde es gut, dass du dich nicht rechtfertigst, warum du mit ihr geschlafen hast, weil du weißt, dass keine Erklärung der Welt genug wäre um so etwas zu rechtfertigen. Es tut mir schon gut, dass du Einsichtig bist.", „Bella, ich weiß. Ich sehe es ein. Aber gib mir bitte eine letzte Chance, für unsere Familie. Auch wenn es nur ein Versuch ist, vielleicht klappt er ja, wenn wir an uns arbeiten. Ich bin mir sicher wir würden es schaffen. Bitte. ich flehe dich an. Ich will dich nicht gehen lassen. Ich kann das Gefühl dich zu verlieren nicht länger ertragen. Es zerreißt mich förmlich." schluchzte er wieder und vergrub sein Gesicht in seinen Händen, die auf seinem Schoß lagen.
Und ich? Ich stand wieder am Anfang. Genau am selben Punkt wie vor diesem Gespräch. Chance or no chance? Deal or no Deal? Freundschaft oder Liebe? Ehe oder Alleinerziehende? Scheidung und Glücklich sein oder weitermachen und im Teufelskreis gefangen sein? Oder es gar bereuen es nicht noch einmal mit Marco versucht zu haben, weil wir es vielleicht geschafft hätten?

Optimisten - Marco ReusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt