Thirtieth

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Drinnen knallte die Kühlschranktür laut zu, Flaschen klirrten gegeneinander, gleich darauf ein leises Zischen. Cedric blickte wartend dem Rothaarigen entgegen, der aus der Hintertür auf die Terrasse trat und ihm stumm ein Bier in die Hand drückte. Tony ließ sich neben ihm auf die Bank nieder, musterte ihn. Cedric atmete tief durch. Er setzte die Flasche an die Lippen, nahm einen Schluck, ließ den bitteren Alkohol halb widerwillig seine Kehle hinunter rinnen.
„Warum geht's dir so scheiße?", fragte Tony leise, „ich dachte, es läuft gut zwischen euch beiden."
Cedric schwieg eine Weile lang, blickte stumm dem Sonnenuntergang entgegen. Er musste seine Gedanken ordnen; ja, warum ging es ihm bloß so schlecht? Waren es nur die Sorgen um Allan? Oder etwa der Anruf, den er mitten in der Patrouille vom Police Departement bekommen hatte?
„Hast du von dem Jungen gehört?", fragte er schließlich leise. „Der, den Allan und ich mit den Kollegen gefunden haben."
„Klar." Tony blickte ihn mit hochgezogener Braue an. „Das ganze Dorf hat es gehört. Es wird herumerzählt, dass sein Vater seinen Schw–"
„Tony", unterbrach ihn Cedric vorwurfsvoll. Er funkelte ihn an. „Das mag zwar stimmen, aber man kann es auch netter ausdrücken."
„Entschuldige", erwiderte Tony und hob seine Flasche. „Alkohol macht mich manchmal etwas verbittert."
Schnaubend trank Cedric ebenfalls einen Schluck. „Ich weiß. Wie auch immer, die Kollegen von der Wache haben mich vorhin angerufen. Der Kerl ist ausgebüxt, und er hat einen Brief hinterlassen. Er will seinen Sohn, seine Frau und Al und mich will er, ich zitiere: wie räudige Hunde abknallen, weil ihr mich in den Knast bringen wolltet."
„Gott, was ist das für ein Freak?", hakte Tony nach. „Passt bloß auf euch auf, Jungs. Und vor allem auf die Frau und den Jungen."
„Keine Sorge, sie stehen unter Polizeischutz", brummte Cedric missmutig. „An die kommt er nicht ran. Ich mache mir eher Sorgen um Allan. Er war es schließlich, der einen Draht zu Clark fand und seinem Vater eine Kugel und Handschellen verpasst hat."
Tony schaute ihn nachdenklich an. „Dein Liebster lässt sich nichts gefallen, schätze ich. Der Kerl wird nicht viel ausrichten können."
„Doch, das wird er", entgegnete Cedric missmutig. Er blickte Tony direkt an. „Job und Privatleben sind etwas ganz anderes. Wenn Allan mit höchster Präzision einen Typen festnimmt, der seinen Sohn misshandelt hat, ist das eine Sache. Aber danach, wenn er nach Hause kommt, dort, wo er nicht beweisen muss, dass er kurzen Prozess machen kann, bricht sein Inneres zusammen, verstehst du? Er macht sich Gedanken um den Jungen, um seine Vergangenheit, und glaub mir, das sind keine schönen Gedanken."

Tony nickte langsam. Er zückte eine kleine Zigarettendose, steckte sich eine davon zwischen die Lippen und hielt sein Feuer dran. Nachdenklich blies er eine Rauchwolke in die Luft, blickte ihr hinterher. „Redet er darüber?", hakte er nach, „über diese Gedanken, mein ich."
Cedric zögerte. „Nein", hauchte er. „Ich wünschte, er würde es tun. Ich kann nur ahnen, was in seinem Kopf vorgeht, aber ich kann nichts dagegen tun, wenn er nicht mit mir darüber redet."
„Wie ich bereits sagte, gib ihm Zeit." Tony lächelte leicht. „Irgendwann wird er dir alles erzählen."
Cedric nickte schnell. „Natürlich. Daran hege ich keine Zweifel. Allerdings..."
„Was denn?"
Cedric blickte ihn verzweifelt an. „Werde ich ihm dann beistehen können? Ich meine, wirklich da raus helfen können?"
„Wieso solltest du es nicht können?", fragte Tony erstaunt.
Cedric seufzte tief und rieb sich den Nacken. „Ich habe schon einmal versagt. Der einzige Grund, warum wir uns verloren haben. Ich kann nicht riskieren, dass es noch einmal passiert. Ich liebe ihn so sehr..." Er stockte, blickte Tony zerknirscht an. „Und ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn ihm etwas passiert."
„Hey, Kumpel", Tony schlug ihm hart auf die Schulter, drückte sie fest und blickte ihn direkt an. „Ihm wird nichts passieren. Selbst wenn dieser Knasti auftaucht und er ihn bedroht, hat er immer noch 'ne Knarre. Und dich, Mann. Allan wird es gut gehen."
Cedric musterte ihn mit hochgezogener Braue. „Sag mal, hast du heute schon einmal getrunken?"
Tony stockte. Schließlich ließ er mit verkniffenem Gesichtsausdruck von ihm ab. „Erwischt", brummte er bloß.
Skeptisch beugte sich Cedric vor. „Tony? Was ist los? Hast du... Tränen in den Augen?"
Anstatt zu antworten verzog sein Freund das Gesicht. Er schnipste seinen Zigarettenstummel fort, trat ihn wütend aus und griff nach seinem Bier, doch Cedric packte ihn am Arm. „Lass die Flasche stehen", bat er ruhig. „Alkohol löst keine Probleme."
„Aber er vernebelt einen gut genug, um die Probleme zu vergessen", entgegnete Tony mit gebrochener Stimme und blickte ihn verzweifelt an. Verdattert hob Cedric die Brauen. Er hatte Tony noch nie so aufgewühlt erlebt, außer das eine mal, als seine Tochter viel zu früh geboren wurde und er vor Angst, sie zu verlieren, beinahe zerbrochen war.
„Annie", stieß Tony hervor. „Es ist Annie."
Cedric stutzte, irgendetwas war seltsam. „Was ist mit ihr?"

Nur du zählst...Where stories live. Discover now