Fiftyfive

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Seit sechs Stunden saß Cedric bereits im Krankenzimmer.
Allan war bisher noch nicht erwacht. Noch immer wartete er darauf, dass die Ärzte zurückkamen und ihm von den Testergebnissen erzählen konnten. Sanft streichelte er über Allans geschundene Hand. Er war müde, so unglaublich müde wie nie zuvor. Doch er hatte noch kein Auge zutun können, obgleich ihm eine Schwester bereits mit Schlafmitteln gedroht hatte, damit er zur Ruhe kommen konnte.
Doch erst wollte er abwarten, bis Tony, oder auch Wheatley endlich auftauchten. Einer von ihnen sollte da sein, wenn Allan erwachte. Aber Tony befand sich wahrscheinlich noch in irgendeiner hitzigen Diskussion mit Polizeibeamten, zumindest hatte es sich so angehört, als er ihn heute Morgen angerufen hatte. Und Wheatley befand sich selbst noch in einem der Krankenzimmer irgendwo in diesem Gebäude, durfte aber sein Zimmer nicht verlassen.
Es klopfte an der Tür. Cedric zuckte leicht zusammen. Sonst war er nie so schreckhaft, aber die Erschöpfung tat seine Arbeit. „Herein."
Der behandelnde Arzt und eine Schwester traten ein. Die Frau setzte still eine neue Infusion an und bereitete dann Tablettendosen vor. Sie kam ihm ein wenig seltsam vor, aber er sagte nichts dazu.
Cedric kannte Dr. Leicester bereits, er war ein freundlicher, bodenständiger Mann, nur ein paar Jahre älter als er selbst. Doch der Schock, der den Arzt bei Cedrics Ankunft getroffen hatte, saß noch immer tief in seinem Gesicht.
„Sheriff." Leicester würde ihn nicht vor der Schwester duzen oder bei seinem Nachnamen nennen.
Cedric nickte nur knapp. „Doc. Was gibt es?"
Leicester räusperte sich. Er redete nicht lang um den heissen Brei herum.
„Wir haben einen Verdacht auf eine leichte Gehirnerschütterung durch die Platzwunde an Sheriff Dearings Kopf, mehrere Prellungen und zwei gebrochene Rippen gefunden. Sein  Gesamtzustand sieht so kritisch aus, dass ich mich wundere, dass er überhaupt noch atmet. Sein Herz hat durch die vielen Verletzungen, den Stress und den Nahrungsmangel wahrscheinlich einen größeren Schaden davongetragen, welcher in naher Zukunft zu weiteren lebensgefährlichen Situationen führen könnten."
An der Stelle schluckte Cedric schwer und wagte einen besorgten Blick auf seinen Freund. Plötzlich fiel ihm auf, dass er noch immer dessen Hand umklammert hielt, und die Schwester ungewöhnlich still zuschaute. Er beschloss, sich nichts ungewöhnliches anmerken zu lassen; schließlich tat er nichts verbotenes. Egal, was die Dame über die beiden Männer denken würde.
„Ich glaube, dass allein seine Tabletten ihn so lange am Leben halten konnten", ließ Leicester ihn wieder aufhorchen. „Ein Wunder, dass der Täter ihm diese nicht abgenommen hat."
„Das stimmt", sagte Cedric schwach und nickte. Er hatte die fast leere Pillendose in der Innentasche von Allans Jacke gefunden, wo Spencer wahrscheinlich nicht nachgeschaut hatte.
„Nun..." Leicester wandte sich an die Schwester. „Marylin, würden Sie uns eben alleine lassen?"
Marylin liess ihre Arbeitsmaterialien ohne ein Wort oder einen Blick zu ihnen stehen und verließ den Raum.
Cedric hob eine Braue. Nun erschien es ihm tatsächlich, als hätte sie etwas gegen die Nähe, welche er Allan gegenüber offen zeigte.
„Lahey."
„Wyatt." Die beiden Männer sahen sich gleichermaßen ernst, beinahe forschend an.
Der Arzt ließ sich Zeit, indem er sich einen Stuhl heranzog und sich verkehrtherum drauf setzte, sodass er die Arme auf die Lehne legen konnte. „Brewster sagte, du weißt, wer das war." Er nickte wenig subtil in Allans Richtung.
„Ja." Cedric lachte heiser auf. „Und wenn ich ihn sehe, mache ich ihn kalt."
Wyatt schnaubte. „Red' keinen Unsinn." Seine Stimme wurde weicher. „Erzähl mir lieber, was hier wirklich los ist. Das ganze Dorf ist in Aufruhr, und ich bin mir sicher, dass es die nächste Stadt erreichen wird, schließlich startet nicht oft in dieser Umgebung ein Rettungshubschrauber mit Hundertschaft und Hundeführern. Die waren sogar kurz davor, das SEK dazu zu ziehen, aber das war diesen Idioten von Freund und Helfern wohl doch zu kostspielig." Er verdrehte die Augen.
„Ich weiß, dass du unter ärztlicher Schweigepflicht stehst, dennoch dürfte ich dir eigentlich nichts von den Ermittlungen erzählen", entgegnete Cedric nach einigem zögern.
„Welche Ermittlungen denn?", fragte Wyatt verächtlich. „Weder Green, noch sonst ein Beamter wusste von eurer Suche, und es ist allseits bekannt, dass nicht einmal eine Vermisstenmeldung—"
„Komm mir nun bloß nicht so, Wyatt Leicester!", fauchte Cedric wutentbrannt und erstickte somit Wyatts Versuch, ihn in die Ecke zu drängen, bloß weil er so neugierig war und Informationen haben wollte.
„Du weißt genau, dass Green ein machtsüchtiges Arschloch ist, das mich schon von Anfang an aus dem Dorf vertreiben will", knurrte Cedric mit brennenden Augen. „Green hat sich einen Scheißdreck geschert, dass Allan entführt wurde. Ihm waren die Beweise egal, er versuchte sogar, mich zu bedrohen. Vor versammelter Mannschaft im Police Department", fügte er verächtlich hinzu. „Der Täter ist im Dorf bereits bekannt, aber ich bezweifle, dass sich Green besonders große Sorgen gemacht hat, als er aus dem Polizeigewahrsam floh, um meinen Kollegen zu entführen und zu foltern. Ich habe alleine Ermittlungen betrieben, um ihn schnellstmöglich zu finden, denn ich weiß, dass Allan starke Herzprobleme hat."
Wyatt ließ die Informationen erstmal sacken, die Tiefe Falte in seiner Stirn blieb.
Man könnte meinen, die beiden könnten sich nicht leiden, doch in Wahrheit würden sie sich gegenseitig in jeder Situation den Rücken freihalten.
„Du hast... Ermittlungen mit einem Auszubildenden Polizisten und einem Bauern betrieben?", hakte er schließlich skeptisch nach.
„Hast du was gegen Bauern?", erwiderte Cedric spitz.
„Nur gegen Rothaarige", grinste Wyatt.
Cedric schnaubte und verbarg ein Schmunzeln. Tony und Wyatt kannten sich ebenfalls, daher ließ er den Witz gelten. „Ich wusste nicht, dass Wheatley noch in der Ausbildung ist."
„Er soll fast fertig sein." Wyatt zuckte die Schultern. „Aber er ist hoch intelligent und daher noch so jung.
Dass Green ein selbstgefälliger Bastard ist, weiß ich. Aber er hat allen weiß gemacht, dass du selbst Schuld an dem Schlamassel seist und Dearing vorsätzlich in eine lebensbedrohliche Situation geleitet hättest."
Ich soll Allan vorsätzlich in den sicheren Tod geführt haben?", brauste Cedric fuchsteufelswild auf und sprang auf die Beine. „Glaubst du wirklich, dass ich so etwas tun würde? Und vor allem, wenn es jemand wie Green behauptet? Wenn es jemand zu verschulden hat, dass wir nun hier sitzen, dann ist es Green selbst!"
Wyatt hatte nicht einmal mit der Wimper über Cedrics Ausbruch gezuckt. Er blickte ruhig zwischen den beiden Sheriffs hin und her. „Stimmen die Gerüchte?"
Cedrics Haut verließ jegliches Pigment, das er besaß. „G-Gerüchte?"
Beinahe selbstgefällig schmunzelte der Doktor. „Na, was diese schwer begriffliche Barbiepuppe im Dorf so rum erzählt. Über dich und.. deinen Kollegen." Er wackelte mehrdeutig mit den Brauen.
Cedric wurde bei diesen Worten so schwindelig, dass er zu Schwanken begann. „Wyatt, i-ich...", stammelte er mit trockenem Mund.
Schlagartig wechselte Wyatts Verhalten und er griff nach Cedrics Handgelenk, um ihn zurück auf seinen Stuhl zu schubsen. „Gott, Lahey, beruhige dich. Ich wollte dich doch nur etwas aufziehen."
„Das ist nicht witzig", murmelte Cedric betroffen.
„Entschuldige." Reumütig blickte Wyatt ihn an, schien aber noch immer neugierig zu sein. „Und?"
Cedric rümpfte die Nase und sah lieber zu seinem Freund. „Ich bin mit Allan zusammen, ja. Wir kennen uns aus Kindertagen und waren schon damals verliebt ineinander. Es war Zufall, dass wir uns über unseren Job wiedersahen. Aber es hat unsere Gefühle nicht verändert." Nun sah er wieder ernst zu Wyatt. „Und was auch immer Nolan oder Green erzählt, Allan und ich sind zwar – womöglich das erste und einzige schwule Paar dieses verkorksten Dorfes – aber meine Liebe zu ihm ist echt, wie auch seine. Und ich würde ihn nie, niemals absichtlich in Gefahr bringen wollen. Er bedeutet mir alles auf dieser Erde, Wyatt."
Verstehend nickte Wyatt. „Danke für dein Vertrauen, Cedric. Das ehrt mich sehr." Er schien eine Weile nachzudenken, bevor er fragte: „Wie willst du das ganze nun hinbiegen?"
„Mit der Wahrheit." Cedric zuckte die Schultern. „Ich werde dafür sorgen, dass sowohl Green, als auch der Täter in den Knast kommen."
Wyatts Blick schön ihn bei diesen Worten beinahe zu durchdringen. „Wer war es denn nun?"
„Du hast ihn kennengelernt", meinte Cedric nüchtern, „mit Sicherheit. Der Junge, der vor kurzem hier eingeliefert wurde. Es war sein Alter."
„Spencer", sagte Wyatt, und wirkte nun ehrlich überrascht.
„Exakt. Spencer hat öffentlich gedroht, Allan und mich umzubringen, nachdem wir ihn verhaftet haben. Aber angeblich soll es meine Schuld sein, dass Allan von ihm entführt wurde. Klingelt es nun bei dir?"
„Jaja, du hast recht", brummte Wyatt. Sein Gesicht verfinsterte sich. „Ich helfe dir, ihn einzubuchten, Cedric."
Jener lächelte. „Danke."




Hallöchen ihr lesesüchtigen Monster🦕
Ich hoffe, dieses Kapitel gefällt euch! Soll ich euch sagen, dass Nur du zählst... bald endet?🤔
Ups. Sorry. Nun ja, ich hänge ja auch an der Story und den ganzen Chaoten hier, aber gleichzeitig werde ich mich freuen wie ein kleines Kind, wenn sie endlich fertig ist. Außerdem bin ich total aufgeregt, bald meine neuen Stories zu beginnen...
Kleiner Spoiler: ich bin momentan total hyperfixiert auf Paralleluniversen und Traumwelten. Aber das werdet ihr ja dann sehen. Beziehungsweise lesen.
Und schreibt gerne mal Rückmeldungen in die Kommis, ihr seid immer so still🙈
Wir hören uns,
Euer Knighttdreamer🌹

Nur du zählst...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt