Seventeenth

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Eilig schlüpfte Allan in sein Hemd, während er polternd die Treppe ins Erdgeschoss lief. Er hatte komplett verschlafen, und Cedric hatte ihn auch nicht aufgeweckt. Als er die Tür zur Küche aufstieß, sah er allerdings ebenjenen gemütlich Kaffee trinkend am Tisch sitzen.
Allan fing sich gerade noch, bevor er seinen Knien die Chance gab, unter ihm nachzugeben. Stattdessen starrte er verwirrt Cedric an, der die Beine hochgelegt hatte und fragend die Brauen hob, als er ihn erblickte. Sein Blick wanderte gemächlich an ihm auf und ab, und auf seinen Lippen bildete sich ein amüsiertes Schmunzeln.
Allan erinnerte sich daran, dass er gerade noch dabei gewesen war, sein Hemd zuzuknöpfen, und erst die Hälfte davon geschafft hatte, also hatte Cedric einen guten Ausblick auf seinen nackten Oberkörper.
Er lief puterrot an.
„Allan..." Cedric ließ sich Zeit mit seinen Worten und zerriss dabei Allans Geduldsfaden. Sein Schmunzeln brachte ihn um den Verstand.
„Du weißt schon, dass wir montags nicht arbeiten müssen?" Cedric unterdrückte ein Lachen.
„Es... es ist Montag?", brachte Allan stockend hervor.
„Oh ja, mein Lieber", lachte Cedric. „Warum denn so hektisch?"
„Ach, halt doch die Klappe", brummte Allan missmutig. Er wischte sich müde übers Gesicht.
Cedric zog theatralisch einen Schmollmund, was Allan einen Schauer über den Rücken jagte.
„Kommst du frühstücken oder willst du weiterhin wie bestellt und nicht abgeholt in der Tür stehen?", fragte Cedric schließlich neckisch und hob eine Augenbraue. Allan schüttelte leicht den Kopf und ließ sich brummend ihm gegenüber am Tisch nieder, wobei er demonstrativ sein Hemd zuknöpfte. Er war frustriert, doch er konnte nicht verhindern, dass Cedric ihn konfus machte. Er versuchte krampfhaft, seinen Blick zu ignorieren und kämpfte gegen die Röte in seinem Gesicht an. Vergeblich. Cedric schmunzelte wissend.
„Starrst du gerne so?", brummte Allan provokant.
Ihre Blicke begegneten sich. Cedric hob die Brauen. „Tut mir leid", erwiderte er bloß.
Allan seufzte. „Schon in Ordnung, entschuldige. Ich brauche einfach nur Kaffee. Viel Kaffee."
Cedric lachte leise und schob ihm die Kaffeekanne und eine Tasse hin, doch die Art und Weise, wie er dabei zur Seite blickte, zeugte davon, dass Allan ihn wohl verletzt hatte. Er schenkte sich seufzend den Kaffee ein und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Morgens konnte er wirklich unausstehlich sein, dabei wollte er dies nicht einmal.
„Also, was machen wir montags?", fragte er versöhnlich nach einem großen Schluck Kaffee. Cedric wandte sich wieder zu ihm. „Meistens nur Einkäufe, entspannen, so etwas", erwiderte er vage. „Manchmal etwas lesen. Radio hören. Ich hoffe, es stört dich nicht, dass wir keinen Fernseher haben?"
Allan lachte auf. „Nein, ich hasse diese Flimmerkisten", sagte er.
Cedric grinste. „Nicht so dein Ding?"
Allan nickte. „Yep. Ich bin so ein richtiger Spießer in Sachen Technik."
„Dann bist du in Josephina Hill genau richtig", meinte Cedric ernst, doch seine Mundwinkel zuckten verräterisch. „Hier wird die Technik dem Teufel gleichgenannt und analoge Arbeit angebetet. Das ist genau was für dich."
„Klingt interessant", erwiderte Allan ehrlich. Er nahm einen weiteren Schluck Kaffee. „Aber im Radio muss dennoch gute Musik laufen."
Cedric schmunzelte schelmisch. „Stehst du auch noch auf Oldies?"
Oh, nicht nur auf Oldies, dachte Allan grinsend. „Country. Und du?" Er wusste Cedrics Antwort bereits, doch er wollte es mit seiner Stimme hören.
„Dasselbe. Countrymusik ist meine Leidenschaft." Cedric lachte auf. „Es gibt nichts besseres als das."
Verdammt, wie kann man einen Menschen so sehr lieben...
Allan lächelte in sich hinein, und die beiden frühstückten schweigend weiter, beide in ihre eigenen Gedanken versunken, unwissend, dass sie dasselbe dachten.

~

Nachdenklich starrte Cedric in den blauen Himmel, der sich vor ihm in der Ferne erstreckte. Er hatte sich die Freiheit genommen, ein wenig Krafttraining im Garten zu machen, doch nun, da ihm der Schweiß vom Kinn tropfte und sein Shirt von jenem getränkt neben ihm im Gras lag, hatte er einfach keine Lust mehr.
Von der Sonne ließ er sich die Haut trocknen und sich vom Wind ein wenig abkühlen. Er genoss die Stille, die sich ihm erbot, die Ruhe im Sturm, denn das war genau der Ort, an dem er sich befand.
Er hatte keine Ahnung mehr, wie es zu all dem gekommen war. Um genau zu sein, hatte er eine Ahnung, doch er konnte nicht verstehen, warum es so hatte passieren müssen.
All das. All diese Probleme, Verzweiflung, all die Gefühle, die er nie hatte verdrängen können, und genau zu dem Zeitpunkt, als er beinahe darüber hinweg gekommen war, war er wieder aufgetaucht.
Allan Dearing, der Mann, den er sein Leben lang geliebt hatte.
Allan, den er zuletzt vor siebzehn Jahren gesehen hatte, als das Schicksal ihnen scharf zugesetzt hatte.
Allan, der nun mit ihm in einem Haus wohnte, beinahe so wie sie es sich früher immer ausgemalt hatten.

Er hatte überlegt. Überlegt, es ihm zu sagen, jede der letzten Nächte, jedes Mal, als sie sich angesehen hatten. Er hatte das Gefühl, dass Allan nicht minder gequält wurde von diesen Gefühlen, doch er wollte ihn nicht bedrängen. Er wollte ihm Zeit geben, damit er sich sicher fühlte und er keine Angst haben musste, verletzt zu werden. Er kannte ihn gut genug, um zu wissen, was wohl in seinem Kopf ablief, doch ob er ihn wieder hineinließ, war ungewiss.
Mit tiefem Seufzen schloss Cedric die Augen. Er war noch immer, oder schon wieder in Allan verliebt, was es war, war ihm egal, denn was zählte war, dass es sich richtig anfühlte. Auch, wenn er es ihm nicht sagen konnte. Allan machte ihn glücklich. Sein bloßer Anblick löste Glücksgefühle in ihm aus und machte ihn süchtig nach jenen. Seine Stimme hallte in seinem Kopf nach wie ein Echo, das nicht verklingen wollte. Und die braunen Augen, die ihn immer so schüchtern anblickten, zogen ihn tief hinab in ein Chaos aus Sehnsucht.
Wie gern hätte er ihn mein genannt.
Er schlug die Augen auf. Grams hatte ihm doch gesagt, er solle dafür sorgen, dass Allan sich wieder in ihn verliebte, also warum tat er dies nicht einfach? Er musste ja keine sichtbaren Grenzen überschreiten. Er konnte es ihm einfach zeigen, ohne ihm das Gefühl zu geben, ihn unter Druck zu setzen. Dafür musste er sich etwas einfallen lassen, doch er war sich sicher, dass es genug Möglichkeiten gab, Allan auf die richtige Art und Weise zu zeigen, dass er bei ihm sicher war und er die Liebe bekommen würde, die er verdiente.

Nur du zählst...Where stories live. Discover now