16

582 46 19
                                    

Zoé Pilar Perez

Am nächsten Tag stand ich wirklich vor Harrys Tür zu seiner gemieteten Wohnung, die nur aus einem Schlafzimmer und einem Bad bestand, und ging im Kopf nochmal alles durch, was ich geplant hatte für den Tag, ehe ich anklopfte.

Es dauerte nicht lange, da wurde mir bereits die Tür geöffnet, und ich hätte mich am liebsten am Türrahmen neben mir festgehalten, um nicht umzufallen, denn, oh Gott, Harrys Haare waren verwuschelt und standen in alle Richtungen ab und meine Vermutung, das er gerade erst aufgestanden war, bestätigte sich schnell, da er nur Boxershorts und ein weites Tanktop trug, das so durchsichtig war, dass ich beinahe seine Muskeln und Tattoos begutachten konnte. Kurz gesagt, er sah extrem gut aus.

„Pilar?“

Seine Stimme war noch rau, doch ich war mir sicher, dass das nicht der einzige Grund war, weshalb mein Magen im Zickzack sprang, denn endlich hörte er auf mich Zoé zu nennen.

Ich bemerkte, wie er mich irritiert ansah, und atmete schnell tief ein, womit ich versuchte, sein Aussehen und seine Morgenstimme in den hintersten Bereich meines Denkens zu verfrachten und das ungute Gefühl in meinem Magen loszuwerden, ehe ich stammelte:

„Äh, hi.“

„Wieso bist du so früh schon hier?”

„Harry, es ist 9 Uhr!”

“Sag ich ja, früh!”

“Ja, aber…egal.”

Ich seufzte und er fuhr sich durch die Haare, anscheinend bemerkte er gerade die Unordnung auf seinem Kopf, ehe er einen Schritt zurück in seine Wohnung trat und fragte:

„Willst du erstmal reinkommen?”

Ich nickte und sah mich, sobald ich in seinem Reich stand, neugierig um.

Und es war gruselig. Ich war wirklich noch nie in einem Raum gewesen, der einem männlichem Wesen gehörte, aber ordentlicher als meiner war – und das, obwohl mein Zimmer auch nicht gerade unordentlich war.

„Also, was ist?“, fragte Harry und ich richtete meinen Blick wieder auf ihn, weg von dem Foto mit dem Bild von ihm und einem Mädchen in seinem Alter.

„Wir müssen um 11 Uhr in Buñol sein, der Bus kommt in zehn Minuten. Zieh dir die ältesten Klamotten an, die du hast.“

„Was?“

Harry sah mich unverständlich an und wirkte etwas überstrapaziert mit meinen Anweisungen, aber ich schob dies einfach mal darauf, dass es noch so früh war.

„Darf ich fragen was du vorhast?“, fragte er noch zusätzlich, als er registrierte, dass ich mich nicht wiederholen würde, doch ich antwortete nur:

„Erzähl ich dir im Bus, wir haben nicht so viel Zeit. Ach ja, und nehm am besten keine Armbanduhr und auch kein Handy oder andere solche Sachen mit.“

Er nickte verwirrt und ich drehte mich um, damit er sich umziehen konnte, doch als ich mich wieder ihm zuwendete, hatte er sich nicht viel verändert.

Er trug wie nicht anders zu erwarten war eine enge Jeans, allerdings zur Abwechslung in dunkelblau, und hatte sein Tanktop einfach angelassen. Abschließend wuschelte er sich noch einmal durch die Haare, ehe er meinte:

„Fertig.“

Mit einem wehmütigem Blick auf sein Handy, das er ja hier lassen musste, trat er hinter mir aus der Wohnung, und schnellen Schrittes liefen wir zur Bushaltestelle, wo wir auch gleich zeitgleich mit dem Bus ankamen.

„Erzählst du mir jetzt, was du vorhast?“, fragte Harry mich, sobald wir uns auf Sitzen möglichst weit hinten niedergelassen hatten und der Bus sich in Bewegung gesetzt hatte.

„Kennst du die Tomatina?“

„Glaube nicht. Oder warte, ist das diese riesige Tomatenschlacht?“

Ich nickte grinsend und er starrte mich mit offenem Mund an.

„Mund zu, sonst kommen Fliegen rein.“

Sein Mund schloss sich wieder, aber dafür weiteten sich seine Augen.

„Krass.“

„Das kannst du laut sagen.“

„Warst du schon mal da?“, fragte er und ich nickte, ehe ich antwortete

„Ein Mal, und danach meinte ich, dass ich das nie wieder mitmachen würde, aber als deine persönliche Touristenführerin muss ich dir ja wohl eine der wichtigsten Attraktionen zeigen. Außerdem findet die Schlacht nur einmal im Jahr statt.“

„Ich habe mal was davon ihm Fernsehen gesehen, es war echt heftig, aber sah irgendwie lustig aus.“

„Glaub mir, in dem Zeitpunkt, wo du all die Leuten um dich herum mit Tomatenmatsche bewirfst ist es durchaus lustig, aber sobald das Spektakel zu Ende ist und du voll mit der Scheiße und die Straßen voll mit Tomatensaft sind, ist es echt abartig.“

„Dann fühle ich mich mal geehrt, dass du das Ganze nur wegen mir noch einmal mitmachen willst.“, grinste er und ich verdrehte meine Augen, obwohl ich wusste, dass er Recht hatte.

„Aber ich glaube, dass es dir gefallen wird.“

„Wieso?“

Ich lächelte und antwortete wahrheitsgemäß:

„Ich weiß es nicht, aber irgendwie siehst du für mich so aus, als hättest du Spaß an sowas.“

Harry erwiderte mein Lächeln und ab dann verbrachten wir den Rest der Fahrt damit, die anderen Leute ihm Bus zu beobachten, uns über sie lustig zu machen und zusammen Musik zu hören, die weder er noch ich mochte.

In Buñol angekommen wurden wir erstmal von einer frischen Brise begrüßt, doch sobald diese verweht war mussten wir feststellen, dass auch hier eine schreckliche Hitze herrschte. Überall wuselten leicht bekleidete Leute herum und Harry und ich begaben uns auf seinen Wunsch hin direkt ins Zentrum der Stadt, obwohl wir noch zehn Minuten bis zum Start der Tomatenschlacht hatten, während ich mich innerlich lobte, als ich seine Aufregung und Begeisterung bemerkte, da ich gewusst hatte, dass ihm das hier gefallen würde.

Ich konnte ihn zum Glück im Endeffekt trotzdem noch davon überzeugen, erstmal etwas ihm Hintergrund zu bleiben, da ich gelernt hatte, dass es die beste Taktik war, wenn man die anderen ganz unerwartet von hinten angriff und ihnen die Tomaten eiskalt gegen den Rücken schmetterte.

„Gott, das ist so abgefahren.“, murmelte Harry aufgeregt und rieb sich die Hände, während die Uhr anzeigte, dass es in nur einer Minute losgehen würde.

„Es wird Zeit, dass wir unsere Joker anlegen.“, brummte ich geheimnisvoll und schickte dem verwirrten Harry neben mir einen möglichst filmreichen Blick, ehe ich zwei Taucherbrillen aus meiner Hosentasche fischte und ihm eine reichte.

„Glaub mir, du wirst sie brauchen. Denn während alle ändern kurz vorm Heulen sein werden aufgrund des brennendem Tomatensaftes, haben wir noch Chancen, die Opferzahl zu erhöhen.“

Er griff grinsend nach einer der Taucherbrillen, wir setzten sie synchron auf und ja, vielleicht nahmen wir die ganze Angelegenheit etwas zu ernst, aber so hatten wir wenigstens unseren Spaß daran und ich konnte sogar vergessen, dass ich vermutlich die einzige richtige Spanierin in der ganzen Stadt war.

__

Im nächsten Kapitel kommt Tomaten-Aktion haha:D

War schon mal jemand von euch bei der Tomatina oder hat davon gehört?

Wenn euch das Kapitel gefallen hat, dann nehmt euch doch bitte eine Sekunde Zeit und drückt auf den kleinen Stern um zu voten. Es ist kein großer Aufwand aber bedeutet mir wirklich viel, danke :) ♥

Schaffen wir mit diesem Kapitel wohl die 1'000 Reads?*-*

Hannah ♥

Itchy FeetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt