𝓢iebenundsechzig

3.6K 383 48
                                    

𝓣aehyung

Ich erwachte mit dem Gefühl, bereits mehrere Stunden geschlafen zu haben und schreckte auch dementsprechend hoch. Allerdings war es draußen noch immer dunkel und mein Handy war der Übeltäter, der meinen Schlaf gestört hatte. Das Gerät erhielt deshalb einen tötenden Blick meinerseits, ehe ich den Namen darauf las und daraufhin meine Augen verdrehte. Er wusste genau, wie sehr mich solche Reisen ermüdeten und trotzdem nervte er mich jetzt.

"Yoongi", sagte ich dann auch direkt in einem knurrenden Ton und versuchte ein wenig meine unordentlichen Haare in Form zu bringen. "Ich bin gerade nicht gut auf dich zu sprechen und mit deinem Anruf machst du es nicht unbedingt besser."

Ich hörte meinen besten Freund am anderen Ende leise schnauben, ehe er einmal unverständliche Worte vor sich hin brummelte. Das machte er öfter, wenn er darüber nachdachte, was er als nächstes sagen sollte, ohne dass er mich wütend machte - oder in diesem Falle nicht in Rage ausbrechen ließ.

"Taehyung, das nächste mal sagst du mir direkt Bescheid, wenn du angekommen bist. Das zunächst als Erstes. Und dann", er machte eine dramatische Pause, doch ich hörte im Hintergrund etwas knistern. Vermutlich aß er gerade etwas. "Wollte ich dich fragen, ob du dieses Schauspiel nicht langsam mal durchschaust?"

Ich stöhnte genervt und stand vom Bett auf, bevor ich mich an das Fenster stellte und hinaussah. "Lass mich raten, du sprichst wieder von Jungkook?"

"Wovon sonst? Diese Theatralik am Flughafen war doch wohl lächerlich und deutlich überzogen."

"Yoongi, du weißt, dass du gerade auch mich irgendwie beleidigst, oder? Betitelst du meine Liebe zu ihm also als lächerlich?"

Nun war mein bester Freund derjenige, der ein genervtes Stöhnen ausstieß und tief Luft holte. "Tae, du bist mein bester Freund, wie könnte ich dann so etwas denken? Ich will doch nur nicht, dass du verletzt wirst, wenn du schon das erste mal in deinem Leben so ein Gefühl empfindest."

Ich schüttelte den Kopf und rieb erschöpft meinen Nasenrücken. Es war unfair von mir, Yoongi so anzufahren, denn schließlich wollte er schon immer nur das Beste für mich. Er war der Einzige gewesen, der in der Zeit nach der Ermordung meiner Eltern für mich da gewesen war und in dieser Zeit hatte er - ebenso wie ich - eine große Abneigung gegenüber des Geheimdienstes entwickelt. Man könnte es beinahe schon Hass nennen, immerhin wollten sie unsere Geschäfte verhindern, die unsere Existenz bedeuteten und dass sie meine Eltern auf dem Gewissen hatten, machte diese Empfindung nicht weniger. Noch heute suchten Yoongi und ich nach ihrem Mörder, waren jedoch bisher erfolglos geblieben. Aber immerhin hatten wir es auch mit dem Geheimdienst zu tun, wenn wir ihre Agenten auf der Straße finden würden, hätten wir schon längst Rache üben können.

Seitdem waren wir anderen Menschen noch misstrauischer gegenüber geworden, Yoongi mehr als ich und vermutlich sollte ich diese Eigenschaft an ihm schätzen. Er passte auf, wenn ich es nicht tat und dass er sich nun auch vor Jungkook so aufführte, war völlig normal und ich sollte ihm in irgendeiner Weise dankbar sein.

"Tae, bist du noch da?", riss mich seine Stimme aus meinen Gedanken.

"Ja, klar. Tut mir leid, ich bin echt erschöpft. Ich melde mich morgen, ja?"

"Okay", erwiderte und wollte bestimmt direkt auflegen, doch da fiel mir noch etwas ein. "Kann ich dich um etwas bitten, Yoongi?"

"Worum geht's?"

"Ich weiß, das ist sicher das Letzte, was du willst, aber bitte hab ein Auge auf Jungkook, ja? Wenn ich weiß, dass du auf ihn aufpasst, kann ich mich hier besser konzentrieren."

Mein bester Freund seufzte ergeben und ich konnte sein leichtes Nicken förmlich vor meinen Augen sehen. "Okay, ein Auge kann ich wohl auf ihn haben. Ich wollte ihn sowieso mehr unter die Lupe nehmen."

Den letzten Satz ignorierte ich gekonnt und bedankte mich schnell bei ihm, ehe ich auflegte und das Handy auf die Matratze warf. Danach streckte ich mich einmal und lächelte sogar leicht, was mir die Spieglung meiner Selbst auf dem Fenster bewies. Allein der Gedanke an meinen Freund ließ mich lächeln, was ich früher beinahe nie getan hatte und ich übertrieb sicher nicht, wenn ich sagte, dass er mich zu einem besseren Menschen gemacht hatte. Und wenn nun auch noch Yoongi auf ihn aufpasste, konnte ich die Zeit hier in China bestimmt noch schneller hinter mich bringen.

𝐆𝐨𝐨𝐝 𝐨𝐫 𝐋𝐨𝐯𝐞?│ᴛᴀᴇɢɢᴜᴋ ✓Where stories live. Discover now