Kapitel 98

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Let Her Go- Passenger
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Seufzend schaue ich auf meine Hände, die auf meinem Schoß liegen. Fühlt sich so Liebe an? Ist es normal von jemanden so in einen Bann gezogen zu werden? Verzweifelt lasse ich mich mit meine Rücken auf die Matratze fallen. Ist mein Leben überhaupt normal?
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Amelia

Inzwischen sind bereits ein paar Tage vergangen und ich darf nun endlich wieder nach Hause. Zugegebenermaßen hallte ich es auch keinen Tag länger mehr hier im Krankenhaus mehr aus. Ich habe strikte Bettruhe, da mein Körper noch ein bisschen mit den Nachwirkungen des Schlangengiftes zu kämpfen hat und nun kenne ich das Krankenhauszimmer besser als jeder andere. Ich vermisse meine Kakteen, meine Aussicht aus dem Fenster aber vor allem mein Bett. Ich bin die letzten Nächte schon drei mal fast aus dem Bett gefallen, weil ich an mein großes Bett gewohnt bin. Dort kann ich mich fünf mal drehen bevor ich überhaupt am Rand angekommen bin. In dem Krankenhausbett reicht schon eine halbe Umdrehung und du klatschst auf den Boden. Das einzige was meinen Aufenthalt hier angenehmer gestaltet hat waren die Besuche von meiner Familie und meinen Freunden und die Nachrichten, die ich von Adriano geschickt bekommen habe. Er hat mir jeden Morgen einen ‚wunderschönen guten Morgen' und jeden Abend eine ‚erholsame und angenehme Nacht mit süßen Träumen' gewünscht. Bei den zwei Nachrichten ist es aber nicht geblieben. Jede freie Minute, welche ich ziemlich viele hatte, haben wir mit einander geschrieben, telefoniert oder Sprachnachrichten hin und her gesendet. Die längste Sprachnachricht meinerseits war über eine Stunde lang und die hat er sich tatsächlich komplett angehört. Das weiß ich, weil ich immer wieder Codewörter in meiner Sprachnachricht versteckt habe. Diese habe ich unabhängig vom Thema der Sprachnachricht ausgedacht und irgendwann gesagt. Am Ende konnte er mir tatsächlich alle Codewörter nennen, was ich als eine stolze Leistung bezeichnen würde. Die anderen Nachrichten, die wir hin und her schicken sind aber auch nicht gerade kurz und zudem mit Herzchen versehen. Ich weiß, dass wir uns noch nicht so lange kennen, allerdings kann ich nicht anders bei seiner liebevollen und fürsorglichen Art. Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der so sehr auf mich geachtet hat. Egal über welches Thema wir reden, er wählt seine Wortwahl weise und sehr rücksichtsvoll. Ich habe das Gefühl mit ihm über alles reden zu können und er würde mich immer verstehen. Ich bin sehr froh ihn nun in meinem Leben zu haben. Sobald sich ein guter Moment ergibt werde ich meine Familie mal fragen, ob Adriano und seine Familie uns mal besuchen können oder wir sie. Wir könnten grillen, einen Filmabend machen oder einfach nur zusammen am Lagerfeuer sitzen und reden. Einfach Zeit miteinander verbringen. Lina und Sophie würde ich dann aber auch einladen wollen, denn so wie ich sie kenne würden sie Adriano auf freundschaftliche Art und Weise lieben. Sie würden ihn wahrscheinlich als einen weiteren Bruder oder Cousin ansehen. Vielleicht auch als besten Freund so wie ich es momentan mache. Erstmal muss aber der passende Moment kommen um zu fragen, denn die Wahrscheinlichkeit dass sie sonst nicht für einen gemeinsamen Abend stimmen liegt ziemlich hoch. Er ist schließlich eine männliche Person in meinem Alter!

„Bist du bereit endlich nach Hause zu kommen?", fragt mein Bruder Valentino breit grinsend, während er in mein Zimmer eintritt. Meine anderen Brüder und Eltern sind ihn dicht hinter ihm. Auch sie haben ein Grinsen im Gesicht und gucken mich glücklich und erleichtert an. „Ja!", kichere ich und will mit viel Schwung aus dem Bett hüpfen. Matteo weiß es allerdings zu verhindern, indem er mich schon während ich mich aufrichte mit seinen stahlharten Armen umfängt und wieder streng zurück in die Matratze drückt. „Du hast immer noch Bettruhe, meine Liebe! Das bedeutet auch, dass du nicht aus dem Bett hüpfst!", stellt er klar. Vermutlich ist das auch besser so, denn mein Körper fühlt sich noch nicht hundertprozentig wieder fit an. Eine leichte Schwäche spüre ich noch und auch meine Knochen fühlen sich deutlich schwerer an als sonst. Martin hat mir aber erklärt, dass diese Symptome vom Schlangengift kommen. Sie werden aber in den nächsten paar Tagen abschwächen und dann vollständig verschwinden. Es braucht allerdings alles seine Zeit und Geduld und die habe ich nicht. Tatsächlich bin ich schon von klein auf ein Kind mit sehr viel Energie. Ich bin immer diejenige, die aus dem Bett hüpft wie ein Toast aus dem Toaster. Andere hingegen sind eher das Brötchen, dass mit der Nutellaseite nach unten fällt und liegen bleibt.

„Wir haben schon alles deine Entlassungspapiere unterschrieben also können wir direkt nachdem wir dich eingepackt haben nach Hause fahren! Chayana freut sich schon sehr!",lacht meine Mutter. Auch ich muss grinsen. „Ja! Sie liegt mir förmlich in den Ohren damit, wann du endlich nach Hause kommst! Sie möchte mit dir nämlich über irgendwas sprechen und das kann sie nur mit dir! Bei mir hat sie jeden meiner Versuche direkt abgeblockt! Scheint also ziemlich wichtig zu sein!", verrät Santiago. Irritiert gucke ich meinen Bruder an. Was will Chayana denn mit mir besprechen? „Chayana ist wirklich eine ganz süße! Sie ist so freundlich und hilfsbereit! Sie ist wirklich unglaublich!",fügt unsere Mutter hinzu. „Das sagst du nur, weil du Dank ihr nun weißt, wie man den perfekten Kaffee macht!", erklärt Santiago augenrollend. Kichernd beobachte ich die beiden. Chayana hat meine Mutter wirklich um den Finger gerollt, aber nicht nur sie. Auch die anderen scheinen sehr von ihr angetan zu sein. Nun freue ich mich umso mehr sie endlich wieder zu sehen. Anscheinend ist sie richtig aufgeblüht so wie sie sich gegen meinen Bruder behauptet. Wenn die beiden irgendwann mal zusammen kommen, dann wird ihre Beziehung auf jeden Fall nicht langweilig werden so viel steht fest!

„Während die beiden mit reden beschäftigt sind befreie ich dich mal!",raunt mir Blake ins Ohr und fängt an mich aus meinem Kokon bestehend aus Decken zu befreien. Sobald er dies geschafft hat hebt er mich in seine Arme und ich lege meinen Kopf zufrieden auf seine Schulter. Dann setzt er sich auch schon in Bewegung und verlässt mit mir und den anderen im Schlepptau das Zimmer, welches ich hoffentlich nie wieder sehen muss. Ohne viel Zeit zu verschwenden geht mein großer Bruder direkt zu seinem Auto und setzt mich vorsichtig auf dem Beifahrersitz ab. Dann macht er die Tür zu und joggt zur Fahrerseite um dort platz zu nehmen und zusammen machen wir uns auf den Weg nach Hause. Sobald wir auf unser Anwesen fahren und das Auto vor der Haustür hält wird auch schon die Haustür aufgerissen und eine überglückliche Chayana kommt heraus gerannt. Ich bin wirklich kurz sprachlos ,als ich sie sehe. Noch nie habe ich sie so glücklich und Sorgenfrei gesehen. Ihre Augen glitzern förmlich nur so vor Lebensfreude. Ich weiß nicht, was genau passiert ist, aber so wie es jetzt ist, ist alles richtig.

„Amelia!", schreit sie und reißt meine Tür auf. Stürmisch umarmt sie mich, wobei sie mich fast zerquetscht. Das fällt nun auch meinem Bruder auf! „Chayana, wenn du sie weiter so feste umarmst, dann können wir gleich wieder wegen Atemnot ins Krankenhaus fahren!", kommentiert er das Geschehen. Abrupt lässt sie von mir ab und ihre Wangen verfärben sich in ein leichtes Rosa. „Tut mir leid!", entschuldigt sie sich sofort und tritt ein paar Schritte rückwärts. Lächelnd winke ich ab. Mit wenigen Schritten kommt stattdessen Blake plötzlich auf ich zu und hebt mich im Brautstyle in seine Arme. Stimmt, ich darf ja nicht aufstehen. Wenn Chayana mich nicht so überrumpelt hätte, dann hätte ich es komplett vergessen und wäre eigenständig ausgestiegen. „Ich bringe sie in ihr Zimmer! Wenn ihr wollt, dann könnt ihr dort noch etwas quatschen!", erklärt mein Bruder sein Vorhaben. Lächelnd stimmen wir beide zu und dann liege ich auch schon ehe ich mich versehe in meinem großen Bett. Wie ich das vermisst habe!

„Amelia, ich muss dir so viel erzählen!", beginnt sie aufgeregt, sobald Blake die Tür hinter sich geschlossen hat um uns beiden ein wenig Privatsphäre zu geben. Auch meine Aufregung steigt von Sekunde zu Sekunde. Auffordernd gucke ich sie an und deute ihr weiterzumachen. „Es geht um deinen Bruder- ", beginnt sie hält dann aber inne. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich sie förmlich an. Was ist mit Santiago?

Nur der Wille zähltWhere stories live. Discover now