Kapitel 78

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Speeding Cars- Walking On Cars
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„Ich halte das für keine gute Idee!", widerspreche ich. Nun drehen sich alle Köpfe zu mir. „Ich meine, wenn sie sich schon irgendwelche Lügen ausdenkt um es uns bloß nicht erzählen zu müssen, wird sie es uns wahrscheinlich wenn sie aufwacht auch nicht sagen!", erkläre ich weiter. „Du hast recht! Wir müssen jemanden finden, dem sie alles mögliche anvertraut und wo sie nichts zu befürchten hat!", spricht Blake mehr zu sich selbst als zu uns. „Sophie und Lina!", entfährt es uns allen gleichzeitig. „Ich rufe mal Markus und Juan an und frage, ob die beiden morgen vorbeikommen können! Dann haben wir hoffentlich Klarheit!", erklärt mein Vater. Hoffentlich klappt unser Plan und wir erfahren bald, was passiert ist und wen ich dafür verantwortlich machen muss!
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Valentino

„Und?", frage ich sofort nach, als mein Vater wieder in Sichtfeld tritt. „Lina und Sophie können morgen vorbeikommen! Ich muss sowieso noch etwas mit Juan und Markus klären, weshalb sie die beiden direkt mitbringen können! Sie wollen am Mittag gegen 11Uhr vorbeikommen!", beantwortet er meine Frage. Mir fällt sogleich ein riesiger Stein vom Herzen! Durch ihr beiden besten Freundinnen werden wir hoffentlich den Grund für ihr Verhalten erfahren. Es macht mich verrückt, dass es meiner kleinen Schwester so schlecht geht, aber sie uns nicht die Ursache dafür verrät. So kann ich ihr nämlich nicht helfen, was ich aber gerne machen würde. Ich würde ihr gerne all diese Last und ihre Sorgen abnehmen können nur, damit sie wieder anfängt ihr Leben zu leben. Sie wieder anfängt zu Lachen, wenn sie etwas lustig findet. Sie wieder das macht, wofür ihr Herz schlägt. Dass sie wieder sie selbst ist- meine kleine Schwester. „Möchtest du auch?", fragt mich Santiago, welcher mir ein Glas mit Whisky anbietet und mich somit aus den Gedanken holt. Dankbar nehme ich es ihm ab und trinke erstmal einen Schluck. Das Brennen in meinem Hals, welches durch den Whisky erzeugt wird, wenn er meine Kehle herunterfließt lässt mich sofort einmal tief Luft holen. „Es ist echt nicht einfach seine kleine Schwester leiden zu sehen ohne ihr helfen zu können!",murmelt mein jüngster Bruder. Wir anderen stimmen ihm mit einen Nicken zu. Es ist mehr als nur nicht einfach- es ist reinste Folter.

Eine Weile genieße ich die angenehme Stille, die sich hier im Wohnzimmer ausgebreitet hat. Jeder geht seinen eigenen Gedanken nach und ich glaube nicht nur, ich weiß, dass diese sich um Amelia handeln. Nach einer guten halben Stunde verabschiedet sich mein jüngster Bruder und weitere zehn Minuten später die Zwillinge. Nun sind nur noch Luciano, Blake, Santiago, unsere Eltern und ich hier. „Habt ihr irgendeine Vermutung, was passiert sein könnte? In letzter Zeit hatte sie keinen Kontakt zu fremden Personen. Ich kann mir daher einfach nicht erklären, woher diese Gedanken und Befürchtungen von ihr herkommen!", teilt meine Mutter ihre Gedanken. Diese liegt in den Armen meines Vaters und schaut uns alle abwechselnd an. Ein lauter Seufzer entkommt meinem ältesten Bruder, während er sein Glas auf den kleinen Glastisch vor uns abstellt. „Genau dasselbe frage ich mich auch und ich kann es mir einfach nicht erklären! Ich habe nochmal die ganzen letzten Tage Revue passieren lassen, allerdings immer ohne irgendwelche Hinweise. Es ist als ob sie ausgetauscht wurde! Ich erkenne sie nicht wieder! Ich erkenne meine kleine Schwester einfach nicht wieder...!", stellt er am Ende fest. „Ich hoffe einfach nur, dass es eine Phase ist! Das es einfach nur ein Traum ist und ich morgen wieder aufwache und sie verhält sich wieder normal. Mit ihrer Lebensfreude, die einem den Tag versüßt!", murmelt Luciano. Seine Worte werden von Wort zu Wort immer leiser. Eine Stille herrscht wieder. Eine Stille, in der jedem klar wird, dass es so nicht weitergehen kann. „Wir sollten schlafen gehen! Es ist schon spät und wer weiß, was der morgige Tag mit sich bringt! Wir sollten alle ausgeruht sein!", unterbricht mein Vater die Stille. Zustimmend erheben wir uns alle und machen uns auf den Weg in unsere Zimmer. Dort trennen wir uns.

In meinem Zimmer angekommen begebe ich mich direkt ins Bad. Frisch geduscht und nur mit einer Jogginghose bekleidet lege ich mich anschließend ins Bett, wo ich dann das Licht ausschalte. Einschlafen kann ich aber nicht. Eine Weile liege ich einfach noch so dar und mache mir wieder Gedanken um meine Schwester. Jede Sekunde, die vergeht bringt mich immer mehr zur Verzweiflung. Noch nie hatte meine kleine Schwester solch ein Verhalten gezeigt und man merkt deutlich, wie es ihr zusetzt. Ich weiß nicht, wie lange ich einfach nur an die Decke starre, aber irgendwann übernimmt doch die Müdigkeit die Oberhand und ich schlafe ein.

Durch ein Licht, welches in mein Zimmer scheint wache ich auf. Verwirrt reibe ich mir meine Augen, während ich mich mit dem Oberkörper aufrichte. Eine kleine zierliche Statur leuchtet mit einem Handy in mein Zimmer und diese Statur kann ich ohne nachzudenken meiner kleinen Schwester zuordnen. Ich bin direkt in Alarmbereitschaft. „Ich wollte dich nicht wecken! Es tut mir leid!", schluchzt sie und wendet sich von mir ab, als sie mein aufwachen bemerkt. „Baby, es ist alles gut! Komm mal her!", beruhige ich sie. Innerlich bin ich aber alles andere als ruhig. Was macht ihr bloß solch eine Angst? Mit schnellen Schritten tappst sie auf das Bett zu und bleibt auf meiner Seite stehen. Mit meinen beiden Armen greife ich vorsichtig und langsam nach ihr und hebe sie in das Bett direkt auf mich drauf! Mit ihren kleinen Händen greift sie einmal um meinen Nacken herum und legt anschließend ihren Kopf in meine Halsbeuge. Leise Schluchzer entweichen ihr, was mich absolut beunruhigt. Zeigen tue ich es allerdings nicht. Stattdessen drücke ich ihren Kopf vorsichtig weiter an meine Halsbeuge und ziehe mit der anderen Hand beruhigend kleine Kreise auf ihren Rücken. „Was ist denn los? Ist was passiert?", frage ich fürsorglich. Leicht hebt sie ihren Kopf an, welchen ich aber mit Leichtigkeit wieder runter drücke.

„Ich kann das alles nicht mehr!", schluchzt sie. „Was kannst du nicht mehr?", frage ich weiter. „Ich bin zu nichts mehr zu gebrauchen! Ich kann weder schlafen noch kann ich essen und zudem habe ich vor jeder schnellen Bewegung Angst! Mach dass es aufhört! Mach dass es aufhört! Bitte, Valentino! Bitte mach, dass es aufhört",schreit sie laut stark weinend. „Pscht! Du bist nicht unbrauchbar! Ich brauche dich zum glücklich werden! Leonardo braucht dich zum glücklich werden! Matteo braucht dich zum glücklich werden! Wir alle brauchen dich! Hörst du?", mache ich ihr flüsternd deutlich. Einen lauten Schluchzer bekomme ich als Antwort!

Nur der Wille zähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt