Kapitel 93

805 50 1
                                    

Wish You The Best- Lewis Capaldi
-
Plötzlich durchfährt mich ein Ruck und spüre keinen Waldboden mehr unter mir. Stattdessen spüre ich Hände. Müde lehne ich meinen Kopf an die Brust von meinem Vater. Das er es ist, der mich trägt erkenne ich anhand seines Geruchs. „Wir müssen uns beeilen! Je nachdem was es für eine Schlange war, kann es tödlich enden!",befiehlt er rasend vor Sorge. „Ich will nicht sterben!", flüstere ich mit letzter Kraft. Wie durch Watte höre ich noch ein „Halte durch!". Dann beginnt alles sich zu bewegen und ich muss mich zusammenreißen nicht noch einmal zu erbrechen.
-
Amelia

„Halte durch, Amelia! Wir sind gleich da und dann wird dir sofort geholfen!",redet mein Vater beruhigend auf mich ein. Viel bringen tut es allerdings nicht, denn die Atmosphäre momentan ist alles andere als entspannend oder beruhigend. Wie vom Wolf gejagt hetzen wir durch den Wald und versuchen jede Abkürzung die es gibt mitzunehmen. Meine Wahrnehmung verrät, dass die Bäume und Büsche förmlich nur so an mir vorbeifliegen. Einzig und allein die schweren und schnellen Schritte gefolgt von dem schweren Atem hört man. Mit jedem Meter hört man Äste brechen und Blätter knistern. „Scheiße, man! Wo sind wir hier? Ich habe die Orientierung verloren! Eigentlich müssten hier die Wohnmobile stehen!", höre ich plötzlich Matteo lautstark fluchend. „Wie du weißt nicht mehr wo wir sind? Ich dachte du wüsstest wo du lang läufst! Wir haben keine Zeit, Matteo! Wir brauchen einen Arzt, jetzt!",schreit Alejandro ihn fassungslos an. „Was kann ich denn dafür, dass jeder Baum gleich aussieht! Geh du doch vor!" „Das wäre ich auch sofort, wenn ich gewusst hätte, dass du uns ins absolute Nichts laufen lässt!". Ich höre die zwei immer weiter streiten, bis Valentino irgendwann eingreift. „Wir können daran nichts mehr ändern! Wir müssen aber so schnell wie möglich die Orientierung wiederfinden, denn uns läuft die Zeit davon!", erklärt er rasend vor Sorge. So eine Beunruhigung habe ich noch nie in seiner Stimme gehört. „Dumme... Idee...Matteo...Führung!", flüstere ich. Diese paar Worte rauben den Rest meiner Kraft, welche ich noch besitze. Ich werde von Minute zu Minute schwächer und mein Handgelenk schmerzt immer stärker ,sowie der Rest meines Körpers. Es fühlt sich so an, als wäre mein Körper in Flammen. „Nicht reden, Amelia! Versuch durchzuhalten! Wir können mal gucken, ob wir hier Empfang haben. Immerhin sind hier nicht mehr so viele Bäume und ich meine weit entfernt eine Straße zu hören! Könnte einer mal sein Handy herausholen und es ausprobieren!",befiehlt mein Vater den Zwillingen und Valentino. Da ich sowieso nicht erkennen kann, ob die anderen seinen Befehl folgen, bleibt mein Kopf an der Brust meines Vaters angelehnt. Ob ich ihn überhaupt bewegen könnte, wenn ich es versuchen würde, weiß ich noch nicht mal. Ausprobieren werde ich es aber vorerst nicht, denn riskieren werde ich jetzt nichts mehr.

Ich will nicht sterben. Ich will nicht meine Familie alleine in dieser großen und weiten Welt lassen. Ich will sie nicht alleine leben lassen. Ich möchte mit ihnen leben. „Ich habe Empfang! Ich rufe sofort die anderen an!",ertönt plötzlich die Stimme von Alejandro zu meiner rechten. Die Erleichterung kann man nicht überhören. Erneut hört man das Knistern und Knacken der Äste und Blätter. Auch die Stimme meines Bruders hört man erneut, allerdings kann ich nichts verstehen, weil sie sich immer weiter entfernt. „Ich habe auch Empfang! Ich werde nun die Führung übernehmen und uns auf dem schnellsten Wege zurückbringen!", erklärt Matteo. „Nein das übernehme ich! Immerhin haben wir es dir zu verdanken, dass wir uns verirrt haben! Ich gehe jetzt kein Risiko mehr ein, deshalb übernehme ich ab hier jetzt die Führung! Und wir haben keine Zeit für Diskussionen! Unserer Schwester geht es richtig schlecht und sie sieht mehr tot als lebendig aus! Uns läuft die Zeit davon. Wenn wir sie retten wollen, dann jetzt und ohne Umwege!", betont Valentino. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie Valentino dabei seinen jüngeren Bruder anguckt, denn ein Widerspruch kommt von Matteo nicht.

„Die anderen wissen Bescheid und leiten schon einmal alle Maßnahmen ein! Wir können also nun los und das sollen wir auch schleunigst tun!", ertönt Alejandros Stimme aus einer geringen Entfernung. Seinen Blick und auch den der anderen spüre ich deutlich ,auch mit geschlossenen Augen. Das Startsignal lassen sich die andern aber nicht zweimal sagen. Erneut beginnt alles zu ruckeln und die Übelkeit tritt wieder in den Vordergrund. Nicht, dass sie davor schon nicht spürbar gewesen war. Mein Zeitgefühl ist absoluter Schrott. Es können fünf Minuten oder dreißig Minuten vergangen sein. Ich weiß es nicht, allerdings fühlt es sich wie eine Ewigkeit an.

„Um Gottes Willen! Alejandro hat nicht übertreiben, als er gesagt hat, dass du wie eine Leiche aussiehst!". Vielen Dank für das Kompliment. Wenn ich nur halb so schlecht aussehe, wie ich mich fühle, dann herzlichen Glückwunsch. „Martin ist leider zu weit weg! Er hat uns aber mehrere andere hochqualifizierte Ärzte geschickt, die meine Tochter mit dem Helikopter abholen kommen und die ersten Schritte einleiten. Martin wartet im Krankenhaus auf uns, da es dort eine größere Auswahl an Gegengiften gibt, als bei uns im Krankenzimmer. Da wir aber nicht wissen von welcher Schlange Amelia gebissen wurde und er sie nicht alle mitbringen kann, müssen wir Zugriff zu allen Gegengiften haben. Er ist dort aber schon alles am vorbereiten. Der Helikopter müsste jeden Moment kommen!", redet meine Mutter weiter. Kurz nachdem sie aufgehört hat zu reden, hört man in der Ferne schon das Geräusch eines Helikopters. Zu deren und auch meinem Glück geht es mir so schlecht, denn sonst würde ich bestimmt nicht in dieses Ding einsteigen was sich Helikopter nennt. Ich traue sowieso schon keinen Flugzeugen, Helikoptern aber noch weniger. Die Geräusche werden immer lauter und eine leichte Brise fliegt über meinen Körper. Nach kurzer Zeit nehmen die Geräusche und der Wind immer mehr zu. Zum Glück liege ich in den Armen meines Vaters, denn sonst wäre ich mit Sicherheit weggeflogen und wie eine Briefmarke an den nächsten Baum geklatscht. Auf einmal wird es wieder leiser und ich höre fremde Stimmen. „Hallo! ich bin Lennard, das ist Pablo und das hier ist Hendrik! Wir sind gute Freunde von Martin, welcher uns angerufen hat! Wir wissen Bescheid und haben alles für die Erstversorgung im Helikopter! Wir würden sie gerne so schnell wie möglich zum Abtransport vorbereiten und dann sofort loslegen. Jede Sekunde kann nämlich sehr entscheidend sein!", erklärt anscheinend Lennard. „Einer kann mitfliegen! Der Rest kann sofort nachkommen!", ertönt nun eine andere Stimme.

Ein paar kurze Sätze werden noch ausgetauscht, bis sich mein Vater mit mir in den Armen erneut in Bewegung setzt. dadurch erbreche ich erneut und fühle mich noch elendiger als davor. „Ich... will... nicht... sterben!", flüstere ich. „Nein Amelia, du stirbst nicht! Das verbiete ich dir! Wenn du stirbst, dann kriegen wir beide richtig Ärger!",spricht mein Vater mir zu. Plötzlich spüre ich eine Art Matte unter meinem Rücken und anschließend etwas spitzes an meinem Arm. Kurze Zeit später versinke ich in der tiefen schwarzen Welt.

Nur der Wille zähltWhere stories live. Discover now