ein glücklicher Dieb?

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Hey Leute,

hier ist nun das nächste Kapitel. Es ist zwar ein ruhiges Kapitel, aber dafür wird es wohl im nächsten Kapitel wieder etwas interessanter und wohl auch wieder etwas zum Schmunzeln geben.

LG Juzo-chan

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Kapitel 79: ein glücklicher Dieb?

Nervös sitze ich auf dem Sofa im Salon neben Lady Elisabeth. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie oft ich in den vergangenen Stunden dazu ermahnt wurde, sie nicht so formell anzusprechen. Allerdings ist das deutlich leichter gesagt, als getan. Uns gegenüber auf dem Sofa sitzt Sir Edward und lächelt mir ermutigend zu. Der Earl hat vor einigen Minuten den Salon verlassen, um Lord und Lady Midford in Empfang zu nehmen und direkt hierher zu begleiten. Neben uns befindet sich nur Tanaka im Raum, welcher Tee serviert und ansonsten zurückhaltend an der Wand steht. Sebastian ist dem jungen Earl gefolgt. Doch was mich am meisten wundert – trotz dieser ganzen Situation, in welcher ich mich auf einmal befinde – ist die Tatsache, dass ich weder Prinz Soma noch Agni in den vergangenen Stunden gesehen habe. Ich habe den Prinzen ja noch nicht einmal gehört und das ist wirklich ungewöhnlich. Ich kam aber auch noch nicht dazu jemanden deswegen zu fragen. Es ist einfach viel zu viel in den letzten 48 Stunden passiert.
Ich schlucke einmal nervös, als ich schnell näher kommende Schritte hören kann. Allein vom Klang der Schuhe – es sind definitiv Damenschuhe mit Absatz – wird mir mulmig.
„Du brauchst nicht nervös zu sein.", redet Lady Elisabeth mit ruhiger Stimme auf mich ein. Als ich zu ihr blicke, schaut sie mich mit einem sanften Lächeln an. Tatsächlich beruhige ich mich wirklich ein Stück weit, aber leider nicht komplett.
Als die Tür dann auch noch geöffnet wird, spüre ich mein Herz wieder bis in meine Ohren schlagen. Das Erste, das ich sehe, als ich meinen Blick auf die Tür richte, sind Sebastians rotbraune Augen. Kurz treffen sich unsere Blicke und Ruhe macht sich in mir breit. Ein leichtes aufmunterndes Lächeln legt sich auf seine Lippen. In einer eleganten Bewegung öffnet der Butler die Tür gänzlich und verneigt sich leicht. Noch ehe er ein Wort sagen kann, was er aber wohl auch nicht vorhatte, tritt auch schon Lady Midford mit schnellen Schritten ein. Ihr Auftreten überrascht mich ein wenig. Von der ruhigen, strengen und vor allem disziplinierten Frau, die ich noch vor wenigen Tagen kennengelernt habe, ist im Moment nicht viel zu sehen. Natürlich sieht sie noch immer ihrem Stand entsprechend aus. Aber in ihren Augen liegt ein anderer Ausdruck.
In dem Moment, in welchem ihr Blick auf mir liegen bleibt, bleibt sie in der Tür stehen. Sir Edward ist der Erste, der sich regt. Langsam steht er vom Sofa auf und wendet sich seiner Mutter zu.
„Mutter...", möchte er zu sprechen beginnen, doch da setzt sie sich auch schon in Bewegung. Ähnlich, wie bei Lady Elisabeth, sehe ich nur verschwommen auf mich zu kommen. Dann schließen ihre Arme mich auch schon in eine feste, aber warme Umarmung. Es vergehen einige Sekunden, in denen wir einfach nur so dort stehen – ich habe nicht einmal bemerkt, wie sie mich auf meine Beine gezogen hat – dann löst Lady Midford sich wieder langsam. Sie geht nur ein Stück zurück und auch ihre Hände bleiben um mein Gesicht hängen.
„Ich kann es nicht glauben.", haucht sie beinahe schon. Überrascht kann ich etwas Kleines in ihren Augen aufblitzen sehen.
>Sind das etwas Tränen?<, frage ich mich irritiert.
„Hätte ich mir nur eher die Zeit genommen, dich richtig anzusehen. Es hätte mir gleich auffallen müssen.", redet sie dann auch schon weiter. Ihr sonst so strenger Blick ist sanft und ein leichtes Lächeln liegt auf ihren Lippen. Ich will mir noch vorstellen, wie es sein muss beide Brüder samt dessen Familie zu verlieren.
„Keiner von uns hat es gesehen, meine Liebe. Dich trifft keine Schuld.", versucht Lord Midford seine Frau zu beruhigen. Mit sanftem Ausdruck in den Augen tritt er hinter diese und legt ihr eine Hand auf die Schulter.
„Ich hätte es sehen müssen, sie sieht ihnen beiden so ähnlich. Jetzt noch mehr, als damals schon.", entgegnet Lady Midford auf die Aussage ihres Mannes nur.
„Vater hat recht, Mutter. Keiner von uns hat es gesehen und dabei hätten wir alle es bemerken müssen. Wenn dich Schuld trifft, dann trifft uns allen dieselbe Schuld.", mischt sich Lady Elisabeth nun auch ein.

„Habt ihr euch bereits Gedanken darüber gemacht, wie es weiter gehen wird?", fragt Lord Midford, als wir alle verteilt auf den Sofas sitzen.
„Das haben wir in der Tat, Onkel.", antwortet der Earl mit ruhiger Stimme.
„Nun. Zu welcher Ansicht seid ihr dabei gekommen, mein lieber Neffe?", fragt der Lord weiter nach. Der Earl lehnt sich in seinen Sessel vor und stützt die Ellenbogen auf seinem überschlagenen Bein ab. Mit dem Blick wandert er kurz von Lord Midford zu Lady Midford und wieder zurück.
„Wir sprachen darüber, einen Zweitnamen in das Familienregister eintragen zu lassen. Amelia hat einige Monate als Lucia gelebt und sich an diesen Namen gewöhnt. Da sie bisher keinen Zweitnamen hatte, würden wir diesen nachträglich eintragen lassen.", erklärt der Earl mit ruhiger Stimme. Verstehend nicken Lord und Lady Midford.
„Das klingt durchaus logisch und ist nachvollziehbar.", stimmt Lord Midford schließlich nach kurzem Schweigen zu.
„Gut, Tanaka wird sich umgehend darum kümmern.", kommt es mit einem kleinen Lächeln vom Earl.
„Natürlich, mein Herr.", antwortet Tanaka und verlässt nach einer kleinen Verbeugung den Raum.
„Wie sieht es mit der Ankündigung ihrer Rückkehr und ihrer Einführung in die Gesellschaft aus?", fragt nun Lady Midford.
„Darüber haben wir uns ebenfalls Gedanken gemacht.", antwortet dieses Mal Sir Edward.
„Wir dachten daran, den Ball von Lady Greenhill am Ende der Saison dazu zu nutzen.", redet Lady Elisabeth weiter.
„Am Ende der Saison?", fragt Lady Midford nach.
„Du musst bedenken, dass Lucia nicht über das nötige Wissen verfügt, um einen solchen Anlass gerecht zu werden. Es wäre nicht zu ihrem Besten sie zu schnell in die Gesellschaft einzuführen.", mischt sich nun auch der Earl ein. Verstehend nickt Lady Midford.
„Ich habe bereits eine Annonce aufgeben lassen, um einen geeigneten Lehrer zu finden. Es sollte also durchaus im Rahmen des Möglichen sein, Lucia bis zum Ende der Saison für einen Ball vorzubereiten."
„Das klingt alles sinnvoll und wohlüberlegt.", stimmt Lord Midford zu: „Doch wie steht es um die Vormundschaft? Darüber habt ihr euch doch sicherlich ebenfalls Gedanken gemacht." Leichte Nervosität macht sich in mir breit. Nun ist es also so weit. Als einziger noch lebender Onkel – wenn auch nur angeheiratet – hat er eigentlich die Vormundschaft und darf über alles Wichtige entscheiden.
„Natürlich wird die Vormundschaft in deinen Händen liegen, Onkel.", kommt es beinahe sofort vom Earl. Verstehend nickt der Marquis.
„Doch du möchtest, dass sie hier in deinem Anwesen bleibt. Gehe ich recht in der Annahme?", fragt er nach. Ein wenig überrascht es mich, dass er das sofort erkannt hat. Zustimmend nickt der Earl.
„In der Tat. Damals nach dem Unfall hat mein Vater die Vormundschaft übernommen. Bedauerlicherweise ist er ebenfalls viel zu früh verstorben. Ich selbst bin wohl noch deutlich zu jung, um der Vormund meiner Cousine zu sein. Dennoch würde ich es mir wünschen, wenn sie wieder in diesem Anwesen leben wird, so wie es damals war. Vielleicht erlangt sie auf diesem Weg auch schneller ihre Erinnerungen wieder.", erklärt der Earl mit sachlicher Stimme aber einem Lächeln.
„Und dein Butler wäre wohl ebenfalls sehr dafür.", fügt Lord Midford mit einem sanften Lächeln hinzu. Bei seinen Worten schiele ich leicht zu Sebastian herüber. Seine Miene ist ruhig und emotionslos wie immer. Als er seinen Blicken ebenfalls kurz auf mich richtet, spüre ich die Hitze in meine Wangen steigen und wende meinen Blick schnell wieder ab. Dabei trifft mein Blick auf den des Marquis und ein wissendes Lächeln legt sich auf seine Lippen.
„Die frohe Botschaft einer Verlobung unter den Bediensteten der Familie Phantomhive macht bereits in London seine Runde.", beginnt er zu sprechen: „Allerdings dachte ich dabei zuerst an deinen Koch und das Dienstmädchen. Dann fiel mir allerdings ein, dass Lizzy einmal erwähnte, dass eine gewisse Anziehung zwischen deinem Butler und dem neusten Zugang deines Haushaltes existiert."
„Die Nachricht hat bereits London erreicht?", kommt es überrascht vom Earl. Ehrlich gesagt überrascht es auch mich. Immerhin haben wir erst gestern früh davon gesprochen. Man sollte den Adel beim Klatsch und Tratsch wohl wirklich nicht unterschätzen, selbst wenn es nur um die Bediensteten geht. Zustimmend nickt Lord Midford. Sein Blick richtet sich auf mich, dann geht er zu Sebastian. Der sonst so fröhliche Mann ist auf einmal ernst, dann legt sich aber wieder ein Lächeln auf seine Lippen.
„Ich habe nichts gegen diese Verbindung einzuwenden. Sie entstand, ehe wir die Wahrheit kannten. Sie nun zu unterbinden wäre sicherlich nicht im Sinne meines lieben Schwagers und seiner Frau, nicht Liebes?", kommt es vom Marquis. In dem Moment, in dem er dies sagt, fällt mir ein Stein vom Herzen.
„Da es sich hier um die einzige Tochter meines Bruders handelt, habe ich ebenfalls nichts gegen diese Verbindung. Allerdings verlange ich, dass der Butler sich zuerst als würdig erweist.", kommt es von Lady Midford. Während sie mich mit einem sanften Blick anschaut, blickt sie streng und unnachgiebig zu Sebastian. Dieser aber lächelt nur leicht.
„Ich werde mich jeder Prüfung stellen.", entgegnet er: „Selbst jene, welche unmöglich erscheinen."
„Merke dir deine Worte.", entgegnet die Marquis. Sebastian lächelt daraufhin nur weiter höflich. Unbehagen macht sich in mir breit. Die Anspannung zwischen den beiden ist deutlich zu spüren. Es ist als würden jeden Moment kleine Blitze zwischen ihnen entstehen.

SchattendiebWhere stories live. Discover now