Kapitel 22

6.9K 365 54
                                    

Vincent wehrte sich nicht. Er war so überfordert, dass er wie gelähmt war. Es kam ihm vor, als würde er die Szene als Außenstehender betrachten und nichts machen können.
Er sah was vor sich ging, aber verarbeitete die Eindrücke nicht. In seinem Gehirn kamen einzig alleine die Bilder an, aber er führte sie nicht zusammen, sodass er nicht verstehen konnte, was gerade vor sich geht.
Sein Verstand war wie in Watte eingepackt, sodass er sich nicht einmal mehr wehrte, obwohl das zu den Urinstinkten gehört.
Erst als der Alpha sein Kinn nahm und zur Seite schob, löste sich die Watte in Vincents Kopf mit einem Schlag auf.
Die Informationen prasselten auf ihn ein und Panik stieg in ihm auf.

Er versuchte sich aus dem Griff des Anderen zu lösen, doch die Kraft des Alpha war höher und aufsetzten konnte er sich auch nicht, da Elias sein ganzes Körpergewicht auf seinen Rumpf verlagert hatte.
Obwohl sein Gesicht von Elias weggedreht ist, erkannte er im Augenwinkel das sich dieser herab beugte. Er konnte dem Atem des Alphas an seinen Hals spüren.
Jetzt verstand er, was gerade passierte: Elias wollte ihn markieren!
Jetzt versuchte er noch stärker den Alpha von sich zu drücken, doch dieser hielt den Omega mit Leichtigkeit auf der Matratze.

Elias spürte, wie sich sein Kiefer veränderte. Seine Zähne wurden länger. Als diese aufhörten zu wachsen und aussahen, wie die eines Raubtieres biss er ohne noch einmal nachdenken in die Halsbeuge seines Mates.
Der Gedanke seinen Gefährten zu markieren hatte sich in seinen Gedanken festgesetzt und sein innerer Wolf, der ihn seit Tagen drängte, seinen Mate endlich näher zukommen, ließen seinen Menschenverstand komplett ausschalten.
Ein unglaublich warmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Ein Schauder des Wohlbefindens durchzog seinen Körper und hinterließ eine kribbelnde Gänsehaut. Erregung stieg in ihm auf und ließ ihm ganz heiß werden. Auch sein innerer Wolf Neo war ganz wie in Trance.
Das einzige, was dieser noch in Stande war, von sich zu geben war: "Meins und Mate".

Während der Alpha das wunderbare Gefühl des frisch geknüpften Bandes zwischen Gefährten genoss, schrie Vincent vor Schmerzen.
Für ihn fühlte es sich an, als hätte jemand flüssiges Silber in die Wunde an seinen Hals gegossen und das für Werwölfe giftige Metal würde sich über seine Blutbahnen in seinen ganzen Körper verbreiten. Seine Muskeln zogen sich krampfhaft zusammen und panisch versuchte er wieder nach Luft zu bekommen, nachdem der Schmerzensschrei ihm den ganzen Sauerstoff seiner Lunge gekostet hatte.
Die Sicht des Omegas wurde verschwommen. Ob von den aufkommenden Tränen, oder ob ihm schwindlig wurde, konnte er nicht beurteilen. Es war auch egal. Für ihn war im Moment nur wichtig, das die erste Welle des Schmerzes langsam abebbte.
Dieses Empfinden wurde von einem Taubheitsgefühl ersetzt, welches Vincent dankend annahm. Sein panisches nach Luft schnappen wurde flacher, doch mit jedem Atemzug brannte seine Lunge.
Elias hatte sich während des Bisses so entspannt, das er mittlerweile mit seinem gesamten Körpergewicht auf Vincent lag und so sein Atmen erschwerte, doch der Omega bemerkte das zusätzliche Gewicht nicht. Die Taubheit wurde stärker und nur ein unangenehmes Kribbeln blieb im Moment zurück. Die Stelle, in der der Alpha immer noch biss, war die einzige, die so stark schmerzte, dass Vincent trotz der Taubheit ein dumpfes Ziehen spürte.

Elias Augen waren geschlossen. Die Empfindungen der letzten Sekunden haben ihn vergessen lassen, in welcher Situation er sind befand. Ein letztes angenehmes Kribbeln durchzog seinen Körper.
//Ich will auch markiert werden//, säuselte Neo in seinem Kopf. Sein innerer Wolf brachte seinen Verstand wieder zum Funktionieren. Langsam richtete er sich auf und zog seine Zähne aus der Halsbeuge seines Gefährten. Er betrachtete den Biss zufrieden, als ihm ausfiel das sein Wolf recht hatte. Er ist nicht markiert worden. Elias nahm seinen Blick von der Markierung und sah zu Vincents Gesicht.
Bei dem Anblick der tränenüberströmten Wangen des Omegas wurde er mit einem Schlag in die Realität zurückgezogen. Sein vernebelter Verstand hatte ihm vorgegaukelt, er und sein Gefährte hätten sich gerade aus Liebe markiert, aber so war es nicht. Er hatte den Omega einfach gebissen, obwohl dieser es nicht wollte.

Der Anblick seines Gefährten, der ausdruckslos die Decke anstarrte, während ihm immer noch Tränen die Wangen herunterliefen, lief Elias Magen zusammen ziehen. Er war daran schuld! Ruckartig stand er von dem Omega auf. Dieser drehte den Alpha den Rücken zu und zog seine Beine an, während er ließe schniefte.
Elias war kam es so vor, als würde Vincent ihn nicht mehr wahrnehmen.

Überfordert stand er in der Mitte des Raumes und beobachtete seinen Gefährten. Er spürte das durch den Biss ein Band zwischen ihnen entstanden ist und durch dieses konnte er fühlen, wie schlecht es Vincent ging. Am liebsten hätte er den Omega in den Arm genommen und getröstet, doch er hatte Angst so alles schlimmer zu machen.
Ein leises: >>Ich hasse dich.<< durchbrach seine Gedanken. Alles in ihm zog sich zusammen und ihm wurde schlecht. Die Worte von Vincent ließen sein Wolf winseln.

Vincent fing wieder an zu schluchzen. Ihn durchzog ein Zittern bevor seine Tränen wieder mehr wurden. Hinter ihm schloss sich die Tür des Zimmers und er wurde alleine gelassen, aber das bemerkte der Omega gar nicht. Während er weinte, biss er so stark auf seinen Fingernägeln herum, das sein Kiefer irgendwann anfing zu schmerzen und die empfindliche Haut an Vincents Fingerspitzen aufriss und leicht blutete, da der Omega durch sein Zittern nicht immer seine Fingernägel traf.

Bisher das Kapitel, was am schwierigsten zu schreiben war😪

Die meisten haben ja schon vermutet, was passieren wird... Elias hat wirklich die Grenze überschritten, obwohl er davor auch nicht gerade gut zu Vincent war.

Ein Alpha zum DavonlaufenWhere stories live. Discover now