Kapitel 10

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Verschlafen öffnet Vincent die Augen. Er musterte seine Umgebung. Zuerst war er verwirrt, wo er war, bis ihm einfiel, dass er im Zug eingeschlafen ist.
Gähnend streckte er sich und sah aus dem Fenster. Draußen war es immer noch dunkel. Der Omega versuchte zu erkennen, ob er die Umgebung kannte, aber das hätte er wahrscheinlich auch nicht mit Tageslicht gekonnt. Sein Blick wanderte zur Uhr des Zugabteils. Zufrieden stellte er fest, dass er mehr als zwei Stunden geschlafen hatte und so mehr als die Hälfte der Fahrt hinter sich gebracht hatte.
Ihn wunderte es, das er so lange schlafen konnte, ohne von einem Kontrolleur geweckt worden zu sein.

Bei den Gedanken an diesen wanderte seine Hand zu seiner Jackentasche und er wollte nach der Fahrkarte greifen, aber sie war nicht da. Von dem Schreck nun viel wacher suchte er seine andere Jackentasche und auch die seiner Hose ab, aber er fand sie nicht. Im Gegenteil. Vincent stellte fest das wenige Geld, was er noch übrig hatte, auch weg war. Nur sein Handy war noch da, was es wohl wegen den vielen Rissen und seinem Alter nicht mehr wert war zu klauen.

Verzweifelt raufte er sich die Haare. Wie viel Pech konnte er den haben? Aus der Hoffnung heraus, dass er einfach nur noch verschlafen ist und deswegen etwas verpeilt ist, tastete er noch mal jede seiner Taschen ab und suchte auch in seinem Rucksack nach den Gegenständen. In seinem Rucksack war noch alles vorhanden, aber sein Geld und die Fahrkarte waren weg.
Er hatte so lange dafür gespart und jetzt ist alles gestohlen worden! Die Mondgöttin muss ihn wohl wirklich hassen. Sonst würde sie ihm nicht so viele Hürden in den Weg legen.

Vincent sah zu der kleinen Anzeigentafel, auf der die kommenden Bahnhöfe standen und musste feststellen das er noch ein gutes Stück von seinen Ziel entfernt war. So lange würde er es wohl nicht schaffen, ohne das seine Fahrkarte kontrolliert wird.
Vor lauter Stress kaute er auf seinen Fingernägeln. Es war eine schlechte Angewohnheit von ihm, die immer hervorkam, wenn er Stresssituationen ausgeliefert war.
Wieder sah er zu dem Bildschirm. Der Zug würde in ein paar Minuten wieder halten. Der Omega war sich nicht sicher, ob er aussteigen sollte oder nicht und sah sich um. Im Moment konnte er keinen Kontrolleur entdecken, aber sein Blick blieb an einem kleinen Schild hängen, auf dem steht wie hoch das Bußgeld für Schwarzfahrer wird.
Bei der Summe wurde Vincent weiß im Gesicht. So viel Geld hatte er nicht. Er hatte gar kein Geld mehr!
//Ich vermute mal, das die Strafe nachträglich gezahlt werden muss und wir einen Brief nach Hause bekommen würden. Doch darauf steht bestimmt auch welche Strecke wir gefahren sind und das wäre mehr als unvorteilhaft, da wir Elias keinen Tipp hinterlassen sollten, wo wir hin sind//, grübelte Milo.
Es war das erste Mal das Vincent irgendwo mit dem Zug hinfährt, geschweige den als Schwarzfahrer. Er wusste nicht wie genau das ablaufen würde, wenn erwischt wird.

Die nächsten Minuten Rang er mit sich selber, ob es schlauer wäre auszusteigen, oder sitzen zu bleiben. Als würde ihm das Universum die Entscheidung abnehmen wollen, entdeckte er, kurz bevor der Zug halten würde, im nächsten Zugabteil einen Bahnangestellten, der gerade einen Fahrgast weckte, um seine Fahrkarte kontrollieren zu können. Kurzerhand stand der Omega auf und hastete zu einer Tür, die großen Abstand zwischen ihm und den Kontrolleur brachte.
Erleichterung kam in ihm auf, als der Zug hielt und er aussteigen konnte.

An seinen Nägeln kauend sah er dem Zug hinterher, als dieser wieder losfuhr. Wie bestellt und nicht abgeholt stand er jetzt an dem kleinen Bahnhof, der von ein paar flackernden Leuchtstoffröhren erhellt wurde.
Vincent sah sich um und stellte fest, das er in einer sehr ländlichen Gegend ausgestiegen ist und die Zugstation sehr klein und etwas veraltet war. Seufzend griff er nach seinem Handy und wollte nachsehen, wo er war, musste dann aber feststellen das sein Akku den Geist aufgegeben hatte. Verzweifelt packte er es wieder in seine Tasche. Heute ging aber auch alles schief!

Die Mondgöttin verfluchend ging Vincent zu einer Infotafel und entdeckte eine Karte der Stadt. Er hatte den Stadtnamen noch nie gehört und wusste nur durch die Anzeigetafel im Zug ungefähr wo sich diese sich befand.
Wenigstens hatte er schon ein großes Stück zwischen ihm und Elias gebracht und er musste sich im Moment keine Sorgen über den Alpha machen.
//Aber um einen Schlafplatz sollten wir uns bemühen//, ergänzte sein innerer Wolf Vincents Gedankengang.
Zustimmend nickte er und musterte die Karte. Die Stadt war nicht gerade groß und es sah so aus, als würde sie neben einem großen Waldgebiet liegen.
//Wir haben die Möglichkeit uns irgendwo in der Stadt eine Parkbank zu suchen, oder in unserer Wolfsform in dem Wald zu Schlafen//, erläutert Vincent seinen Wolf.
//Das Problem ist, dass wir nicht wissen, ob es hier Werwölfe gibt. Jedoch haben wir keine andere Möglichkeit, da du frierst und wahrscheinlich gerade dabei bist krank zu werden. In meiner Form sind wir besser von der Kälte geschützt.//
Milo hatte recht. An Vincent nagte die Kälte der Nacht. Seine Hände hatte er in seinen Jackentaschen vergraben,  trotzdem konnte er spüren, dass seine Fingerspitzen leicht kribbelten und auch seine Zehen wurden langsam taub. Dabei war er erst seit ein paar Minuten aus dem warmen Zug heraus.
Es war zwar Sommer, aber mit der Sonne ging auch die Wärme. Die anderen Wölfen störte das nicht, da sie viel resistenter gegen Kälte waren, aber er als Omega nahm die Temperatur auf eine andere Weise war.
//Dann hoffen wir einfach, dass wir gerade nicht in einem Gebiet von Wölfen sind//, meinte Vincent und prägte sich den Weg aus der Stadt ein.

So viel Pech konnte er doch nicht haben, dass er ausgerechnet in einem Territorium von Werwölfen gelandet ist, oder?


Ich mache es unserem Omega wirklich nicht leicht 😅

Ein Alpha zum DavonlaufenWhere stories live. Discover now