iv. go down fighting

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"He looks at me like I am a girl brought in with the tide, rare and scarred and broken. A girl found in the roughest waters, in the farthest reaches of a dark fairytale. He is looking at me like he might love me."

Kaum stoppt unser Wagen wieder in dem hohen, grauen Raum unter der Tribüne, entfährt mir ein lauter Atemstoß. Mir kam es die gesamte Fahrt über vor als müsste ich die Luft anhalten, um nicht laut los zu schreien. Präsident Snow ließ anlässlich der 75. Hungerspiele ein neues Trainingscenter errichten. Alles ist größer, aufregender und pompöser. Doch es ändert nichts daran, dass dieser besondere Umbau nur für diese absurde Situation gemacht wurde.

Die ersten Sieger sind bereits aus der Halle verschwunden und ich beschließe ebenfalls so schnell es geht in unser Stockwerk zu komme, um mein enges Kleid gegen etwas gemütlicheres einzutauschen. Und danach zu Finnick.

Mit großen Schritten marschiere ich durch den Gang der Stylistin, bis ich vor dem Aufzug des Trainingscenter stehe. Während ich darauf warte, dass die Türen sich öffnen, höre ich eine sanfte, männliche Stimme mich begrüßen. Als ich mich umdrehe erkenne ich Beete Latier auf einer breiten Betonbank sitzen, die direkt an der großen Fensterwand platziert ist.

"Beete", begrüße ich ihn. "Wo ist deine bessere Hälfte?"

Schmunzelnd steht er auf, doch ehe er meine Frage beantworten kann, entdecke ich Wiress, die angelehnt an einem großes Fenster steht und verträumt auf die hohen Bauten des Kapitols blickt. Beete scheint also zu warten, dass sie sich aus ihrer Position löst und mit ihm auf das 3. Stockwerk zurück geht.

"Du wirkst dieses Jahr verändert, Juniper." Verlegen wende ich meinen Blick auf den Boden. Über die letzten Jahre konnte ich immer auf anspruchsvolle Gespräche mit ihm zählen. Zu all dem eine unglaublich observierende und intelligente Persönlichkeit.

"Es reicht mir", öffne ich mich dem Sieger aus Distrikt 3. "Ich hab lange genug das Bild der lieblichen, perfekten Siegerin verkauft, obwohl ich genau das Gegenteil im Inneren bin. Wir sollten alle dem Kapitol jetzt unser wahres Gesicht zeigen, findest du nicht Beete?"

Auf Beetes Gesicht macht sich ein Grinsen breit, ehe ein lautes Piepsen hinter mir die Ankunft des Aufzugs ankündigt. Gerade als ich in die 7 drücke und die Türen kurz vor dem schließen sind, hält Beete seine Hand dazwischen und flüstert:

"Ein wenig Rebellion hat noch nie geschadet." Daraufhin tritt er wieder zurück und der Aufzug setzt sich in Bewegung, während ich versuche seinen bedachten Blick und die gewählten Worte zu interpretieren. War es reiner Zufall, dass er das Wort Rebellion gewählt hat? Doch erneut denke ich, nichts was Beete Latier sagt ist unüberlegt. Wer weiß wie schnell ich im Anbetracht der 75. Spiele raus finden werde, was er damit meinte.

Nachdem ich in durch das noch menschenleere Apartment zu meinem Zimmer gestürmt bin und gar nicht schnell genug das goldene Kleid ablegen konnte, öffne ich die Tür zu dem großen Kleiderschrank. Direkt erkenne ich, dass die Klamotten, die dort ordentlich aufgereiht worden sind, aus meiner Wohnung im Kapitol stammen. Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an, dass ich dort nicht mehr gewesen bin. Schnell greife ich nach einem schwarzen, asymmetrischen Kaschmirpullover mit hohen Kragen. Es ist eins der wenigen Stücke die nichts mit der schrillen Mode des Kapitols zu tun hat. Bis heute bin ich froh, den grobgestrickten Pullover in dem Geschäft von Tigris entdeckt zu haben. Ich ziehe gleichzeitig die schwarze Hose aus dem Regal neben mir, die meiner Holzfällerhose aus der Heimat ähnelt.
Mit den frischen Klamotten betrachte ich mich kurz im Spiegel, um daraufhin ein wenig entspannter das Apartment wieder zu verlassen.

Aufgeregt tippe ich mit dem Fuß auf den gläsernen Boden vor dem Aufzug, als ich beobachte wie die Anzeige der Stockwerke sich langsam der 7 nähert. Schon kurz bevor es soweit ist, erkenne ich, dass sich im Aufzug drei Personen befinden, die eindeutig nicht wie Chaff und Seeder aus Distrikt 11 aussehen. Da bleibt fast nur noch eine andere Option.

Mit einem schrillen Piepsen öffnen sich die silbernen Metalltüren und ich lasse bestätigt die Arme neben meinen Körper fallen.

"Katniss, Peeta," ich trete zu ihnen in den Aufzug und wende meinen Blick anschließend zu dem blonden Mentor:
"Haymitch."

Unaufgefordert rückt Peeta näher an seine Geliebte und verschafft mir so den Platz mich ebenfalls an die Fenster des Aufzugs zu lehnen.

"Wohin des Weges, Goldi?" Fragt mich Haymitch mit stichelndem Unterton. Was ein grauenhafter Name, denke ich sofort, weshalb ich entgegne: "Erstens Haymitch-" ich hebe meinen Zeigefinger und deute warnend auf ihn. "-So wirst du mich nicht nennen und vielleicht stürze ich mich ja vom Dach. Wer weiß. Besondere Umstände erfordern besonderen Maßnahmen."

"Du würdest nur das tun, was Snow möchte. Wenn ich sterbe, dann wenigstens kämpfend", schaltet sich Katniss in die Konversation ein.
Sieh an, das Mädchen das in Flammen steht hat etwas gesagt dem ich nur zustimmen kann. Gerade als wir im 12. Stockwerk ankommen und die Drei den Aufzug verlassen, schüttelt Haymitch schmunzelt mit dem Kopf.

"So wie ich", füge ich hinzu und als der Aufzug endlich seinen letzten Halt erreicht hat, die Türen sich öffnen und mir die kühle Luft entgegen strömt, atme ich tief durch. Der Himmel ist bereits in den schönsten Farben erleuchtet, denn die Sonne ist langsam am untergehen. Und da sitzt Finnick, auf einer schlichten, weißen Holzbank und ist in das Licht des rosafarbenen Himmels gehüllt. Seine Augen sind in Ruhe geschlossen, auf seinen Lippen liegt ein schwaches Lächeln.

Ohne ihn aus dem Moment reißen zu wollen, trete ich etwas Näher an ihn heran, lasse mich vorsichtig neben ihn fallen und verschließe seine Hand mit meiner. Friedlich lege ich meinen Kopf auf seiner Schulter ab und lange Zeit sitzen wir eng zusammen und starren gedankenversunken über die Gebäude des Kapitols und über den Damm, in dem sich die Sonne spiegelt.

"Ich-", unterbricht Finnick die Stille und greift ebenfalls mit der anderen Hand nach meiner. "Ich bin so dankbar für dich. Und es hat diese Zeit gebraucht, in der wir gezwungen waren nicht beieinander zu sein, in der ich realisiert habe, wie glücklich mich deine pure Anwesenheit macht. Wie der Klang deines Lachens jeden schlechten Gedanken verscheuchen kann. In jedem Moment der letzten Jahre, in denen ich alleine im Bett lag und die Decke angestarrt habe oder in Annies Haus saß und versucht habe sie zu beruhigen, warst du immer in meinen Gedanken und hast mir etwas gegeben, dass mich nicht die Hoffnung verlieren ließ. Und so sollte es auch sein, nicht wahr?"

Gerührt von seinen Worten und den Tränen nah, frage ich ihn. "So sollte was sein?" Obwohl ich bereits weiß auf welche Antwort ich hoffe.

"Liebe." Und er ergänzt einen Moment später:

"Ich liebe dich", grinst der Golden Boy des Kapitols mich mit seinem ehrlichsten Lächeln an. "Und ich kann überhaupt nicht glauben, dass ich endlich geschafft habe es dir zu sagen."

"Und ich liebe dich," erwidere ich ohne zu Zögern, als mir eine Freudenträne über die Wange schießt und ich meine Hände an seine warmen Wangen lege und die Welt um uns in Vergessenheit gerät, als sich unsere Lippen berühren. Ein Gefühl überkommt mich, als würde mein Herz aussetzen, während Finnick mich immer näher an sich heran zieht. In meinen Körper breitet sich die Wärme aus, die er ausstrahlt und als wir uns langsam lösen und ich in seine Augen schaue, verliere ich mich beinahe in dem Ozean der hinter ihnen Wellen schlägt. Es war die Art Kuss, die mir das Gefühl gibt, als wäre ich in meinem ganzen Leben noch nie so glücklich gewesen.

Verträumt legt Finnick seine Stirn an meine, als die letzten Sonnenstrahlen hinter den Bergen des Kapitols verschwinden und wir durch das Aufschwingen der Aufzugtüren zurück in die Realität geholt werden.

"Na sie sich einer dieses Paar an. Wer hätte das bloß ahnen können", ironisch klatscht Haymitch in die Hände, doch sein ehrliches Grinsen zeigt mir, wie er es eigentlich meint.

Finnick legt einen Arm um meine Schulter, als eine weitere Person aus dem Aufzug tritt.

Plutarch Heavensbee.

Doch es hört nach ihm nicht auf, als ein paar weitere Sieger den Betonboden des Dachs betreten und erst nach einem Moment wird mir klar, dass wir alle aus einem Grund hier oben sind. Wir sind ein Teil der Rebellion.

ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt