xvii. the golden fox

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"We were children thrust into war and once it ends what will we become?"

Als ich mich im Spiegel betrachte erinnert nichts mehr an das Mädchen, das ich vor ein paar Tagen noch war. Mit Dreck in den Haaren und Blut auf der Haut. Noch weniger erinnert es an das Mädchen, dass ich vor ein paar Wochen war. Und nicht nur das, ich fühle mich wie ein anderer Mensch.

Ich bin in ein dunkles Kleid gehüllt, das fast vollständig transparent ist. Es zieren hunderte goldene Stickereien von Sternbildern. Meine langen, dunklen Haare verdecken den tiefen Ausschnitt und verschmelzen mit dem schwarzen Stoff. In meinen Haaren trage ich ebenfalls kleine Sterne.

"So!", sagt Gaia konzentriert, als sie gerade den letzten platziert und mir eine Strähne zurecht rückt. "Alles farblich abgestimmt", fügt sie hinzu und legt ihre Hand auf meine Schulter. "Los gehts." Gaia nimmt behutsam meine Hand und bringt mich hinter die Bühne. Ich kann Caesar von hier bereits reden hören, es dauert noch einen Moment, bis es für mich los geht. Aufregung steigt in mir hoch; zusammen mit der Hoffnung, das er die richtigen Fragen stellt.

"Sind Sie bereit sie wiederzusehen? Haben Sie auf diesen Moment genauso hin gefiebert wie ich? Dann sollten wir sie endlich zu uns holen! Bitte heißt die Siegerin der 69. Hungerspiele willkommen: Aus Distrikt 7, Juniper Sylva!" Auf Kommando laufe ich los und setze, noch bevor das helle Licht der Scheinwerfer mich trifft, ein riesiges Lächeln auf, dass vor lauter Selbstsicherheit zurückstrahlt. Nachdem ich mich gegenüber von Caesar auf den Stuhl fallen lasse, rücke ich etwas nach vorne. Er nimmt meine Hand. "June, es freut mich so dich wiederzusehen. Wie geht es dir?" Ich lehne mich noch ein Stück zu ihm: "Großartig, dank President Snow fühle ich mich besser denn je." Großartige Lüge würde es zwar besser treffen. Ich lächle in das Publikum und in die Kameras. Caesar drückt noch einmal meine Hand und lehnt sich danach in seinem Stuhl zurück; ich tue es ihm gleich. "Das bringt uns schon direkt zum ersten Thema: Du hast ein ganz besonderes Accessoire bekommen. In Verbindung mit deinem klugen Auftritt in den Spielen hörte ich schon einige glorreiche Namen; hast du sie schon gehört?", fragt mich Caesar. Ich schüttle nur mit dem Kopf. Jetzt bin ich gespannt. Egal was es am Ende ist, ich muss so tun, als sei es der beste Name, den man mir je gegeben hat. Weil das, außer Juniper, bis jetzt auch so viele gewesen sind, denke ich.

"Golden Fox gefällt mir mit Abstand am besten!" sagt er und das Publikum beginnt zu Jubeln. Gar nicht mal so schlecht. Ich habe Schlimmeres erwartet. "Als wäre der Name für dich gemacht. Ich glaube keiner von uns konnte damit rechnen, was du uns in den Spielen geboten hast! Ist es nicht so?" Erneut beginnt die Menge zu klatschen. "Was denkst du darüber, June?"

"Manche gehen am Chaos zugrunde, andere wachsen daraus. Ich bin so ein Mensch, Caesar", erwidere ich durchdacht auf seine Frage. Erneut bricht Jubel aus. "Auch wenn mich die Verluste weiterhin begleiten." Ich wechsle meinen Gesichtsausdruck zu einer traurigen Miene; die im Gegensatz zum Rest nicht gespielt ist. Das ist die Wahrheit, die auch gesagt sein muss. Es sticht durch mein Herz. Ich kann nicht an Sylvan denken ohne mir wieder vor Augen zuführen, was seine letzten Worte waren und wie ich mich im letzten Moment gefühlt habe.

"Wir betrauern die Verluste genau wie du, Juniper. Es ist nie schön Abschied nehmen zu müssen, vor allem von geliebten Menschen. Wie nah standest du Sylvan eigentlich, ich vermute sein Tod traf dich besonders?" Sofort bemerke ich den Unterton in seiner Stimme. Er will das doch nicht ernsthaft als tragische Liebesgeschichte darstellen.

"Er war aus meinem Distrikt, Caesar-" ich halte kurz inne und schaue ihn durchdringend an. "Ein Stück Heimat war durch ihn immer bei mir; das gab mir viel Kraft. Ich werde ihn immer als guten Freund in Erinnerung behalten." Gedankenversunken blicke ich durch die Menge und merke, dass das Publikum berührt zu mir schaut. Also ist bis jetzt alles authentisch, perfekt. Caesar nickt verständnisvoll und schaut ebenfalls durch die Reihen. Sie sind wie gefesselt, von jedem Wort das ich sage; von jeder Bewegung und jedem Gesichtsausdruck. Ich halte weiterhin inne, bis Caesar wieder das Mikrofon hebt und ruhig beginnt zu sprechen:

"Es sieht aus, als wärst du hier für gemacht." Er unterbricht seinen Satz und steht auf, während er mich mit seiner Hand nach oben zieht. Wir laufen ein Stück nach vorne, die Scheinwerfer werden heller, Caesars Stimme wird lauter und er wirft triumphvoll meine Hand mit seiner nach oben. Ich lächle wieder und hebe selbstbewusst auch noch meinen anderen Arm.

"Durch brennendes Feuer; stärker wieder zurück gekehrt, als unserer Golden Fox!" Und das Publikum erhebt sich, Jubel hallt durch den Raum. Alle sind begeistert.

"Vielen Dank für deinen Besuch!" Caesar lässt meine Hand los und beginnt ebenfalls zu klatschen. Er gibt mir mit einer kurzen Kopfbewegung das Zeichen die Bühne zu verlassen, was ich sofort befolge.

Ich hebe mein Kleid kurz an um die Stufen nach unten zu gehen. Als ich wieder gerade aus schaue, erblicke ich sofort Johanna grinsend und ebenfalls klatschend.

"Besser hätte das gar nicht laufen können, Golden Fox."

ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt