xvii. to risk it all

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"Never trust a survivor," my father used to warn me, "until you find out what he did to stay alive."

// 3rd person //

Leise schließt die milchige Glastür hinter dem obersten Spielmacher Plutarch Heavensbee, nachdem er dem Präsidenten ein letztes Mal zuversichtlich zugenickt hat und er seine Hände daraufhin hinter dem monotonen, schwarzen Mantel verschränkt. Das ganze Vertrauen von Coriolanus Snow liegt in seinen Händen, doch dieser ahnt nichts von dem falschen Spiel, das Plutarch all die Jahre perfektioniert hat.

Seit dem ersten Tag, als Plutarch vor über fünfzehn Jahren das erste Mal die pompöse Villa in dem Zentrum des Kapitols betreten hat. Er war noch jung, gerade Mitte 20, als sein Onkel Hilarius Heavensbee ihn zu einem Besuch auf dem Anwesen des damals bereits regierendem Präsidenten mitnahm. Seit Plutarch denken kann, war sein Onkel ein Freund des Präsidenten, der ihn bedingungslos zur Seite stand und sich stets für den Erfolg des Systems in Panem eingesetzte. Hilarius Heavensbee war schon immer das Gegenteil zu seinem jüngeren Bruder gewesen. Denn für Flavius Heavensbee stand in der Erziehung seines Sohnes immer die Vernunft an erster Stelle. Er lehrte Plutarch die Welt zu hinterfragen und alle Aspekte des Lebens zu betrachten, bevor er sich auf eine Meinung festlag.

In seinen jungen Jahren allerdings, ließ sich Plutarch Heavensbee von dem wieder errungenen Reichtum und den Spielen des Präsidenten leicht blenden. Vom Glitzern und dem Gold, das man im Kapitol selbstverständlich ansah und einem dabei half das Elend in den Distrikten zu vergessen. Von den überheblichen Feiern und dem exzessiven Leben, dass der Sieg über die Rebellion dem Kapitol geschenkt hat, nachdem die schweren Jahre langsam in Vergessenheit gerieten. Dem Präsident gelang es mit seiner kalkulierenden, doch ebenso charmanten Art, den jungen Heavensbee auf seine Seite zu ziehen.

Bis heute ist ihm im Klaren, dass es seine jugendliche Naivität war, die dazu führte, dass der Präsident ihn mit offenen Armen empfangen hat; auch wenn es stets ein Dorn im Auge seinen Vaters gewesen ist. Es war ein anhaltender Zwiespalt zwischen den Brüdern Heavensbee, der sich unterbewusst in Plutarch verwurzelte.

Es mussten erst weitere Jahre verstreichen, bis Plutarch Heavensbee erkannte, das eben diese Art es gewesen ist, die ihm das Vertrauen des Präsidenten geschenkt hat.

Das Vertrauen des Präsidenten war ihm gesichert, auch wenn seine Gedanken sich immer mehr vom Kapitol abwandten, bis Plutarch Heavensbee schließlich bewusst wurde, dass sein Vater all die Jahre im Recht war.

Und so wuchs sein Drang nach Veränderung. Sein Drang die Ungerechtigkeit dieser Welt auszugleichen und die Verantwortlichen dafür zahlen zu lassen. Nun wurde es sein eigener Zwiespalt, der in ihm regierte. Zwischen dem prunkvollen Leben im Kapitol als einer der engsten Vertrauten des Präsidenten und versteckten Daseins als Rebell.

Zielsicher läuft Plutarch Heavensbee an der Tür zum Kontrollraum der Hungerspiele vorbei, während seine dunkelblonden Haare auf der Stirn eine unauffällige Schweißperle auffangen. Ihm ist bewusst, dass es keine hundertprozentige Garantie ist, den Präsidenten abzulenken. Immerhin ist die Kommandozentrale überfüllt mit Friedenswächtern, die beinahe an jeder Ecke der schmalen Gänge stehen. Plutarch bahnt sich selbstsicher weiter seinen Weg durch das weiß gestrichene und steril wirkende Labyrinth, bis ein Schwall der Erleichterung über ihn kommt, als er in die Gesichter seiner Verbündeten blickt.

Die Anspannung zeichnet sich in jeder Gesichtsfalte von Haymitch Abernathy ab, der in einem hellgrauen Pullover mit verschränkten Armen vor ihm steht. Gescheitelt rahmen seine blonden Haare das gebräunte Gesicht ein, aus dem seine Augen fokussiert hervorblicken. Sie wirken bei weitem nicht mehr so, wie sie es noch vor den 74. Hungerspielen taten. Als alles was sich damals in ihnen spiegelte Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung war. Neben dem Sieger des letzten Jubeljubiläums steht mit einem Fuß hektisch tippend, die sichtlich nervöse Johanna Mason. Auch wenn ihre Körperhaltung sie verrät, so bleibt ihr Gesicht ausdruckslos. Tausend Gedanken schwirren in ihrem Kopf, als sie sich mit einer Hand durch die dunklen Haare fährt und die rot gefärbte Strähne hinter ihr Ohr streicht. Wird sie es gemeinsam mit Juniper nach Distrikt 13 schaffen? Wird dort ihre Familie auf sie warten?

Ohne weiter Zeit zu verschwenden, begibt sich das Trio zu dem bereitstehenden Hovercraft, dessen silberne Türen automatisch schließen und es sich in Bewegung setzt.

"Also, wie geht es jetzt weiter?", schießt es hektisch aus Johanna Mason heraus, als Plutarch die Übertragung der Arena im Flieger anschaltet. Auf mehreren Bildschirmen erkennt man die Arena aus verschiedenen Blickwinkeln. Auf einem Schaltzentrum zwischen den Dreien hebt sich dreidimensional die Arena in blauen Strukturen ab. Rote, nummerierte Pfeile markieren die Positionen der übrigen Tribute, während ein dunkelblau blinkender Kreis den Standort des Hovercraftes anzeigt.

Über den Bildschirm am vorderen Teil des Raumes erkennt man ohne Zweifel die sich zuspitzende Situation in der sich die letzten Sieger in der Arena befinden. Eilig wechseln die Bilder zwischen Juniper Sylva und Finnick Odair, während Ceasar Flickermans Stimme vor Aufregung nicht mehr still steht. Wird das Liebespaar es schaffen zum finalen Kampf beisammen zu sein? Wird Peeta sich an Juniper für den Tod von Katniss Everdeen rächen?

"Wir platzieren uns direkt über dem Gewitterbaum. Das sollte die beste Position sein um alle Verbündeten so schnell wie möglich zu retten", antwortet Plutarch endlich auf die Frage von Johanna, die bereits mit beiden Armen angelehnt an den Tisch mit dem Hologramm gelehnt steht.

"Was wenn nicht?" Doch es dauert nicht lange, bis Haymitch Abernathy eine Antwort auf eines Frage bekommt, als die Verbündeten auf den Bildschirm starren, während Juniper und Katniss dabei sind die Energie des Baumes auf das Kraftfeld zu lenken.

"Dann müssen wir improvisieren." Mit schnellen Schritten läuft Heavensbee um das Schaltzentrum, bis er über einen Knopf die Tür zum hinteren Teil des Hovercrafts entriegelt. Ein rascher Klick auf einen zweiten Schalter führt dazu, dass eine Klappe am Boden geöffnet wird, durch die frische Luft hereinströmt.

"Das wird sie umbringen, Plutarch!", aufgeregt stürmt die Siegerin aus Distrikt 7 dem obersten Spielmacher entgegen, während sie mit ansehen muss, wie die hell leuchtende Energie sich über den gesamten Körper von Juniper ausbreitet und die offizielle Übertragung für Panem abbricht. "Juniper! Wie soll sie das überleben?"

Ungläubig verfolgt Johanna die Handlungen ihre beste Freundin, die sie weiterhin über den Zugriff auf die Kameras der Arena ansehen können und schlägt sich die Hände über dem Kopf zusammen. Doch als zu ihren Füßen ein spürbarer Knall ertönt und mit ohrenbetäubendem Lärm die erste Platte des Daches in die Arena fällt, fasst Johanna ohne zu zögern einen Entschluss. Sie kann nicht weiter zusehen, wie ihre Freundin begraben von einem Baum und eingehüllt in aufwirbelten Staub sich nicht selbst befreien kann. Wie ihr Freund Finnick Odair verzweifelt ihren Namen schreit und mit der letzten Kraft, die ihm nach den Spielen noch geblieben ist, versucht den gebrochenen Baumstamm anzuheben.

"Ich gehe da runter und ihr haltet mich nicht davon ab. Ich kann das nicht mit ansehen."

Auch wenn sowohl Plutarch als auch Haymitch sich dem Risiko ihres Handelns bewusst sind, so wissen sie ebenfalls um die Entschlossenheit und damit verbundene Sturrheit von Johanna Mason, die bereit ist für ihre Freunde ihr eigenes Leben zu riskieren.

Doch kurz darauf erhebt sich eine weitere Stimme im Hovercraft gegen Plutarch Heavensbee. "Die Arena wird von Friedenswächtern gestürmt. Wir müssen sie sofort daraus holen", spricht Haymitch ihn an, während sein Finger geradewegs auf die wild aufleuchtenden Punkte auf der Karte zeigt, die verdeutlichen, wie nah die Friedenswächter den Tributen bereits gekommen sind.

ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt