xiv. tears of yesterday

797 41 6
                                    

"This was the boy I loved. A little bit messy. A little bit ruined. A beautiful disaster. Just like me."

Erneut schlage ich eine Linkskurve ein, als ich bestimmt das hundertste Mal vor der Tür der Krankenstation auf und ab laufe. Durch die runden Fenster, die in den dunklen Türen umrahmt, den Einblick in einen großen Raum gewähren, beobachte ich ungeduldig, wie mehrere Mitarbeiter des medizinischen Sektors unsere Freunde umsorgen. Soeben wird Johanna eine Manschette um den schmalen Arm gelegt, während durch Annies Vene bereits eine erste durchsichtige Infusion läuft. Regelmäßig tropft die Infusion vor sich hin, so dass mein Blick wieder zu meiner noch bewusstlosen Freundin streift. Durch die Gasbomben, die wir im Kapitol eingesetzt haben, sind die Beiden noch nicht ansprechbar, doch laut dem Arzt, der mir und Finnick versuchte die Aufregung zu nehmen, kann es nicht mehr lange dauern. Trotzdem schlägt mein Herz mit jedem Augenblick den wir weiter warten müssen einen Takt schneller und wird immer gleichmäßiger zu dem nervösen Auftippen von Finnicks schwerem Schuh. Mit verschränkten Armen lehnt er an der grauen Wand und fokussiert seinen Blick auf die rothaarige Person neben meiner besten Freundin.

Johannas Gesicht ist eingefallen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich diesen Begriff jemals wieder verwenden kann, ohne dabei das Gesicht von Peeta zu sehen. Die dunklen, strohigen Haare, die Johanna noch kurz vor den 75. Hungerspielen, mit roten Strähnen versehen hatte, sind vollkommen von ihrem Kopf verschwunden und lassen sich nur noch durch die dunkle Schattierung ihrer Kopfhaut erahnen. Vereinzelt hängt verkrustetes Blut in den Schatten und ergänzt sich mit ihren ein gebluteten Augenrändern und den knochigen Rippen, die sich auf ihrer Brust unter der Haut abzeichnen und aus dem dünnen, gelblichen Leinenhemd hervorstehen. Selbst nachdem ich sie nun eine Zeit lang betrachtet habe und der erste Schock ihres Anblicks im Kapitol ein paar Stunden zurück liegt, fällt es mir schwer alles zu realisieren. Auch wenn ich es mit eigenen Augen sehen kann, hängen meine Gedanken noch an der Hoffnung fest, dass es allen gut geht. Ein Wunschdenken, offensichtlich.

Zwar sieht Annie Cresta äußerlich unversehrt aus, doch im Gegensatz zu Johanna und Peeta, spekulierte Finnick, sei Annies Gefangenschaft eben auch aus einem anderen Grund verübt worden. Sie wäre nicht in der Lage dazu gewesen dem Kapitol Informationen Preis zu geben.

Eine völlig andere Geschichte ist Peeta Mellark. So gerne ich daran glauben möchte, dass hinter dem abgemagerten Körper und dem eingefallenen Gesicht noch der Peeta steckt, der in den 75. Hungerspielen an unserer Seite stand, so werde ich das Gefühl nicht los, dass dies ganz und gar nicht mehr zutrifft. Eine weitere Chance ihn zu betrachten gab es noch nicht, da er sofort in einen extra Behandlungsraum gebracht wurde.

"Warum denkst du haben sie uns einfach gehen lassen?" unterbricht Finnick meine Gedanken und wirft mir einen skeptischen Blick zu. "Ihre Waffen waren auf uns gerichtet. Warum haben sie nicht abgefeuert?"

"Ich weiß es nicht, aber es beunruhigt mich. Es scheint mir wie eine Falle, nur dass wir sie noch nicht entdeckt haben", entgegne ich und erwische mich dabei, wie ich aus Nervosität beginne hektisch mit der Handfläche über meinen linken Unterarm zu streichen.

"Ob es wohl etwas damit zutun hat, dass Enobaria nicht bei ihnen war?" Finnick beginnt seine Arme zu lösen und reibt fröstelnd seine Handflächen. Die Mission hat uns Beide ausgelaugt; die Aufregung ist uns förmlich ins Gesicht geschrieben.

"Hoffentlich können sie uns bei dieser Frage helfen", hoffe ich und mache eine sanfte Kopfbewegung zur Eingangstür neben uns. Doch plötzlich öffnet sich die Tür durch den dunkelhaarigen Arzt, der uns bis jetzt auf dem Laufenden gehalten hat und hält lächelnd den Weg für uns auf.

Finnick und ich zögern nicht lange und tauschen nur einen erwartungsvollen Blick aus, ehe wir an dem Arzt vorbei stürmen und der langersehnte Moment gekommen ist.

ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt