xix. sparks of rebellion

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"I can do this, I thought. Then: And even if I can't, I have to."

Es ist spät, als ich den dampfenden Zug im Bahnhof von Distrikt 7 verlasse und mit Johanna stumm die letzten Meter bis zum Dorf der Sieger gehe. Es ist bereits Abend und keiner bemerkt uns, als wir unseren Koffern über den Boden des Marktplatzes ziehen. Ohne lange zu warten, schmeiße ich mein Gepäck auf den Holzboden meines kalten, unbewohnt wirkenden Hauses und klopfe sofort an die Haustür meiner Eltern. Sie haben erst morgen mit meiner Ankunft gerechnet.

Gerade als sich die Tür öffnet, steht Johanna erneut neben mir und fällt meinen Eltern und Ash ebenfalls erleichtert in die Arme. Sie ist ein Teil dieser Familie geworden.

Lange sitzen wir in der warmen, hell beleuchteten Küche meiner Eltern und kommen überhaupt nicht zu Ruhe, weil es zu viel zu erzählen gibt. Es vergehen Stunden, bis wir überhaupt dazu kommen über die letzten Spiele und Katniss Everdeen zu sprechen. Im Distrikt ist natürlich nichts darüber bekannt gewesen, dass es bereits erste Aufstände im benachbarten Distrikt 8 gab, doch auch in unserem eigenen Distrikt wird die Stimmung zunehmend angespannter. Mein Vater berichtet uns davon, dass die Friedenswächter angegriffen worden sind, die Arbeiter in der Fabrik sich weigerten weiter zuarbeiten und Ash erzählt, was sich seine Freunde leise in den Pausen zuflüstern; wie er Acacia dabei beobachtet hat, wie sie einen kleinen Spottölpel in einen Baum geritzt hat.

"Es scheint fast so, als hätte das Distrikt nur drauf gewartet, dass ein Funke überspringt", flüstert mein Vater, während die weiße Kerze in der Tischmitte langsam beginnt zu flackern und das Wachs auf dem Tisch verhärtet. Der Vollmond strahlt durch das und direkt in Ashs ernstes Gesicht. Für einen Augenblick sitzen wir schweigend nebeinander. "Wir sollten besser schlafen gehen", murmelt er, während er in das gleißenden Mondlicht schaut.

Ich wälze mich in meinem beigefarbenen Lacken hin und her, ehe ich es von mir werfe und mich schlussendlich doch dazu entscheide auf zu stehen. Das Gespräch mit meiner Familie am Tag meiner Rückkehr geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Seither spüre ich die wachsende Unruhe im Distrikt immer deutlicher und stelle mir unzählige Fragen wie alles wohl weiter gehen mag. Am besten schaffe ich es nicht darüber nachzudenken, wenn ich mit Johanna trainieren bin, denn auch auf der Arbeit gibt es kein anderes Thema mehr. Tief oben in den Baumkronen, wo die Friedenswächter uns nicht mehr hören, wispern die Holzfäller sich ihre Pläne um möglich Aufstände zu. Mir kommen weiterhin Zweifel auf, ob es nicht alles etwas überstürzt ist. Doch andererseits hoffe ich, dass das Geflüster war ist und wir wirklich kurz vor einer Rebellion stehen. Denn was würde das für unser Land bedeuten können?

Ein Klopfen reißt mich schließlich aus den Gedanken. Noch in meinem Schlafanzug öffne ich Gaia die Tür, die ich schon an dem aufgeregtem Selbstgespräch, das sie vor der Tür geführt hat, erkannt habe. Sie huscht an mir vorbei, während sie ein freundliches "Guten Morgen" trällert und stürmt direkt in den Wohnbereich meines Hauses. Sie lässt sich auf die helle Couch fallen und wirft theatralisch ihre Hand an ihre Schläfe. "Du glaubst nicht, wie viele Aufträge ich in letzter Zeit habe. Ich bin völlig fertig", stöhnt sie mitteilungsbedürftig. Ich lache ihr entgegen, als ich mich neben sie gleiten lasse.

"Es muss ganz schrecklich sein, wenn die Leute deine Arbeit schätzen und dir Geld für schöne Kleidungsstücke geben wollen", antworte ich ihr sarkastisch, was nur dazu führt, dass sie mich mit verkniffenen Augen anstarrt.

"Ich weiß, du hast Recht", murmelt sie, bevor sie sich wieder von der Couch erhebt und in die Hände klatscht. "Ich mache es immerhin auch gerne. Aber für dich am Liebsten, Juniper." Sie nimmt mich bei den Händen und zieht mich in das Badezimmer, wo sie meine Haare begutachtet und sie in Sekunden zu einer anschaulichen Frisur zusammen gesteckt hat. Danach bringt sie mir ein dunkelgrünes Kleid, das bis eben noch in einer schwarzen Schutzhülle eingewickelt war.

Vorsichtig hilft sie mir beim Anziehen und nach einem weiteren Griff in meine Haare, bis wirklich alles perfekt sitzt, sieht Gaia mich zufrieden an. "Zu schade, dass du mit diesem schönen Kleid nur hinter Katniss und Peeta stehst. Bei der Feier im Präsidentenpalast wird das zum Glück nicht so sein."

Erst überlege ich einen Moment, bevor ich mich mit verdutzen Blick zu ihr drehe. "Von welcher Feier sprichst du?"

"Die große Feier nach der Siegertour. Ich würde bereits darüber informiert in welche Richtung deine Garderobe gehen soll und wann ich alles vorbereitet haben muss." Gaia blickt mich selbstverständlich an und kann offensichtlich mit meinem verwirrten Gesicht überhaupt nichts anfangen. Ich gehe an ihr vorbei, während meine hohen Schuhe auf dem massiven Holzboden klickern. In der Küche greife ich direkt nach der dunklen Tasse neben der Spüle, in der noch ein letzter Schluck meines Tees zu finden ist.

"Der Präsident gab mir sein Wort darauf, dass ich erst in einem halben Jahr zu dem Jubeljubiläum zurück in das Kapitol kommen muss." Fassungslos starre ich in meine Tasse, bis Gaia ebenfalls in der Küche angekommen ist und mir antwortet: "Und das hast du ihm geglaubt?"

"Ich wollte es glauben, aber ich hätte es mir eigentlich denken können. Nicht wahr?" Ich stelle die nun leere Tasse in die Spüle, doch bleibe noch einen Moment verärgert, an der Arbeitsplatte angelehnt, stehen.

"June, du bist unverzichtbar. Ich hätte mich gewundert, wenn du nicht zur Feier kommen solltest."

Ich lasse genervt einen lautem Atemstoß aus und denke darüber nach, wie ich mich schon bald erneut von meiner Familie verabschieden muss. Es gefällt mir gar nicht, sie in der jetzigen Situation alleine zu lassen. Die Lage könnte jeden Tag kippen.

Mit einem Blick auf die tickende Uhr, die in der Küche neben dem Fenster hängt, lässt Gaia mich wissen, dass wir los zum Justizgebäude müssen. Gehorsam, aber mit weiterhin schlechter Laune, setze ich mich in Bewegung.

Als wir an der Hintertür angekommen sind, wartet Johanna bereits auf uns, die ungeduldig mit dem Fuß hin und her tippt. Zusammen nehmen wir neben Blight auf der Bühne Platz und warten auf die Sieger der 74. Hungerspiele.

Als die Beiden unsicher aus der Tür des Justizgebäudes laufen und langsam an das Mikrofon treten, bemerke ich, wie Peeta die Karten, die vermutlich Effie Trinket, die Betreuerin der Beiden, geschrieben hat, hinter sich hält und beginnt frei heraus an die Bewohner meines Distriktes zu sprechen. Doch es ist mir gleich was seine unsichere Stimme zu sagen hat. Ich starre sie nur ausdruckslos an und warte ungeduldig, dass sie die Bühne wieder verlassen und wir es ebenfalls können. Katniss dunkelbraune Haare sind in einem seitlichen Zopf geflochten und sie trägt einen schwarzen Overall, während Peeta dunkelblonde Haare ordentlich zurecht gelegt worden sind und in einem ebenfalls schwarzen, engen Hemd steckt.

Erneut im Justizgebäude, ist es das erste Mal, dass ich Katniss aus nächster Nähe sprechen höre. Ihre klare, aber selbstsichere Stimme richtet sich an Effie, mit der sie über die vorgeschriebenen Reden diskutiert, während Peeta und Haymitch nur kopfschüttelnd daneben stehen und die Beiden beobachten.

"Haymitch", begrüße ich den Sieger aus Distrikt 12, der sich daraufhin von Effie und Katniss abwendet und mit einem sanften Lächeln zu uns schaut.

"Johanna, Juniper. Schön euch zu sehen", erwidert er höflich, doch ehe wir uns versehen, hebt er die Hand und deutet auf Katniss, die soeben das Justizgebäude verlassen hat. "Ich muss dringend einschreiten. Aber wir sehen uns immerhin bei der Feier im Präsidentenpalast wieder."

Mit diesen Worten stürmt er, gefolgt von Peeta, mit schnellen Schritten von uns weg, um die Situation zu entschärfen, als ich mit dem Kopf schon wieder dabei bin, zu überlegen, wie ich die nächsten Tage gestalte, bis es wieder zurück in meine persönliche Hölle geht.

ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odairWhere stories live. Discover now