Kann es Liebe sein?

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"Es ist besser, Liebe empfunden und Verlust erlitten zu haben, als niemals geliebt zu haben."

(Alfred Tennyson)

Reiji hielt plötzlich inne und lies das Mädchen los.

"Ich soll sie lieben?"

Als hätte man ihm den Boden unter den Füßen fortgerissen, verließ Reiji die Kraft und sackte zusammen. Der Schmerz hatte sich von einer Sekunde zur anderen gelöst, doch dies hatte nichts Gutes an sich. Was blieb, war die vollkommene Leere. Verzweiflung bestimmte sein Gemüt und Reiji schrie auf, "LÜGEN!"

Wie konnte ihm das passieren? Wie konnte Sie ihm das antun? Mina hatte es geschafft, in Reiji derart Gefühle hervor zurufen. Sie verbrachten viel Zeit zusammen. Lebten gemeinsam unter einem Dach, gingen zusammen in die Schule und selbe Klasse. Von Zeit zur Zeit hatten beide ihren Alltag gemeinsam verbracht und wurden zum Teil des Leben des anderen. Ob nur beiläufig begonnen näherten sie sich, bis sie nicht ohne einander konnten. Zu stark war Reiji's Begierde nach ihrer Anwesenheit. Sie machte ihn süchtig. Wie eine Droge konsumierte Reiji von ihr. Ihre Wärme, welche sein Herz bereits seit einer Weile zum schmelzen brachte. Und von da an, schlug es allein für sie. Wie also solle er mit dem Verlust umgehen?

Reiji verfluchte sich und seine Taten. Die unzähligen Male, in denen er Mina belogen und verletzt hatte. Doch mit der Taktik, hatte er bereits sein gesamtes Leben verbracht. Er zog immerzu eine Mauer um sich herum. Keiner durfte sie durchbrechen. Zu oft wurde er von der Person verletzt, welche er so verehrte. Doch dies war keine Entschuldigung dafür, wie er mit Mina umgegangen war. Er nutzte ihr Vertrauen schamlos aus. Dabei sehnte er sich so sehr nach ihrer Nähe. Und doch stieß er sie immer wieder fort. Mina war diejenige, die Reiji daran erinnerte am Leben zu sein. Er fühlte Wärme, Zorn, Sehnsucht, Eifersucht, Trauer und... Liebe.

Als Reiji aufsah erkannte er, das sich niemand mehr außer ihm im Raum befand. Sollte es das gewesen sein? War es ihm bestimmt, für immer alleine zu sein? Oder wollte man ihn für das, was er Mina angetan hatte, bestrafen?
Was es auch war, der Vampir schien jegliche Bestrafung anzunehmen. Nur solle man ihm Mina zurück bringen. Doch ihm schien der Gedanke rücksichtslos und selbstsüchtig. Wohin Mina auch geflohen war, sie schien dort sicherer zu sein, als sie es je an seiner Seite täte.

Denn was er damals ihr mitteilte, war durchaus grausam. Eifersucht beherrschte seinen Geist und trieb ihn dazu Mina weh zutun. Doch sie umbringen wollte Reiji niemals. Als er ihr damals die Kehle zu drückte, tauschte er unbewusst ihr Ebenbild mit dem seiner Mutter. Und so war es um ihn geschehen. Er verlor die Kontrolle und begann wohl den größten Fehler seines Lebens. Reiji schaffte es innerhalb eines Momentes die Person zu verlieren, die ihn als einzige auf dieser Welt schätzte und akzeptierte.

Konnte das Liebe sein?

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Die nächsten Tage verliefen nur mühselig. Reiji entschied, sich mit dem Verlust abfinden zu müssen. Er verließ sein Arbeitszimmer ausschließlich nur, wenn die Brüder zur Schule mussten. Zu den gemeinsamen Abendessen erschien er schon gar nicht mehr. Er empfand diese Treffen als irrelevant und zog sich immer mehr zurück. Seinen Brüdern entging dies natürlich nicht. Vor allem Kanato machte sich über diese Situation sorgen. Doch egal wie oft er das Gespräch mit Reiji suchte, so wurde er nur abgewiesen.

Eines Abends stand Reiji nachdenklich am Fenster des Klassenzimmers, als ihn jemand an der Schulter anstupste. Er rechnete bereits mit einen seiner Brüder, welche ihn auf sein Verhalten ansprechen wollten. Doch zu seiner Überraschung war es keiner der Sakamaki, welcher mit ihm sprechen wollte. "Hey, du bist doch dieser Sakamaki Kerl, der neulich bei uns aufgetaucht ist.", fing der große, mürrisch blickende Kerl an und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Ihm schien dieser Schritt weitaus schwerer zu fallen, als man sich denken könnte. Skeptisch zog Reiji eine seiner Augenbrauen hoch und blickte zu dem großen jungen Mann. "Tss, wie unhöflich jemanden so anzusprechen, der eine weitaus höhere Stellung hat. Was will einer der Mukami's von mir?". Beleidigt zog Yuma Mukami scharf die Luft ein, als er diese Bemerkung zu hören bekam. Reiji machte es ihm nicht leicht und Yuma spielte wohl mit dem Gedanken, einfach zu gehen. "Natürlich! Von einem hochnäsigen Aristokraten, wie dir ist auch nichts anderes zu erwarten. Aber ob du es glaubst oder nicht, ich bin nicht wegen dir hier.", maulte der große Vampir und weckte Reiji's Neugier.

"Es geht um dieses Mädchen... Eure Haushälterin, Dienerin, oder was auch immer.", fing er zögernd an, "Was genau habt ihr mit ihr gemacht?". Reiji schien anfangs nicht genau zu verstehen, was Yuma mit dieser Frage meinte, oder welche Antwort er ihm geben wollte. Doch das bloße Interesse an ihr, gefiel Reiji überhaupt nicht. "Nun, zum einen ist ihr Name Mina. Und zum anderen, hat es dich nicht zu interessieren, was mit ihr ist. Frag sie doch einfach, wenn du was wissen willst und lass mich in Ruhe.", antwortete er Yuma plump und drehte sich erneut von ihm weg. "Was soll ich?! Du kannst mir nicht weismachen, das dieses arrogante kleine Ding dasselbe Mädchen ist wie damals. Also, was habt ihr dem Menschenmädchen angetan? Ne verdammte Gehirnwäsche? Oder habt ihr sie durch ein verkorkstes Double ersetzt?"

Reiji verluchte Yuma für seine Neugier und massierte sich genervt die Schläfen. "Für ein solches Gespräch habe ich keine Zeit, geschweige denn die Nerven dafür. Wenn du mich also entschuldigen würdest.", fing der Sakamaki Vampir an und wollte gerade zum gehen aufbrechen, als Yuma ihn am Arm packte. "Du weist also doch was, nicht? Ich hab's doch gewusst. Ihr könnt mich nicht für dumm verkaufen! Du wirst mir gefälligst erzählen, was du weißt sonst...!".

"Sonst was?", hörten beide von der Türe aus und drehten sich um. Am Türrahmen gelehnt stand Shu Sakamaki und schaute beide eindringlich an. Die anderen schienen nicht sonderlich begeistert von Shu's Anwesenheit und Yuma lies Reiji genervt los. "Tss, du scheinst deinen Bruder ja gut im Griff zu haben. Aber mir egal! Ich werde so oder so herausfinden was da bei euch vor sich geht.", schimpfte der große Vampir mit dem Pferdeschwanz und stampfte aus dem Klassenzimmer. Reiji zupfte sich den Ärmel seiner Jacke zurecht, an der ihn Yuma's Griff zuvor festhielt. "Was für ein Prolet.", kommentierte Reiji und schob seine Brille ein Stück den Nasenrücken hinauf. "Kann schon sein...", murmelte sein älterer Bruder und nahm an einem der hinteren Pulte Platz. "Dennoch scheint sich die Situation zuzuspitzen, wenn sich bereits die Mukami einmischen." Eigentlich wollte sich Reiji von dem Problem mit der falschen Mina fernhalten. Zu viele Gefühle waren mit im Spiel und seiner Meinung nach, war er in dieser Verfassung keine große Hilfe. Doch die Tatsache, das er neben seinem Bruder schwach aussah, widersprach ihm. Mit einem lauten Seufzer fuhr sich Reiji durchs Haar und schob seine Bedenken beiseite. "Wie ist es denn dazu gekommen? Was genau, hat in ihm diese Bedenken ausgelöst?", wandte Reiji sich an seinen älteren Bruder. Shu zuckte leicht verwundert auf und zog eine Augenbraue leicht hoch. "Warst du denn in letzter Zeit so mit dir selbst beschäftigt, das es dir nicht aufgefallen ist? Yui scheint Mina vollkommen egal zu sein. Nein, vielmehr fängt sie an Yui zu tyrannisieren. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Mukami Wind davon bekommen. Doch das es sie dermaßen beschäftigt, wundert mich."

"Du weißt, das Mina und ich in ihrem Anwesen waren, nicht?", hackte Reiji gleichgültig nach, als wüsste er bereits die Antwort. "Natürlich weiß ich das. Kanato hat mir alles verraten.", bestätigte ihn Shu. "Was also denkst du, tun zu wollen. Immerhin bist du doch unser Oberhaupt.", forderte der Brillenträger seinen Bruder heraus. "Tss, woher soll ich das denn wissen. Du weißt doch vielmehr, als du preisgibt und hast mit deiner Verschwiegenheit uns alle gefährdet. Willst du nicht endlich was gegen Sie unternehmen?", warf Shu genervt zurück. Offensichtlich empfand er es als Reiji's Aufgabe, dieses Problem zu lösen. Und er hatte recht. Einen großen Teil der Schuld trug Reiji. Innerlich kämpfte er nach wie vor mit dem Verlust seiner Geliebten. Doch gerade um sie, musste er aufhören sich zu verstecken. Für ihn war es ein unentschuldbares Verbrechen unter ihren Namen ihren Ruf zu schänden. Und vielleicht konnte er so herausfinden, was mit Mina geschehen war. Wo sie sich auch immer befand...

Mein Leben Unter Vampiren | Mina Shirohana | Diabolik Lovers FanfictionWhere stories live. Discover now