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Mia

„Genau.", bestätigt Neo. „Und ich werde hier trainieren?", zähle ich das eben gesagte noch einmal auf. „Ja." „Was, wenn ich nicht hier trainieren will?" „Du musst. Es ist deine Pflicht als Elementor. Deine Ausbildung dauert fünf Monate, danach bist du fertig ausgebildet." Meine Hände fahren durch meine Haare und ich lehne mich an das Fenster. Das ist eindeutig zu viel Information auf einmal. Plötzlich höre ich ein Räuspern und müde wende ich meinen Kopf. Was soll mich jetzt noch überraschen? Es ist ein kleiner Junge und ich kann mir schon denken, wer das ist. „Ich bin Nataniel.", meint er in einer hohen Stimme. Allerdings, als ich ihn mustere, starrt er nur in eine Richtung. Und zwar zu Alexandra, die auch wie gebannt auf den Neuankömmling fixiert ist. Langsam geht sie auf ihn zu und streckt ihre Hand hin. Vorsichtig schüttelt er sie.

„Ich bin Alexandra.", stellt sie sich vor. „Schöner Name. Du kannst mich Nat nennen.", erwidert Nataniel gebannt. Irgendwie muss ich lächeln, denn so etwas nennt man wohl Liebe auf den ersten Blick. „Ich muss wieder zurück zu Thea und Leon." „Du kannst über Nacht bleiben. Das ist kein Problem. Ohnehin ist für dich schon ein Raum eingerichtet." „Wie gesagt, ich gehe lieber zu Thea.", gebe ich kund. „Dann komm mit. Wir haben ein Portal." „Alex, wir sehen uns!", verabschiede ich mich von Alex, die mir aber nur ein „Jaja." Zuwirft, denn sie redet gerade mit viel Mimik und Gestik mit Nat. „Du wirst es hie mögen.", versichert mir Neo, während wir zusammen durch lange Gänge mit großen Türen gehen. „Aber ich habe doch schon ein zu Hause." „Das hier muss nicht dein zu Hause werden. Nur eine Art Übergangswohnung." Ich schnaube und blicke Neo an. Er ist groß, hat schwarze Haare und braune Augen. „Die Ausbildung dauert fünf Monate?", frage ich nach. „Ja." „Was soll Leon inzwischen machen?", überlege ich laut. „Wer ist das?", kommt sofort die Frage meines Ausbilders.

"Mein Freund." Es ist komisch, ihn als Freund zu bezeichnen, aber das sind wir, Freund und Freundin. „Er darf hier nicht her." Sofort bleibe ich stehen. „Er darf nicht hierher kommen? Willst d mich verarschen?", schreie ich entsetzt. „So sind die Regeln." „Die Regeln kannst du dir..." „Mia! Beruhige dich!" „Nein! Du sagst mir, dass ich meinen Freund fünf Monate lang nicht sehen werde. Da soll ich ruhig bleiben? Ist das dein Ernst?", kreische ich entgeistert. „Es wird sich lohnen." Alles was ich erwidern kann, ist ein Schnauben. Wie kann er so etwas nur sagen? „Hast du jemals jemanden gehabt, für den du sterben würdest?", knurre ich. „Nein." „Tja, Leon ist für mich gestorben und ich kann dir versichern, dass er die gesamte Welt in Bewegung setzen würde, um zu mir gelangen." Daraufhin schweigt Neo. Und auch ich rede kein Wort mehr bis wir zum Portal kommen. „Dein Training beginnt in fünf Tagen." Ohne einen Laut von mir zu geben, gehe ich durch das Portal und stolpere in Theas Haus ins Wohnzimmer.

„Mia!", ruft Leon und kommt sofort auf mich zu. Ich blicke ihn finster an, dränge mich an ihm vorbei und setze mich auf die Couch. Etwas verwirrt lässt er sich neben mir nieder. „Was ist los?", flüstert er und streicht mir über den Arm. Schnell zwinge ich mich zu einem Lächeln und fange an zu erzählen. Wie ich Alexandra getroffen habe, wie sie zum Elementor wurde und wie uns ein alter Mann in einen grusligen Lift mitgenommen hat. Wie wir in einem riesigen Haus ausgestiegen sind, Nat getroffen haben und wie mir Neo erzählt hat, dass meine Ausbildung fünf Monate dauert, währenddessen ich ihn nicht sehen darf. Als ich mit meiner Geschichte ende, lehne ich mich zurück. Ich bin einfach nur noch müde. Warum kann nicht einmal etwas gut laufen? Ist das zu viel verlangt. Wenn Leon und ich uns ein Jahr lang nicht sehen, wird unsere Beziehung nie wieder so sein wie in den letzten paar Tagen. Und da es alles noch ziemlich labil ist, will ich es auf keinen Fall riskieren. „Ich komme einfach mit. Sie können mich nicht davon abhalten!", überlegt Leon. „Das können sie eben schon.", seufze ich leise und lege meinen Kopf auf seine Schulter. „Aber das dürfen sie nicht!" „Ich weiß nicht, was ich machen soll." „Wir werden eine Lösung finden, versprochen." „Werden wir nicht. Wir haben fünf Tage Zeit bis ich weg muss. Was willst du erreichen?" „Ich weiß es nicht.", gibt Leon sich geschlagen und streicht mir über meine Haare. „Ich lasse nicht zu, dass sie uns wieder trennen.", versichert er mir. Ich lächle und glaube ihm ohne jegliches Zögern jedes Wort.

„Vielleicht sollten wir verschwinden.", flüstert Leon mir ins Ohr. „Wohin sollten wir denn gehen?", kichere ich. „Keine Ahnung. Einfach weg von hier. Von allem, unserem jetzigem Leben und Aufgaben." „Wir wären einfach nur zu zweit irgendwo.", führe ich den Gedanken weiter aus. „Und wir wären nicht getrennt.", fügt er hinzu. „Das wäre schön. Aber du weißt, dass wir nicht können." „Warum?" „Ich bin Elementor, schon vergessen. Außerdem will ich mein Ziel erfüllen, weswegen ich diese Reise überhaupt begonnen habe." „Und das wäre?" „Dass jeder weiß, dass es Leben im und außerhalb des Waldes gibt." „Aber was willst du damit erreichen? Ich meine was hat es für einen Sinn, wenn es jeder weiß? Würde sich denn so vieles ändern?" Langsam hebe ich meinen Kopf von seiner Schulter. „Jeder verdient es, die Wahrheit zu erfahren. Was sie damit anfangen, ist nicht meine Sache." „Das wird es aber sein. Was, wenn es Aufstände gegen die jetzigen Räte und Regierungen gibt? Wen werden sie beschuldigen." „Mich. Aber wenn das der Preis ist, den ich zahlen muss, dann zahle ich ihn gerne." „Aber..." „Leon, du kannst mich nicht umstimmen. Außerdem brauche ich dich. Ich muss wissen, dass du hinter mir stehst." „Das tue ich.", versichert er mir sofort. „Und daran habe ich auch keine Zweifel."

„Mia!", höre ich Theas Stimme quer durch den Raum. Ich stehe auf und strecke mich. „Was denn?" „Ich habe einen Weg gefunden, wie du allen von dem Leben im Wald erzählen kannst!", berichtet sie mir. „Okay. Darf ich dich etwas fragen?" „Natürlich." „Wusstest du es?" Thea legt ihren Kopf schief, auch wenn ich mir sicher bin, dass sie es bereits wusste. Dennoch erkläre ich es ihr. „Dass Leon nicht mit zu meiner Ausbildung darf? Dass es dafür sogar ein eigenes Haus gibt und dass dort Aya und Liah und Alex du Nat zusammen trainieren?" „Wir haben es beschlossen.", gibt sie zu. „Wir? Du meinst du und sie anderen Götter?" „Mhm." Wütend starre ich sie an. „Wie konntest du nur für so etwas stimmen? Du weißt ganz genau, wie viel mir Leon bedeutet!", fauche ich und werfe ihr abwertende Blicke zu. Thea ist meine Mutter! Sollten Mütter nicht immer im Sinne ihrer Tochter stimmen?

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