20. Sonnenbaden

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Mia

Als ich endlich stehe, reibe ich mir meine schmerzenden Arme. "Wo sind wir hier?", frage ich, doch Leon zuck mit den Schultern. Wir stehen in einem Zimmer, was aussieht wie ein Wohnzimmer. Aber es ist nicht modern eingerichtet, eher das komplette Gegenteil. Dicke Flickenteppiche zieren den Boden und überall stehen Pilze und Kakteen herum. Manche sind groß und haben überhaupt keine Stacheln, andere sind winzig, haben allerdings nadelgroße Dornen. In der Wand ist ein offener Kamin eingelassen und darin brennt noch der letzte Rest eines Feuers. Grundsätzlich ist es im Raum unglaublich heiß. Bis jetzt habe ich noch keine Fenster gesehen. Doch plötzlich fällt mir eine Tür auf, die hinter den bis zum Boden reichenden Vorhängen verborgen ist. "Leon.", mache ich ihn aufmerksam und tippe ihm auf die Schulter. Langsam nähert er sich den Vorhängen, doch als er sie zur Seite ziehen will, ertönt eine raue Stimme. "Wenn ich du wäre, würde ich das lassen." Ich wirble herum. Hinter mir steht eine, wie aus dem Nichts erschienenen, eine alte Frau. Tiefe Furchen durchziehen ihr Gesicht und ihr gesamtes Gewicht liegt auf einem alten, brüchig aussehenden Stock. "Du musst Theas Freundin sein.", sage ich und strecke ihr meine Hand zu. "Eine Freundin? Soweit würde ich nicht gehen. Eher jemand, der sie nicht töten will.", antwortet sie kalt und ignoriert meine Hand einfach. Ich muss schlucken und werfe einen Blick zu Leon. Auch er ist so verdutzt wie ich. "Sie hat uns gesagt, wir könnten bei dir übernachten." Die alte Frau nickt. "Und ich werde euch zeigen, wie ihr da draußen nicht sofort den Löffel abgebt."

"Was meinst du?", frage ich lächelnd, da ich es für einen Scherz halte. Sie fängt an zu lachen. Es ist ein bedrohliches und böses Lachen, bei dem ich Gänsehaut bekomme. "Ihr Wäldler seid schon zuckersüß!", macht sie sich über uns lustig. "Was ist da draußen?", fragt Leon genervt. "Feuerland.", ist ihre einzige Antwort. "Und wie willst du uns helfen?", versuche ich noch freundlich zu fragen. Sie fängt an zu grinsen, wodurch sich ihre gelben Zähne zeigen. Mir läuft ein kalter Schauder über den Rücken. "Ich lasse euch einfach nach draußen und eure einzige Aufgabe ist es, nicht zu dehydrieren." "Wann fangen wir an?", frage ich eingeschüchtert. Was wird sie mit uns machen und warum sollten wir da draußen sterben? "Wie wär's denn mit jetzt? Zieht eure Jacken aus, die werdet ihr nicht brauchen. Ist euer Problem, wenn ihr nur lange Kleidung anhabt." "Ich verstehe nicht...", will ich anfangen, aber die Frau unterbricht mich. „Los jetzt! Ich habe mit euch nur einen Tag Zeit!" Sie wedelt mit ihren Händen und wir ziehen unsere Jacken aus. "Eure erste Runde dauert 5 Minuten. Viel Spaß.", grinst sie. Plötzlich schwingt die Tür auf und sie stößt uns hindurch.

Ich stolpere über die Schwelle und werde fast wieder zurückgeschmissen. Denn eine Welle an unglaublich heißer Luft kommt mir entgegen. Die Temperatur beträgt gefühlte 1000 Grad. Meine Haut fängt an zu jucken und mein Atem stockt. Sobald ich auch nur einen Atemzug mache, fangen meine Lunge, mein Hals und meine Nase an zu brennen. Als ich auf keuche, treibt mir der Schmerz Tränen in die Augen. Ich kneife sie zu, was die Tränen über eine Wange rinnen lässt. Wenn man direkt aus dem dunklen Raum in eine grelle Wüste kommt, kommt es einem so vor, als würde man in die Sonne blicken. Neben mir höre ich einen erstickenden Laut. Leon! Als ich meine Hände nach ihm ausstrecke, berührt neue brennend heiße Luft meine Arme. Doch dann berühren meine Fingerspitzen Leons Oberkörper. Blind tappe ich ein paar Schritt aus ihn zu. Als ich vor ihm stehe, schlinge ich rettend meine Arme um ihn. Es wird zwar nicht kühler, dennoch fühle ich mich sicherer. Mein Körper ist jetzt schweißgebadet. Nie hätte ich mir erträumt, dass es so eine enorme Hitze gibt. Langsam schaffe ich es meine Augen zu öffnen. Ich sehe nur Steine und einen roten Himmel. Einige paar davon sind komplett rot, andere grau und wieder andere scheinen zu glühen. Die Luft flimmert und ich kann keinen einzigen Baum entdecken. "Mia?", höre ich Leon krächzend an meinem Ohr. "Ja?", krächzte ich zurück. "Ich will was trinken. „Wasser wäre jetzt schön.", stimme ich ihm zu. "Siehst du etwas?", fragt er. "Du nicht?", erwidere ich überrascht. "Es ist alles verschwommen.", höre ich ihn mit einem Hauch Verzweiflung in der Stimme sagen. "Ich kann es dir beschreiben wenn du willst." Ich spüre wie er nickt. "Es ist eine Steinwüste. Überall sind Steine. Die meisten sind ganz normal grau, aber manche sind rot, und einige glühen sogar." "Sie glühen?", höre ich es krächzte. Ich nicke. "Der Himmel ist rot und alles sieht so unglaublich trocken aus. Nirgendwo kann ich Wasser erkennen." "Mia?" Seine Stimme ist nur noch ganz leise. "Leon!" Panisch löse ich mich von ihm. Seine Augen sind geschlossen und seine Haare kleben feucht an seinem Kopf. Ich sehe wie in Zeitlupe, dass seine Beine unter seinem Körper wegknicken und er auf den Boden zusammen sackt.

Ich lasse mich neben ihn auf die Knie sinken. Verzweifelt versuche ich ihn wachzurütteln. Als er sich nicht regt, überprüfe ich seine Atmung. Ich stelle erleichtert fest, dass ein leichter Atem gegen meine Haut drückt. Dann springe ich auf, die Hitze ist mir jetzt egal. Tränen rinnen mir über die Wangen und ich laufe zu dem Haus, aus dem wir gekommen sind. Dort sehe ich eine eiserne Tür, an der ich rüttle. Sie ist verschlossen. Ich hämmere dagegen und rufe:"Hey lass uns rein! Er braucht Hilfe!" Plötzlich höre ich die Stimme der Frau. "Ihr habt noch 2 Minuten." "Lass uns rein!", wiederhole ich wütend. "Noch 1 Minute und 42 Sekunden." Ich laufe zu Leon zurück und knie mich über ihn. "Hey. Verlass mich nicht okay? Du schaffst das! Ich bin da. Immer.", murmle ich mehrmals. Ich weiß, dass er mich nicht hört, aber vielleicht bringt es trotzdem was. Er regt sich noch immer nicht. Mir laufen noch mehr Tränen über das Gesicht. Die Hitze schlägt jetzt mit voller Wucht auf mich ein. Meine Arme, die mich bis jetzt gehalten haben, knicken ein. Mit meinem Kopf lande ich auf Leons Oberkörper. Vor meinen Augen verschwimmt alles. Plötzlich wird es schwarz. "Noch eine Minute.", höre ich es weit entfernt. Ich versuche meine Augen offen zu halten. Noch nie war das so schwer. Aber wer soll Leon dann noch helfen, wenn auch ich ohnmächtig werde? Diese alte bösartige Hexe tut es ganz bestimmt nicht. Bei diesem Gedanken gebe ich mir einen Ruck. Ich öffne meine Augen und Schweißtropfen fallen auf den Boden, wo sie dunkle Spuren hinterlassen. "Noch 25 Sekunden.", höre ich die mittlerweile verhasste Stimme.

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