23. Zwischen Wandteppichen und Wachen

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Mia

Wir gehen durch einen mit Vorhängen bedeckten Eingang. Drinnen ist es dämmrig und es riecht nach irgendeiner Duftkerze. Ein paar Meter vor mir steht ein großer Stuhl, welcher einen Thron sehr nahe kommt. Auf ihm sitzt jemand, allerdings kann ich nicht erkennen wer es ist. Die Wände werden durch Wandteppiche geschmückt. Ein kleines Mädchen springt zwischen den großen Männern herum. Es wirkt fehl am Platz. Plötzlich treten alle Männer auf die Seite und geben den Blick auf den Thron frei. Als ich erkenne wer darauf sitzt, stutze ich. Es ist das Mädchen, das in meinem Zimmer war. "Was ist los?", fragt Leon leise, der gemerkt hat, dass ich sie fassungslos anstarre. Sie hat sich eine dunkelrote Decke übergeworfen und sitzt jetzt einfach auf dem Stuhl und mustert mich interessiert. "Mia. Sag mir...", weiter kommt er nicht, denn er wird von ihr unterbrochen. "Es war keine große Überraschung, dass du ausbrichst." "Du bist ausgebrochen?", fragt mich Leon entgeistert. "Was glaubst du denn, wo die Handschellen herkommen?", frage ich ihn, hebe meine Hände, klappere damit vor seiner Nase und drehe mich wieder zu ihr. "Warum habt ihr mich dann überhaupt eingesperrt?" "Damit du mir nichts tust. Nicht dass ich nicht mit dir fertig geworden wäre, es war eine Anordnung zu deiner Sicherheit." Ich schnaube. "Wie es scheint, gibst du hier die Anordnungen." Sie lächelt. "Was habt ihr mit ihm gemacht?", frage ich wütend und deute auf Leon. Sie mustert ihn und fängt an zu grinsen. "Wir haben ihn in Zaum gehalten."

"Was meint sie damit?", frage ich ihn skeptisch. "Ich war verwirrt und habe versucht zu fliehen.", bekomme ich als Antwort, allerdings von Leon und nicht von dem Mädchen. Außerdem hat er so schnell geantwortet, dass sie nicht einmal eine Chance gehabt hat. "Woher kam das Brüllen?", richte ich mich an das Mädchen. "Das ist wohl ein Geheimnis.", lächelt sie. Da fällt mir etwas auf. "Leon!", bemerke ich panisch und zeige auf seinen Arm. Dort ist eine Einstichstelle zu sehen. Zuvor ist es mir wegen dem üblen Zustand gar nicht aufgefallen. Ich suche meinen Arm ab. "Was habt ihr ihm gegeben? Und warum habe ich das nicht?", knurre ich. "Ihm wurde ein Serum gespritzt. Es hilft ihm, die Hitze besser auszuhalten.", erklärt sie. "Was ist mit mir? Warum habe ich sowas nicht?" "Nun.", fängt sie an, stockt aber dann. " du hattest es schon im Blut. Noch nie habe ich so ein Blutbild gesehen, wie das deinige." "Das ist unmöglich. Ich war noch nie hier, geschweige denn einer solch starken Hitze ausgesetzt." "Es ist nicht unmöglich...", fängt einer der Glatzkopf an zu murmeln. „Axanon, hüte deine Zunge!", weist sie den Mann sofort in die Schranken. Dieser nickt, aber ich komme auf ihn zu. "Warum ist es nicht unmöglich?", frage ich ihn sanft. Doch er mustert mich nur mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Mistrauen. Genervt reiße ich meine Arme in die Luft und stelle mich wieder vor Leon. "Was habt ihr mit und vor?", fragt Leon, der gleichzeitig meine Hand nimmt. "Wir wollen eure Geschichte hören. Wissen was ihr vorhabt, in einem Kontinent, auf dem ihr nicht geboren seid. Du kommst aus dem schwebenden Land und dein Freund aus den Gebirgen. Liege ich da richtig?" "Nein.", sage ich und schüttle den Kopf. "Wir kommen aus dem Wald.", erkläre ich ihr. Plötzlich tritt der Glatzkopf, Axanon, vor und hebt die Hand. Plötzlich spüre ich einen brennenden Schmerz der sich von meiner Wange aus ausbreitet. Leon tritt einen Schritt nach vorne und will ausholen. Schnell stelle ich mich vor ihm. "Hey. Nicht so schlimm.", versuche ich ihn zu beruhigen. "Er hat dich geschlagen!", knurrt er. Ich nehme sein Gesicht in meine Hände. "Bitte wir kommen hier sonst nicht raus." "Für dich.", antwortet er nun weich, wirft Axanon einen tödlichen Blick zu. "Nicht wegen dem Glatzkopf.", fügt er dazu. Dieser ignoriert die Bemerkung einfach.

"Dein Freund ist leicht reizbar.", stellt das Mädchen am Thron fest. "Ich...", will ich anfangen, allerdings werde ich unterbrochen. „Nein, bin ich nicht. Nur wenn sie sie anrühren, bekommen sie es mit mir zu tun." "Dann hätte sie nicht lügen sollen!" "Sie hat nicht gelogen!", verteidigt er mich. "Im Wald leben Bestien. Kein intelligentes Lebewesen lebt dort. Alle werden in den ersten Tagen, nach ihrer Ankunft getötet." "Wir sehen wohl sehr lebendig aus, oder?", kontert Leon. "Woher kommt ihr wirklich?", fragt sie ein zweites Mal. "Wie schon gesagt, wir kommen aus dem Wald.", mische ich mich in die hitzige Diskussion ein. Sie verdreht die Augen und der Glatzkopf hebt wieder die Hand. "Warte!", rufe ich und das Machen sieht mich gelangweilt an. "Was können wir tun, damit du uns glaubst?", frage ich. Ihr Blick wird wacher. "Zeigt mir etwas, was ich noch nicht gesehen habe." "Wie sehe ich für sie aus?", frage ich vorsichtig. "Wie eine Bürgerin des Luftreichs. Spitze Ohren und eine schlanke, elegante Figur." "Haben sie Flügel?", frage ich weiter. "Natürlich.", antwortet sie schulterzuckend. Ich beiße die Zähne aufeinander. Ich war mir sicher, dass ich sie mit meinen Flügeln überzeugen konnte. Sie nickt gerade einem Mann zu, der mich darauf fest am Oberarm packt. "Wohin bringt ihr uns?", sage ich ruhig. Sie beachtet mich nicht. "Wie heißt du?", rufe ich, als mich der Mann aus der Höhle schleifen will. "Ly Ann.", raunt mir der Mann neben mir ins Ohr. "Leane?", frag ich. "Ly Ann.", sagt er noch einmal, wobei er jedes Wort betont. Diesmal verstehe ich ihn richtig. "Schöner Name.", murmle ich, während der Mann Leon und mich auf die Wiese schleift.

"Was machen sie jetzt mit uns?", fragt Leon. Wir stehen nebeneinander auf der Wiese und werden von Ly Anns Wachen festgehalten. "Ihr werdet eingesperrt und sie entscheidet über euer Schicksal." "Na das kann ja was werden.", flüstert Leon mir zu. "Kommt mit.", befehlt uns einer der Wachen. Wir gehorchen und gehen hinter ihn her. Er führt uns zu einer Höhle auf der anderen Seite. Dann bleibt er vor einer langen Steintreppe stehen. Sie führt fast senkrecht nach unten und ihr Ende kann ich nicht sehen. Da ist nur ein schwarzes Loch. "Da müssen wir runter?", frage ich mit einem mulmigen Gefühl im Magen. "Nur er.", antwortet er und zeigt auf Leon. "Dann gehe ich mit." "Nein.", sagen sowohl Leon als auch der Mann im Chor. "Du gehst da bestimmt nicht alleine runter!" "Das muss ich. Und du passt auf dich auf okay?", verabschiedet er sich. "Warte.", rufe ich und reiße mich vom Mann los. Der versucht mich zu schnappen, greift aber ins Leere. Ich laufe zu Leon hin und schlinge meine Arme um seinen Hals. "Pass auf dich auf. Und vergiss nicht: auch wenn sie dich provozieren, musst du ruhig bleiben." "Mach ich.", flüstert er mir ins Ohr. "Pass auf dich auf!", fährt er fort, als ich von hinten weggerissen werde. Ich kann gerade noch sehen, wie er die ersten paar Stufen hinuntersteigt, denn ich werde wieder nach draußen gezogen. "Und was hast du mit mir vor?", knurre ich trotzig. "Du bekommst eine oberirdische Zelle." Er stapft davon und zeigt mir mit einer Handbewegung, dass ich ihm folgen soll. Da ich wohl oder übel keine Wahl habe, mache ich das auch. Wir gehen über Steintreppen zu einer Tür. Sie ist aus Glas und gleitet auf, als wir näher kommen.

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